Prozess um Kinderpornografie:Dreck auf der Festplatte

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Ein 47-jähriger Kraftfahrer muss sich wegen Besitzes von kinderpornografische Material vor Gericht verantworten. (Foto: Christian Endt)

Wegen des Besitzes und der Verbreitung von Hunderten kinderpornografischer Bilder und Videos muss sich ein 47-Jähriger vor dem Amtsgericht verantworten. Ein Urteil fällt aber noch nicht

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Eine Verhandlung vor Gericht ist selten eine Wohlfühlveranstaltung, schließlich geht es dabei oft um die Schattenseiten des zwischenmenschlichen Miteinanders. Manchmal wird es im Gerichtssaal aber auch regelrecht unappetitlich, wie nun am Donnerstag, als das Amtsgericht über einen Fall von Besitz und Verbreitung von Kinderpornografie verhandelte. Ein Urteil fällte das Gericht noch nicht, was vor allem an der fehlenden Kooperation des Angeklagten lag. Der sagte zu den Vorwürfen gegen ihn lediglich einen einzigen Satz: "Dazu mache ich keine Aussage."

Geredet hatte zuvor dagegen der Staatsanwalt, und dies ziemlich ausführlich. Denn was dem angeklagten 47-jährigen Kraftfahrer aus dem westlichen Landkreis zur Last gelegt wird, ist sehr umfangreich. Insgesamt 230 kinderpornografische Bilddateien und 201 entsprechende Videofiles hatten die Ermittler im Januar vorigen Jahres auf dem Rechner des Angeklagten bei ihm zu Hause sichergestellt.

Opfer sind sowohl Mädchen als auch Buben zwischen einem und 13 Jahren

Der Staatsanwalt verzichtete darauf, sämtliche Beweismittel vor Gericht zu beschreiben, einige besonders krasse Beispiele führte der Anklagevertreter allerdings aus. So seien die dargestellten Kinder, sowohl Mädchen wie Jungen, im Alter zwischen einem und 13 Jahren gewesen. Bei einigen Darstellungen seien die Kinder nackt und in eindeutig sexualisierter Pose abgebildet gewesen, andere Bilder zeigten aktiven sexuellen Missbrauch Minderjähriger durch erwachsene Männer.

Doch der Angeklagte hat sich nach den Erkenntnissen der Ermittler nicht auf den Besitz der Kinderpornos beschränkt, er soll diese auch weiterverbreitet und getauscht haben. Dies geschah wohl über einen längeren Zeitraum und mit zahlreichen Tauschpartnern. Laut Anklage soll der 47-Jährige mit mindestens zehn anderen Personen zwischen Anfang 2013 und Anfang 2015 Kinderporno-Dateien übers Internet ausgetauscht haben.

Und offenbar fühlten sich der Angeklagte und seine Komplizen sehr sicher, denn besonders konspirativ gingen sie dabei nicht vor: Sie nutzten die Kommunikationsplattform Skype, die als besonders wenig abhörsicher gilt. Und so kamen die Ermittler der Kinderpornotauschbörse irgendwann auf die Schliche. Im vorvergangenen Jahr wurde von der Aachener Staatsanwaltschaft gegen einen der Pornohändler Anklage erhoben, dabei kam man auch auf seinen Tauschpartner im Landkreis Ebersberg.

Den schienen die gegen ihn erhobenen Vorwürfe zunächst eher kalt zu lassen. Während der Staatsanwalt die Anklage samt Beschreibungen der Bilder verlas, zeigte der unauffällig wirkende Mann in Turnschuhen und Trainingsjacke auf der Anklagebank keine Anzeichen, dass ihm der Prozess besonders nahe geht. Bei der Feststellung der Personalien bestätigte er sein Geburtsdatum und dass er vor einiger Zeit von Koch auf Kraftfahrer umgesattelt habe.

Außerdem erwähnte sein Anwalt noch eine offene Bewährungsstrafe zur Tatzeit - um was es sich dabei handelt, wurde nicht erläutert. Persönliche Verhältnisse und Vorstrafen des Angeklagten werden normalerweise erst gegen Ende der Beweisaufnahme und vor den Plädoyers erörtert.

Weitere Angaben zu seiner Person oder seinen Motiven wollte der 47-Jährige nicht machen. So blieb unklar, wie und warum er in den Tauschring für Kinderpornos gekommen ist. Auch ob der Angeklagte seine Taten in irgendeiner Form bedauert und sich vielleicht in Therapie begeben hat - was in ähnlichen Fällen oft den Unterschied macht zwischen Gefängnis und Bewährung - blieb offen.

Auf die Ankündigung des Gerichts, dann werde man sich gleich vertagen und die Verhandlung beim nächsten Mal mit der Vernehmung der Zeugen, etwa der ermittelnden Polizisten, fortsetzen, bat der Pflichtverteidiger um ein Rechtsgespräch mit Staatsanwaltschaft und Richterin. Dabei gab es offenbar einiges zu bereden, erst nach gut einer halben Stunde kamen die Beteiligten in den Gerichtssaal zurück. Der Angeklagte blieb während dieser Zeit nahezu regungslos auf seinem Stuhl sitzen.

Der Mann kann mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft werden

Mit dieser demonstrativen Gelassenheit war es allerdings schnell vorbei, als ihm sein Anwalt vor der Tür des Gerichtssaales den Inhalt des Rechtsgespräches nahebrachte. Durch die dicken Türen war deutlich zu hören, dass der Angeklagte mit dem vorverhandelten Deal seines Advokaten mit der Staatsanwaltschaft offenbar überhaupt nicht einverstanden ist. Mehrmals war das Wort "Gefängnis" zu hören - eine Aussicht, die dem Angeklagten nicht behagte, ihm aber durchaus bevorstehen könnte.

Denn das Gesetzbuch sieht für Fälle wie den nun angeklagten empfindliche Strafen vor. Allein der Besitz von kinderpornografischem Material, wie es beim Angeklagten gefunden wurde, kann mit bis zu drei Jahren Gefängnis bestraft werden. Für die Verbreitung von Kinderpornos sieht der Gesetzgeber sogar eine Strafe von bis zu fünf Jahren Haft vor. Dafür wäre allerdings eine Verhandlung am Landgericht oder vor dem Schöffengericht nötig, bis zu vier Jahre Haft kann auch ein Einzelrichter wie im vorliegenden Fall verhängen.

© SZ vom 13.01.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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