Reden wir über:Demonstrierende Gastwirte

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Adi Warta vom Forsthaus Hubertus sorgt sich um die Esskultur. (Foto: Christian Endt)

Adi Warta vom Forsthaus Hubertus sorgt sich um die Esskultur

Interview von Anselm Schindler

Wenn an diesem Montag Gastwirte und Hoteliers aus ganz Bayern in München demonstrieren gehen, dann wird auch Adi Warta vom Forsthaus Hubertus dabei sein. Vom Odeonsplatz geht es zur Theresienwiese, protestiert wird gegen den "Bürokratismus und Dokumentationswahn", unter dem auch das Gastgewerbe zunehmend leide. Warta sorgt sich wegen der zunehmenden Reglementierungen um die bayerische Wirtshauskultur.

SZ: Bayerische Wirte sind im Normalfall nicht gerade für ihr aufwühlerisches Potential bekannt. Warum die Demo?

Adi Warta: Die Öffentlichkeit muss sensibilisiert werden für den Wahnsinn, der der Gastronomie von Seiten der Politik in den letzten Jahren aufgetischt worden ist. Das ist doch alles nicht mehr praktikabel.

Sie meinen die zunehmende Reglementierung?

Ja, man hat es ja bei der Münchner Wiesn gesehen: Da musste für das neue Arbeitszeitgesetz gleich wieder eine Ausnahmeregelung her, weil es einfach nicht umzusetzen war. Es gibt in der Gastronomie nun mal Tage, an denen die Wirte länger arbeiten müssen als es das Gesetz erlaubt. Oder aber sie können die vorgeschriebenen Pausen nicht einhalten. Da zwingt einen die Realität dann dazu, Gesetze zu missachten. Und auch die Bürokratie wird immer mehr zur Last.

Auch der Mindestlohn sorgt für mehr Aufwand, oder?

Um das gleich klar zu stellen: Der Mindestlohn ist nicht das Problem. Arbeit muss fair bezahlt werden. Das Problem ist die Dokumentationspflicht. Bei einer Zollkontrolle muss ich Dienstpläne und diverse Listen nachweisen können. Dabei bräuchte ich diese Pläne gar nicht, weil ich das mit den Leuten persönlich ausmache. Und wenn sich das Wetter ändert, ist der Dienstplan in der Biergartensaison eh hinfällig.

Viele Wirte klagen auch über die Kennzeichnungspflicht für Allergene, denn die Liste wird immer länger. Ist das in ihren Augen notwendig?

Das hat früher ohne die Kennzeichnungspflicht auch funktioniert. Da haben sich Gast und Wirt unterhalten, um gemeinsam eine Lösung zu finden. Mit den Vorschriften geht viel Kreativität und Flexibilität beim Kochen verloren. Letztlich nützt das nur der Industrie. Denn die hat ihre festen Rezepturen die sich nicht ändern. Die Kennzeichnungspflicht ist ein Produkt guter Lobbyarbeit. Bei uns wird eben noch richtig gekocht, da werden keine Tütensuppen angerührt. Und genau das wird durch Bürokratie und Reglementierungen immer schwieriger. Das gefährdet die komplette bayerische Wirtshauskultur. Durch die zunehmende Bürokratisierung geraten gerade die kleinen Wirtschaften auf dem Land unter Druck, ich kenne viele Kollegen in meinem Alter, die hinschmeißen wollen. Und was in der traditionellen Gastronomie verloren geht ist erst einmal unwiederbringlich weg.

Und die Demo kann da aufrütteln?

Hoffentlich. Man müsste so was aber öfter machen. Auch unsere Gäste müssen wissen, was los ist.

© SZ vom 20.04.2015 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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