Reden wir über:Das Abenteuer Pubertät

Kess-Kurs, Kreisbildungswerk, KBW

Irmgard Bergmeier, die seit 15 Jahren für den Kolping-Diözesanverband die Familienbildungsmaßnahmen leitet und nun Elternkurse organisiert.

(Foto: privat)

Irmgard Bergmeier leistet in einem Elternkurs Erziehungshilfe

Interview von Hans Rombeck

Die Pubertät ist für Eltern und Jugendliche eine Zeit der Herausforderungen, des Aufbruchs und des Ablösens, oft für alle Beteiligten anstrengend. Irmgard Bergmeier , die seit 15 Jahren für den Kolping-Diözesanverband Familienbildungsmaßnahmen leitet, bietet in Ebersberg einen Kess-Kurs (Kess = kooperativ , ermutigend, sozial, situationsorientiert) an, damit Eltern gelassener mit dem Ausnahmezustand ihrer Kinder umgehen können.

SZ: Experten raten dazu, mit den Verhaltensänderungen gelassener umzugehen, denn die Pubertierenden könnten nichts dafür. Strafen und Zwang würden nichts daran ändern? Sehen Sie das auch so?

Irmgard Bergmeier: Oft ist das Verhalten unserer Jugendlichen während der Pubertät organisch bedingt, was mit den hirnphysiologischen Veränderungen zusammenhängt. Die Veränderungen laufen in ganz individuellen Entwicklungsschüben, unregelmäßig und oft sprunghaft ab. Deshalb verhalten sich die Jugendlichen auch oft völlig impulsiv, handeln manchmal aus Erwachsenensicht irrational. Dieses Wissen hilft Eltern, mit dem Verhalten gelassenere umzugehen. Was aber nicht heißt, dass Jugendliche tun und lassen können, was sie wollen. Es gilt vielmehr, ständig im Gespräch zu bleiben, neben Verständnis auch Festigkeit und Standhaftigkeit zu signalisieren. Strafen, die von den Kindern häufig als unfair und überzogen empfunden werden, können den Zugang blockieren. Durch die Konfrontation mit den Folgen ihres Handelns machen die Kinder realistische Erfahrungen und lernen damit auch, ihr Handeln besser einzuschätzen.

Können Erwachsene vom Umgang Pubertierender untereinander lernen?

Jugendliche Freunde befinden sich emotional auf einer Ebene und respektieren untereinander eine offene und klare Ansage. Es ist ein guter Weg, wenn es den Eltern gelingt, respektvoll und mit einer klaren Ansage auf die Kinder zuzugehen, gewürzt mit einer Portion Gelassenheit, Empathie und Zutrauen.

Nimmt der Schulbetrieb zu wenig Rücksicht auf die Pubertät?

Ich würde mir von den Schulen mehr Ermutigung wünschen, denn nur Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten motiviert Kinder und Jugendliche, dran zu bleiben.

Wie verändern sich die Rollen der Mütter und Väter in der Pubertät und welche Auswirkungen hat es, dass immer mehr Kinder und Jugendliche in alleinerziehenden Haushalten aufwachsen?

In der Pubertät bilden sich die Geschlechteridentitäten aus. Wachsen Jugendliche in einem alleinerziehenden Haushalt auf, stellt sich die Frage: Wie ist der Kontakt zum anderen Elternteil und wie kooperativ geht das getrennte Paar miteinander um? Für die Jugendlichen fällt möglicherweise ein Reibungspunkt aus, gleichzeitig könnten Loyalitätskonflikte größer werden.

Was sollten Eltern, deren Kinder in der Pubertät stecken, unbedingt lernen und was sollten sie unbedingt unterlassen?

Ganz wichtig ist es, unbedingt im Gespräch zu bleiben und das Quäntchen Humor nicht zu verlieren. Vor allem aber sollten die Eltern ihren Kindern das Gefühl vermitteln, dass sie immer für sie da sind, auch wenn sie mal Mist gebaut haben. Die Eltern sollten möglichst Anschuldigungen, Vorwürfe und Verallgemeinerungen vermeiden, die bringen gar nichts.

Am Dienstag, 4. Juli, startet im Kreisbildungswerk um 19.30 Uhr ein vierteiliger, jeweils zweieinhalb stündiger Kess-Kurs. Die Folgetermine sind jeweils am Donnerstag, 11., 18. und 25. Juli. Die Teilnahmegebühr beträgt 40 Euro. Anmeldung unter (08092) 85 07 90 oder www.kbw-ebersberg.de.

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