Reportage:Coronakrise in Ebersberg: Tests im Fünf-Minuten-Takt

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Ein Corona-Test im Diagnostikzentrum Ebersberg: Mit dem Teststäbchen nimmt Julian Straub einen Abstrich aus dem Rachenraum der Probanden. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mitarbeiter des Roten Kreuz betreiben in Ebersberg das Corona-Diagnostikzentrum des Landkreises. Sollte sich die Lage verschlimmern, könnten hier bis zu 240 Proben täglich genommen werden. Ein Besuch.

Reportage von Barbara Mooser, Ebersberg

"Vorher noch bitte aufs Klo gehen", ruft Martha Stark den drei Männern fröhlich zu. Florian Mayr, Julian Straub und Vitus Geyer lächeln, sie kennen das Prozedere inzwischen - und wissen, dass sie sich bald nicht mehr so schnell aus den Schutzschichten schälen können, die sie gleich umhüllen werden: drei Paar Handschuhe, zwei davon mit Klebeband fixiert, ein Schutzanzug, Überschuhe, Atemschutzmaske, Schutzbrille. So ausgerüstet, werden sie an diesem Dienstagvormittag genau mit denjenigen zu tun haben, die alle anderen so gut es geht meiden sollen: Menschen, die womöglich mit dem Coronavirus infiziert sind. Um Klarheit zu haben, kommen diese ins Diagnostikzentrum im früheren Kreissparkassengebäude Hier testet das Bayerische Rote Kreuz (BRK) jeden Tag Dutzende Probanden, an diesem Dienstag werden es 165 sein.

Martha Stark, stellvertretende Geschäftsführerin und Leiterin des Rettungsdienstes beim BRK, koordiniert die Abläufe. Seit zwei Wochen betreibt das BRK das Diagnosezentrum, davor hatten die Fachleute vom Gesundheitsamt selbst die Tests vorgenommen, doch es wurde schnell klar, dass das auf Dauer nicht gehen würde. Seither haben sich die Abläufe gut eingespielt: Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des BRK - alle sind entweder Rettungs- oder Notfallsanitäter - sind hier nur auf freiwilliger Basis im Einsatz, sie können sich in einen Online-Dienstplan eintragen. Probleme, genügend Kräfte zu finden, habe es noch nie gegeben, erzählt Stark. Es gibt aus ihrer Sicht angesichts der strengen Sicherheitsvorkehrungen auch keinen Grund, mit übergroßer Sorge an die Aufgabe heranzugehen: "Wenn sie hier arbeiten, gehen sie weit weniger Risiko ein, als wenn sie heute zum Einkaufen gehen."

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mit dem Teststäbchen nimmt Julian Straub einen Abstrich aus dem Rachenraum der Probanden.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Ebenso wie sein Kollege Florian Meyer arbeitet er unter strengen Sicherheitsvorkehrungen.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Im schmalen Flur ziehen sich Florian Mayr, Julian Straub und Vitus Geyer um. Benedict Gläser assistiert ihnen.

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(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Geyer wird an diesem Tag die Probanden empfangen.

Gearbeitet wird im Diagnosezentrum in zwei Schichten, die erste beginnt um 9 Uhr, die zweite um 14 Uhr. Getestet wird gewissermaßen im Akkord, momentan sind pro Proband fünf Minuten vorgesehen. Sollte der Bedarf bestehen, so Stark, könnte man die Taktung aber auch auf drei Minuten herabsetzen, dann wären täglich sogar 240 Tests möglich.

Während sich die drei Sanitäter in dem schmalen Gang umziehen, der zu den früheren Schulungsräumen der Sparkasse führt, assistiert ihnen Benedict Gläser. Er bringt ihnen bei Bedarf auch Material, denn wenn die drei einmal angefangen haben, ihre Probanden zu betreuen, dürfen sie nicht mehr zurück in die anderen Räume. Zu Sprechzimmern hat man zwei Zimmer umfunktioniert, die direkt an das Treppenhaus im Eingangsbereich des Sparkassenbaus grenzen. Wenn man über den PVC-Boden in Holzoptik geht, spürt man noch die darunter liegenden Teppichböden. Um bestmögliche Hygiene gewährleisten zu können, wurden alle Flächen mit abwischbaren Materialien ausgekleidet. Jeden Abend kommt auch eine Spezialreinigung, die sich darum kümmert, dass auch winzige Spuren, die möglicherweise infizierte Besucher hinterlassen haben können, entfernt werden.

Um Sicherheit zu gewährleisten, wird streng nach Ablaufplan vorgegangen: In einem der hinteren Schulungsräume sitzt Anna Napieralla am Computer, überprüft die Listen mit den angemeldeten Patienten und legt für jeden ein Testkit an. Ein Barcode ermöglicht später die Zuordnung der Testergebnisse zu den jeweiligen Probanden, sicherheitshalber werden aber auch Name und Geburtsdatum auf dem Röhrchen notiert. Gleich hinter dem Eingang begrüßt Vitus Geyer im orangen Schutzanzug die Probanden: "Ich bin die Empfangsdame", sagt er. Jedem Probanden öffnet er persönlich die Tür, was in diesem Fall weniger mit Höflichkeit zu tun hat als damit, dass die Besucher möglichst wenig Oberflächen im Gebäude anfassen sollen. Er kontrolliert die Namen auf seiner Liste, überprüft die Ausweise. Julian Straub und Florian Mayr warten derweil schon an der Tür zu den Testzimmern, nehmen das Testkit entgegen, führen die Besucher ins Zimmer, nehmen einen Abstrich möglichst weit hinten aus dem Rachenraum und schicken die Probanden dann auf der anderen Seite des Raums wieder hinaus. Zwischen den Besuchern reinigen sie alle Kontaktflächen noch einmal gründlich, auch neue Handschuhe ziehen sie an. Für freundliches Geplänkel bleibt nicht nur keine Zeit, auch die Umstände dafür sind ungünstig: "Mit unseren Schutzmasken können wir nur das Nötigste sprechen. Wir bitten das zu entschuldigen", steht auf einem Schild am Untersuchungstisch. Martha Stark sagt: "Unsere Leute schenken ihren Probanden eigentlich immer ein Lächeln - nur sehen die es nicht."

Martha Stark (rechts) koordiniert den Ablauf. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Doch auch so ist, wie sie berichtet, die Stimmung unter den Menschen, die hierher kommen, nicht so angespannt, wie man es vielleicht vermuten würde: "Die Leute sind sehr nett und rücksichtsvoll." Die meisten haben allenfalls leichte Symptome oder gar keine - schwerer erkrankte Menschen werden nicht hier getestet. Und auch nicht Menschen, die keinen Termin haben, darauf weist Martha Stark hin. Wer also beispielsweise vorbeikommt, weil er Halskratzen spürt und nun sicherstellen will, dass das eine Allerweltserkältung und kein Corona ist, wird wieder weggeschickt. Termine werden nur über das Gesundheitsamt vereinbart, und die dortigen Ansprechpartner sind es auch, die die Getesteten meist zwei bis drei Tage später über das Ergebnis informieren - und zwar, anders als in anderen Landkreisen, unabhängig davon, wie es ausfällt. Ein Weg, den Martha Stark gut findet: "Denn jeder wartet auf diesen Anruf."

© SZ vom 01.04.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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