Regionale Elektrizität:Strom aus der Nachbarschaft

Biomasse, Wind und Sonne: Das Eberwerk vertreibt von Januar an Energie aus dem Landkreis. Dabei sollen die Nutzer auch nachvollziehen können, wie viel gerade produziert wird - und wie viel sie verbrauchen

Von Barbara Mooser, Ebersberg

Windrad bei Hamberg, 2016

Seit 2016 dreht sich in Hamberg bei Bruck das bislang einzige Windrad im Landkreis. Von 2019 an soll der dort erzeugte Strom vom Eberwerk vertrieben werden.

(Foto: Photographie Peter Hinz-Rosin)

So mancher Landkreisbürger sieht vielleicht künftig das Windrad in Hamberg mit neuen Augen: Wenn sich die Rotoren heftig drehen, könnte es schließlich gut sein, dass sie gerade den Strom für die Waschmaschine oder den Herd daheim liefern. "Eberstrom" heißt das Produkt, das von Januar an auf dem Markt ist, es handelt sich um Strom, der rein im Landkreis erzeugt wird. Außer der Windkraftanlage werden mehrere Biomasse- und künftig auch Solaranlagen zum Mix beitragen, wie Markus Henle, Geschäftsführer des regionalen Energieversorgers Eberwerk, erläutert. Zwischen 5000 und 10 000 Haushalte könnten künftig so versorgt werden, je nachdem, wie groß die Abnehmer sind.

Einige Anlagen müssen noch nachgerüstet werden

Allerdings ist auch das ein Ziel des Eberwerks: Nachfrage nach regionalen Strom zu schaffen und die Infrastruktur Schritt für Schritt entsprechend auszubauen. Wobei der Geschäftsführer im Landkreis vor allem Potenzial bei der Nutzung der Sonnenenergie sieht - wie es mit der Windkraft weiter geht, ist ja weiter relativ offen. Die Biomasseanlagen könnten durch neue Technik so aufgerüstet werden, dass sie besser auf den tatsächlichen Verbrauch ausgelegt werden können. "Momentan werden die Anlagen in der Regel nicht flexibel gefahren, sondern laufen 24 Stunden durch", erläutert Henle. Durch Gasspeicher und durch Ausbau und Anpassung der Motoren könnte aber erreicht werden, dass der Strom dann produziert werden kann, wenn er auch benötigt wird.

Ein weiteres Ziel laut Henle: die Verbraucher auch zu sensibilisieren und möglicherweise ihren Stromverbrauch sogar ein bisschen an der Produktion auszurichten. Ein völlig windstiller Tag, Wolken am Himmel - die Eberwerk-Nutzer sollen direkt nachvollziehen können, wie sich das auf die lokale Stromerzeugung auswirkt. Das Eberwerk-Team arbeitet gerade an einer Möglichkeit, Stromerzeugung und Stromverbrauch abzubilden und über eine Internetseite oder eine App den Nutzern zugänglich zu machen. Auch der Verbrauch eines Durchschnittsnutzers könnte auf diese Weise dargestellt werden. Mit einem Blick auf die Seite könnte ein Nutzer also sehen: Jetzt wird's knapp - und dann eine viel Strom verbrauchende Maschine eben nicht auch noch anzustellen.

Falls die Produktion im Landkreis nicht reicht, hat man vorgesorgt

Auch für den Fall, dass die Ebersberger mehr verbrauchen als die lokalen Anlagen produzieren können, brauchen sie allerdings nicht zu befürchten, dass das Licht ausgeht. Das Eberwerk kooperiere in diesem Fall mit einem Vermarkter, der ebenfalls Strom aus Anlagen nach dem Erneuerbare-Energien-Gesetz herstelle, erläutert Henle - wenn auch dann der Mix nicht so regional ist wie beim Eberstrom. Wenn dieser Fall zu häufig eintritt, will das Eberwerk ohnehin schnell mit einem Ausbau der lokalen Stromerzeugungsanlagen reagieren, unterstreicht Henle.

Die Preise für den Eberstrom liegen laut Henle "im üblichen Bereich wertiger Ökostromprodukte". Die Endkunden zahlen 28 Cent pro Kilowattstunde, dazu kommt ein monatlicher Grundpreis von 10,95 Euro. Legt man für einen Zweipersonenhaushalt einen Verbrauch von 3500 Kilowattstunden pro Jahr zugrunde, wären das also etwa 1100 Euro pro Jahr. Beim Stromvergleichsportal Verivox rangieren die ersten zehn Anbieter zwar zwischen 940 und knapp 1000 Euro für das gleiche Paket, doch laut Henle sind die Angebote schwer vergleichbar: "Verivox zielt auf den Preiskampf und sehr preis-sensitive Kunden ab." Zum großen Teil handle es sich um Lockangebote, bei denen mit Prämien und Geschenken zum Wechsel motiviert werden sollen. Verivox-Nutzer fahren laut Henle aber nur dann günstiger, wenn sie mindestens alle zwei Jahre ihren Stromanbieter wechseln und immer die aktuell günstigsten Angebote nutzen. "Ein verantwortungsvoller und bewusster Umgang mit Ressourcen sieht für mich anders aus. Umso wichtiger ist es aus meiner Sicht, mit Eberstrom ein Zeichen für die Wertigkeit der Ressource Strom zu setzen", sagt er.

Bereits drei Kommunen im Kreis - Glonn, Pliening und Poing - haben sich dafür entschieden, den lokalen Strom für ihre eigenen Liegenschaften zu nutzen. Auch etliche Privatkunden haben laut Henle den Anbieterwechsel bereits in die Wege geleitet. Einige von ihnen können davon profitieren, wenn sie im Sommer bei der Aktion Stadtradeln kräftig in die Pedale getreten haben: Bis zu 100 Kilowattstunden Strom gibt es für die registrierten Radler gratis.

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