Prozess in Ebersberg:Sexualstraftäter gibt sich als Profihelfer im Windel-Anziehen aus

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Windeln. (Foto: DPA/DPAWEB)

Ein Mann bietet Jugendlichen Geld an, um an ihnen Produkte zu testen. Jetzt steht er vor dem Ebersberger Amtsgericht.

Von Carolin Schneider, Ebersberg

Es mag kurios klingen, 16-jährigen Jungen eine Windel anzulegen, aber genau das ist der Vorwurf, weshalb ein Mann aus Rosenheim nun vor dem Ebersberger Amtsgericht erscheinen musste. Als Staatsanwältin Karin Jung die Anklageschrift verlas, blieb der Angeklagte, der bereits 2014 wegen sexuellen Missbrauchs an Kindern und Jugendlichen eine Haftstrafe absitzen musste, ganz ruhig. Der Verteidiger des Angeklagten, Rechtsanwalt Frank Markus, gab bekannt, dass sein Mandant die Vorwürfe der Anklage einräumt. Das ersparte zumindest den vier jugendlichen Zeugen eine Aussage.

Weil er bereits früher straffällig geworden sei, stehe der Angeklagte noch bis 2021 unter besonderer Führungsaufsicht, so die Staatsanwältin. Kontakt zu Kindern und Jugendlichen aufzunehmen, sei ihm deshalb nicht gestattet. "Trotzdem haben Sie im März 2016 über soziale Medien Kontakt zu Jugendlichen aufgenommen", wirft ihm die Staatsanwältin vor. Er gab sich im Gespräch mit vier männlichen Jugendlichen als Warentester für Windeln aus. Für das Testtragen der Windeln bekämen die Jugendlichen 20 Euro.

Bei einem persönlichen Treffen mit zwei der Jugendlichen am 5. April 2016 in Ebersberg versprach er ihnen zusätzlich einen Bonus, wenn er die Windeln selbst anlegen dürfte. "Die Jugendlichen wollten das nicht, aber wurden vom Angeklagten schließlich darauf hingewiesen, das Anlegen der Windeln müsse von einem Profi vorgenommen werden", so der ermittelnde Beamte von der Polizei Erding, der als Zeuge aussagte.

Die Jugendlichen ließen sich überzeugen und begleiteten den Angeklagten von einem Ebersberger Café zu einer abseits gelegenen Stelle beim Finanzamt. Dort legte der Rosenheimer den Jugendlichen die Windeln an, schaute dabei genau hin und berührte laut Anklage die Jugendlichen auch im Beckenbereich. Bei einem dritten Jugendlichen soll das Anlegen der Windel ähnlich verlaufen sein.

Auch in einem Gespräch über Facebook mit einem 17-Jährigen soll sich der Angeklagte als "professioneller Windeltester" ausgegeben haben; über diesen Weg wurde laut Anklage zwar ein Treffen vereinbart, bei dem aber nichts weiter passierte. Da der Verteidiger darauf besteht, sowohl die Bewährungshelferin als auch den Therapeuten des Angeklagten als weitere Zeugen zu vernehmen, wurde der Prozess unterbrochen und auf einen anderen Termin verschoben.

© SZ vom 23.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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