Publikumslieblinge:Ebersberger mit Wiener Schmäh

Salonorchester Melange in Taglaching

Das "Salonorchester Melange" aus Ebersberg verwandelt das Taglachinger Wirtshaus mit seiner Musik in ein Kaffeehaus.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Leichte Walzer und Schlager aus den Zwanzigern: Seit 15 Jahren gibt es das "Salonorchester Melange"

Von Franziska Langhammer, Bruck

Löffelgeklapper, der Geruch von frisch aufgebrühtem Kaffee und alle Zeit der Welt fürs Zeitunglesen: Als eine Institution, die mit keiner anderen in der Welt vergleichbar sei, beschrieb schon der Schriftsteller Stefan Zweig das typische Wiener Kaffeehaus. Ob Zufluchtsort der Literaten oder Stammtisch mit Stil - die Türen standen jedem offen, der ein paar Geldstücke für eine Tasse Kaffee übrig hatte. Dazu im Hintergrund mal leichtfüßiger Swing, mal Walzerklänge. Alles längst Vergangenheit? Wer einen Ausflug in diese Atmosphäre um die Jahrhundertwende unternehmen will, muss dafür nicht in Österreich auf Spurensuche gehen: Das Salonorchester Melange aus Ebersberg hat es sich zur Aufgabe gemacht, seine Zuhörer auf Zeitreise zu schicken.

Es ist einer dieser zeitlosen Sonntagvormittage, das Wetter schwankt zwischen Regenguss und zaghaftem Sonnenschein. Im Wirtshaus Taglaching herrscht reges Treiben, pärchenweise trifft das Publikum ein, das sich zumeist schon im Vorhinein Plätze reserviert hat. Schnell wird es eng im Wirtsraum; viele der Gäste kennen und grüßen sich, schnell wird klar: Dieses Orchester hat sich mit den Jahren eine stolze Fangemeinde aufgebaut. Man hat sich fein gemacht für die nächsten Stunden: leichte Hemden, Bundfaltenhosen, Sommerkleider. Und mitten ins rege Ankommen und Getränke-Bestellen setzen die Musiker einen richtungsweisenden Akzent: Sie spielen "Wien bleibt Wien". Der oft als urwienerisch empfundene Marsch, der heutzutage in diversen Textvarianten oft auch als Spottlied herhalten muss, bringt forschen, frischen Wind in die Gaststube. Die militärisch gehaltenen Stakkati fordern schon zum ersten Mitwippen auf, so dass auch die Aufmerksamkeit der letzten Neuankömmlinge sofort in Beschlag genommen wird.

"Das ist unsere Erkennungsmelodie", erklärt Hans-Jürgen Binder, "der Marsch zeigt unsere Zentrierung in der Wiener Tradition an". Seines Aufweckcharakters wegen setzen die Musiker das Stück gerne an den Anfang ihrer Konzerte. Binder spielt Klarinette und war von Anfang an beim Salonorchester Melange dabei. Gefunden hat sich die Combo schon im Jahr 2003; Anlass war ein Workshop der Musikschule Ebersberg. Erwachsene sollten mal wieder die Möglichkeit bekommen, zu ihren erlernten - jedoch meist in Vergessenheit geratenen - Instrumenten zu greifen und sich auszuprobieren. Schnell war klar: "Wir wollen das von jetzt an öfter machen." Seitdem treffen sich die Musiker alle ein bis zwei Wochen zum Proben. Die Besetzung blieb dabei erstaunlich konstant: Fünf der sieben Mitglieder sind schon von Anfang an dabei. Was fehlt, sei ein Cellospieler, so Binder; sie seien seit Langem auf der Suche danach.

Relativ schnell zeigte sich die Tendenz zur Salonmusik, sagt Binder: "Sie passt gut zu unserer Instrumentierung, und wir hatten alle eine spontane Zuneigung zu dieser Art von Musik." Was gespielt wird, wird basisdemokratisch entschieden. Überwiegend sind es leichte, beschwingte Stücke mit positivem Charakter, die das Salonorchester Melange im Repertoire hat.

So finden sich auch im Wirtshaus in Taglaching Schlager aus den Zwanzigern neben heiterer Filmmusik wieder, die "Berliner Luft" gehört zur Melange wie klassisch-seichte Dauerbrenner, etwa das "Vilja-Lied" aus der "Lustigen Witwe". Jedes Instrument hat mit der Zeit seine eigene Musiksprache, seinen Platz in der Orchestrierung gefunden: Der Bass gibt behäbig und zuverlässig die Gangart vor, die Geigen erzählen aufgeregt von vergangenen Zeiten, die Klarinette ist der Spaßmacher unter den Instrumenten und quatscht auch gern mal zwischenrein. Das Klavier hat den großen Überblick, das Akkordeon bringt Schwung und ab und zu Fischerlied-Charakter in die Darbietungen mit ein, die Querflöte ist für das Schöne zuständig und dürfte sich gerne etwas mehr trauen. Dass die Musiker sich schon lange kennen, zeigt sich auch daran, dass es bei manchen Stücken keine Blicke mehr braucht, um den gemeinsamen Einsatz zu finden.

Am Schluss jeden Stücks ist den Musikern Gejohle und lauter Applaus sicher; da ist es Nebensache, dass nicht jeder Ton sitzt oder manches ein bisschen schräg am Ohr ankommt. Spätestens mit Beginn der zweiten Hälfte schunkeln alle Gäste mit, und an ihren fröhlichen Gesichtern ist abzulesen: Das ist nicht ihr letzter Besuch bei einem Konzert des Salonorchesters Melange.

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