Rezension:Verwandlung von Zeit in Rhythmus

Die Gruppe "Portrait in Rhythm" im Alten Kino Ebersberg begeistert mit World-Jazz

Von Claus Regnault                                 , Ebersberg

Das Konzert der Gruppe "Portrait in Rhythm" im Ebersberger Alten Kino war ein Erlebnis der Gestaltung von Zeit - aufregend, mitreißend, ja abenteuerlich. Da kam einem der Titel einer legendären Scheibe des damals progressiven Stan-Kenton-Orchesters in den Sinn: "Adventures in time", nur dass diese Gruppe um vieles abenteuerlicher in der Erkundung der Möglichkeiten von Zeit zu Werke ging. Der Schlagzeuger ist der Verwalter und Gestalter der Zeit in der Musik. Je nach seinem Umgang mit der Zeit, wenn er nur mit ihr "mitläuft", oder wenn er ihren puren Ablauf in die von ihm beherrschte Bewegung zu fassen versteht, ist er ein nur mäßig begabter Verwalter, oder ein talentierter Gestalter seines Instruments. Letzteres konnte das Ebersberger Publikum an diesem Abend erleben. Denn was da zum Ereignis wurde, war Zeitbeherrschung im Sinne von Verwandlung der Zeit in Rhythmus.

Die Gruppe des Abends hatte zwei Zeitbeherrscher: Ihr Chef Magnus Dauner aus Markt Oberndorf, in der Erfahrung Indiens zum "Musik-Inder" geworden, bediente zunächst sein reich instrumentiertes Jazz-Schlagzeug und eröffnete den Abend mit Donnerschlägen, welche das leider nicht ganz vollzählig - die Lücken waren dem vehementen Einbruch des Frühsommers geschuldet - erschienene Publikum im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig von seinen Gesprächen zur Musik holten.

Sein Freund Karthik Mani, echter Inder aus Bangalore, bediente die Vielzahl der Tabla-Instrumente. Mit diesen Schlagzeugern, beide brillante Virtuosen, war das Fundament für die Umwandlung der Zeit in Rhythmus in besten Händen. Dabei wird das Jazz-Schlagzeug mit Klangerzeugern wie Sticks, Filzschlegeln und Besen bedient, während der Klang der Tabla-Instrumente durch reine "Fingerkunst" erzeugt wird, dies vor allem an der bauchigen Ghatam, einem tönernen Krug, der betastet, beklopft und bewischt eine Fülle von Tönen von Glöckchen-Sopran bis zur Glockentiefe erzeugt. Welchem Krafttraining sich der Tabla-Spieler für seine Fingerkunst unterziehen muss, konnte der Rezensent bei einem nach dem Konzert mit Karthik Mani gewechselten Händedruck erfahren.

Im Laufe des Konzerts wechselten beide Schlagzeuger ihre Instrumente, Mani zum Jazz-Schlagzeug und Dauner zur Königin der Tabla-Instrumente, der an beiden Enden fellbespannten Midrangam, die er in der Hocke sitzend liebevoll mit beiden Händen zum Reden brachte. Wer von beiden mehr Inder war, war kaum mehr auszumachen.

Aber natürlich mischten auch die beiden Gitarristen des Abends, der E-Gitarrist Torsten Dewinkel und der Bassgitarrist Kai Eckhardt, beredt an der Gestaltung des Abends mit, der erstere mit rockigem Gesangslinien, der zweite, vor allem in einem mitreißenden Solo, fulminant in der mehrstimmigen Slap-Technik. So kam der Rock in der zweiten Konzerthälfte nicht minder virtuos zur Geltung, wobei es dem Rezensenten in den hier ausgedehnten Improvisationen weniger originell und spannend im Vergleich zur vehementen Tablasprache erschien.

Insgesamt ein toller Abend mit vier großartigen Musikern, welcher das etwas kleinere Publikum zu umso größerem Jubel mitriss.

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