Rettungskation in Grafing:Pferd versinkt in Misthaufen

Für die Feuerwehr war es ein ungewöhnlicher Einsatz: Ein neunjähriger Hannoveraner tritt sich in einem Misthaufen fest und muss in einer dramatischen Aktion von der befreit werden.

Karin Kampwerth

Um kurz nach zwölf am Montagmittag steht Eddie schon wieder in seiner Box vor dem Futtertrog. "Er ist einfach eine coole Socke", sagt Stallbesitzerin Andrea Cavaleri stolz über den neunjährigen Hannoveraner. Wenige Stunden zuvor hat die Grafinger Freiwillige Feuerwehr dem Pferd in einer dramatischen Aktion das Leben gerettet. Eddie, der getreu den Regeln seiner Zuchtlinie eigentlich Edwin heißt und vielleicht über ein wenig norddeutsche Stoigkeit verfügt, war in einen Misthaufen gelaufen - und dort so sehr mit den Hinterbeinen eingesunken, dass er sich selbst nicht mehr befreien konnte. Die ruhige Art, die den Charakter der Hannoveraner bestimmt und sie deshalb zu so beliebten Reitpferden macht, ist ihm bei seinem beinahe lebensbedrohlichen Fehltritt zugute gekommen, davon ist Andrea Cavaleri überzeugt. "Ein anderer hätte sich in dieser Situation aufgearbeitet."

Um 8.10 Uhr war bei der Grafinger Feuerwehr der Alarm eingegangen. Pferd in Not. Reiter, die morgens in der Halle von Andrea Cavaleri und ihrem Ehemann Guiseppe ihre Runden drehen, hatten beobachtet, wie Eddie bis beinahe zur Hüfte in einem Misthaufen auf der Koppel eingesunken war. Gerade hatte er es noch geschafft, mit den Vorderbeinen über eine Mauer zu kommen. Doch dann war Feierabend. Das Tier steckte fest. Die Reiter verständigten zunächst Andrea Cavaleri, die umgehend die Feuerwehr benachrichtigte und einen Tierarzt herbeirief. Nur die Besitzerin von Eddie, ihre Schwester, hatte sie zunächst lieber außen vor gelassen. "Ich weiß, dass sie sich gleich immer furchtbar aufregt, das wollte ich ihr nicht zumuten."

In wenigen Minuten seien die Retter zur Stelle gewesen, berichtet die Stallbesitzerin, die insgesamt sechs Pferde beherbergt. "Eddie war total ruhig", erzählt sie von den dramatischen Minuten. Dennoch verabreichte der Tierarzt dem Pferd ein Beruhigungsmittel. Währenddessen baute die Feuerwehr ihre Drehleiter auf, an die ein spezieller Tierrettungsgurt befestigt wurde. Bevor der Gurt um Eddies Leib gezogen werden konnte, bekam das Pferd noch eine richtige Narkose. "Dabei ist Eddie mit seinem vollen Körpergewicht auf der Mauer zusammengesunken", erzählt Andrea Cavaleri. "Wir hatten Angst, dass Organe zerquetscht werden könnten."

Die Retter durften keine Zeit verlieren. Sie spannten den Gurt kurzerhand nur um die Hüfte des Pferdes, um das Hinterteil dann behutsam über die Mauer auf die andere Seite zu ziehen. "Dabei hing er für kurze Zeit kopfüber", erinnert sich Andrea Cavaleri - ein Augenblick höchster Sorge. Doch schon wenig später sei Eddie wieder bei sich gewesen. Und bis auf ein paar Abschürfungen habe er ersten Erkenntnissen des Tierarztes zufolge keine schlimmeren Verletzungen davon getragen. Warum der Wallach aber überhaupt auf den Misthaufen gelaufen ist, kann sich Andrea Cavaleri nicht erklären.

Das passiert immer mal wieder", erzählt hingegen Kreisbrandrat Gerhard Bullinger. Pferde treten sich fest, Kälber verheddern sich im Stromzaun, Schafe fallen in Gruben. "Acht bis zehn Tierrettungen haben wir im Jahr", sagt Bullinger. Deshalb hätten sich die Feuerwehren spezielle Tierrettungsgurte angeschafft. Doch manchmal reicht das nicht aus und nur Phantasie hilft weiter. So kann sich Bullinger an den wohl spektakulärsten Fall einer Tierrettung im Landkreis erinnern. Vor einigen Jahren sei dabei in Sonnenhausen ein Pferd die Tenne auf einer Leiter hinaufgeklettert, weil oben der Hafer gelagert gewesen war. Die Retter besorgten sich kurzerhand einen Gabelstapler, auf dem sie den für das Tier vertrauten Pferdehänger hochfuhren. "Wie mit einem Lift haben wir das Pferd dann heruntergefahren", sagt Bullinger. Letztlich spiele es aber keine Rolle, wie aufwendig eine Rettungsaktion ist. "Es geht darum, dass das Tier nicht verletzt wird, der größte Dank ist für uns, wenn man es nicht einschläfern muss."

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