Prozess in Ebersberg:Teenager gemaßregelt

30-Jährige steht vor Gericht, weil sie einen Jungen gewürgt haben soll

Opfer und Täter kommen gemeinsam. Und gehen gemeinsam. Während der Verhandlung fällt kein böses Wort auf den anderen. Im Gegenteil. Das Opfer, ein 13-jähriger Junge, sagt auf die Frage des Richters, ob die Angeklagte, eine 30-jährige Frau, bestraft werden soll: "Nein, sie gehört doch zur Familie." Die 30-Jährige, die auf der Anklagebank sitzt, lächelt. Sie muss sich wegen vorsätzlicher Körperverletzung vor dem Jugendschutzgericht Ebersberg unter dem Vorsitz von Dieter Kaltbeitzer verantworten.

Der Anklageschrift zufolge soll die 30-Jährige den 13-jährigen Sohn ihrer Lebensgefährtin im Januar dieses Jahres am Hals gepackt und ein paar Sekunden lang gewürgt haben. Das bestreitet sie vor Gericht und erklärt, es habe lediglich einen Streit gegeben. Der 13-Jährige habe damals tage- und nächtelang durchtelefoniert - "megalaut". An dem Nachmittag im Januar habe er sich etwas zu essen gemacht und das Gespräch auf Lautsprecher gestellt. Daraufhin sei sie in sein Zimmer gestürmt und habe ihn angebrüllt. So lautet ihre Version. Der 13-Jährige aber berichtet, dass sie ihn nicht nur angeschrien, sondern auch am Hals gewürgt habe. Dem Richter erzählt er, dass er sich angegriffen gefühlt und Angst gehabt habe. So sehr, dass er die Polizei rief.

Vor eineinhalb Jahren gab es bereits schon einmal einen Vorfall zwischen den beiden. Auch damals behauptete der Junge, dass sie ihn geschlagen habe - was aber nicht stimmte, wie er vor Gericht bestätigte. "Ich wollte ihr eins auswischen", sagt er.

Richter Kaltbeitzer fragt, warum er ihm denn jetzt glauben solle, dass er sie gewürgt habe. Der Junge antwortet, es sei ihm egal, ob er einem 13-Jährigen glaube oder nicht. Er möchte jedenfalls nicht, dass die Lebensgefährtin der Mutter bestraft werde. Die beiden scheinen sich grundsätzlich schon gut zu verstehen, wie sie beteuern. Manchmal streiten sie allerdings.

Eine Verurteilung kommt für den Richter nicht infrage. Er hält die Aussage des Jungen für problematisch. Kaltbeitzer stellt das Verfahren ein, warnt jedoch die 30-Jährige am Ende: Auch wenn der Junge sich nicht so verhalten sollte, wie sie das wolle, müsse sie das Maßregeln der Mutter überlassen.

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