Süddeutsche Zeitung

Reden wir über:Die Trauer um ein Sternenkind

Daniela Nuber-Fischer bietet in Ebersberg einen Workshop an

Interview von Andreas Junkmann

Daniela Nuber-Fischer hat ihre Tochter Paula im sechsten Monat der Schwangerschaft verloren. Das war vor sieben Jahren. Seither setzt sich die 40-jährige Münchnerin selbst für Eltern ein, die das gleiche Schicksal erleiden mussten. Neben Einzelberatungen organisiert sie auch regelmäßig sogenannte Sternenmüttertage. Ein solcher findet an diesem Samstag in Ebersberg statt. Mit der SZ spricht Nuber-Fischer über Wege der Trauerbewältigung und wie Eltern in der schweren Zeit neue Hoffnung schöpfen können.

SZ: Kinder, die vor, während oder unmittelbar nach der Geburt sterben, werden als Sternenkinder bezeichnet. Woher kommt dieser Begriff?

Daniela Nuber-Fischer: Man muss sich ja nur anschauen, was die deutsche Sprache sonst so für Bezeichnungen dafür bereit hält: Abort, Fehlgeburt, Abgang, Abbruch. Die bezeichnen alle kein Kind, sondern den Vorgang des Sterbens. So wollen die betroffenen Eltern aber nicht über ihre Kinder sprechen, deshalb hat sich irgendwann der schönere und menschlichere Begriff der Sternenkinder gefunden.

Sie selbst haben vor sieben Jahren im sechsten Monat der Schwangerschaft ihre Tochter Paula verloren. Wie geht man als Eltern damit um?

Dafür gibt es kein Generalrezept. Wichtig ist aber, dass man sich von Anfang an der Trauer stellt. In unserer Gesellschaft ist es ja häufig so, dass man unangenehme Dinge lieber von sich wegschiebt. Dabei verfällt man aber schnell in eine gewisse Sprachlosigkeit. Deshalb ist es ratsam, sich mit dem Thema zu beschäftigen und sich eine Begleitung in der schweren Zeit zu suchen. Mein Mann und ich sind damals sehr offen damit umgegangen.

Seit 2013 ist es dank einer Gesetzesänderung möglich, Babys, die zu ihrem Todeszeitpunkt unter 500 Gramm wiegen, ins Stammbuch der Familie eintragen zu lassen. Wie wichtig ist das für die Eltern?

Das ist extrem wichtig. Ich habe damals darauf gewartet und mir noch am selben Tag eine Bescheinigung für Paula ausstellen lassen. Bei Sternenkindern ist ja das Problem, dass niemand außer den Eltern den verstorbenen Menschen kannte. Deshalb ist das auch eine ganz andere Art der Trauer, wenn man die Erinnerung an den Menschen nicht mit anderen teilen kann. Außerdem stirbt mit dem Kind ja auch der Traum, als Familie zu leben. Deshalb ist jede Bestätigung darüber, dass das Kind da war, entscheidend. Man hat dann sozusagen eine Existenzbescheinigung.

Als Sie Paula verloren haben, hat Ihnen ein Kurs geholfen. War das der Grund, warum Sie sich nun selbst für betroffene Eltern einsetzen?

Ja absolut. Damals haben uns sehr viele Menschen positiv begleitet. Für mich war deshalb klar, dass ich auch so jemand werden will, der anderen hilft. Und das ist auch wichtig, denn es muss ja vorwärts gehen. Das Leben geht schließlich weiter.

Wie muss man sich die Hilfe vorstellen, die Sie anbieten?

Betroffene Eltern können sich bei mir über das Haus der Familie in München melden. Die Unterstützung findet dann per Einzelbegleitung oder in Kursen mit Gleichgesinnten statt. Das Erstgespräch ist immer kostenlos und im Moment bin ich auf der Suche nach Kooperationspartnern, damit ich das komplette Angebot für die Eltern für umsonst anbieten kann.

In Ebersberg organisieren Sie nun einen Workshop unter dem Motto "Neue Zuversicht schöpfen - ein Tag für Sternenmütter". Was erwartet die Teilnehmerinnen?

Der Sternenmüttertag soll ein unverbindliches Treffen von Betroffenen sein. Dabei soll ein Austausch stattfinden, bei dem die Geschichten und die Kinder ihren Platz finden. An diesem Tag soll man einfach Mutter sein dürfen. Es wird aber auch Trauerbewältigung mit Hilfe von Kreativtechniken angeboten. Inhaltlich richte ich mich sehr nach den Wünschen der Teilnehmerinnen. Mir ist vor allem wichtig, dass man am Ende des Tages nicht trauriger nach Hause geht, als man gekommen ist. Wir wollen uns nicht im Leid suhlen, sondern neue Hoffnung schöpfen.

Der Workshop "Neue Zuversicht schöpfen - ein Tag für Sternenmütter" findet am Samstag, 4. Mai, in der Ebersberger KBW-Geschäftsstelle, Pfarrer-Bauer-Straße 5, statt. Die Veranstaltung dauert von 9.30 bis 17 Uhr. Anmeldung unter (08092) 850790 oder www.kbw-ebersberg.de.

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Quelle:
SZ vom 03.05.2019
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