Prozess in Ebersberg:Kaffeefahrt mit Gigolo

Lesezeit: 2 min

Die Affäre nahm ihren Anfang auf einer Kaffeefahrt: Sie war 82, er 69. Doch schon bald wollte der Liebhaber Geld - und erleichterte die alte Dame um 41.000 Euro.

Wieland Bögel

Alter schützt vor Torheit nicht, sagt ein Sprichwort und es bewahrheitet sich auch in der Realität. Mehr als 41.000 Euro hatte eine hochbetagte Poingerin an ihren Liebhaber verliehen. Doch dieser zahlte das Geld weder zurück, noch hat er seiner Freundin jemals seinen richtigen Namen genannt. Für das Amtsgericht Ebersberg war damit der Tatbestand des Betruges erfüllt, der finanziell unzuverlässige Gigolo muss nun für zwei Jahre ins Gefängnis.

"Wenn man alleine und ein bisschen verliebt ist, dann ist man manchmal ein bisschen blöd," erklärte die Geschädigte vor Gericht. Die "Blödheit" begann vor zwei Jahren auf einer sogenannten Kaffeefahrt in einem Pfaffenhofener Gasthaus. Die damals 82 Jahre alte Poingerin lernte dort einen 69-jährigen Herrn kennen - und lieben. Der Angeklagte und die Zeugin begannen eine - ihren Schilderungen zufolge - heftige Affäre, die jedoch bald über das Körperliche hinausging. "Beim dritten Mal hat er Geld gebraucht," erinnert sich die Zeugin.

Zunächst wollte sich der neue Freund einmalig 18.000 Euro leihen. Er versprach, die Summe innerhalb weniger Tage mit Zinsen zurückzuzahlen. Doch dazu kam es nie, ganz im Gegenteil. Zunächst habe sich der Angeklagte für einige Zeit nicht mehr gemeldet, bis die Zeugin einen Monat später einen Brief erhielt. Neben expliziten sexuellen Formulierungen enthielt dieser auch die Bitte um weitere 15.000 Euro und den Satz: "Wenn Du mich liebst, dann hilf mir."

Obwohl der Brief dem Gericht vorlag, bestritt der Angeklagte, um Geld gebeten zu haben. Er habe nur seine schlechte finanzielle Situation geschildert, daraufhin sei er von seiner Geliebten mit 18.000 Euro "überrascht" worden. Er habe davor nicht gewusst, dass seine Freundin wohlhabend ist. Auch habe er nie geplant, das Geld zu behalten, sondern die Summe zurückzahlen wollen, "sobald mir das möglich gewesen wäre".

Richter Otto Kick bezweifelte die Aussage. Nach eigenen Angaben lebt der Angeklagte von 400 Euro Rente im Monat. Diese bessere er sich durch Gelegenheitsarbeit auf, etwa in jener Gaststätte, in der er die Geschädigte kennenlernte. Der "dubiosen Geschichte" des Angeklagten, eine größere Geldsumme aus Immobiliengeschäften in den USA zu erwarten, wollte Kick keinen Glauben schenken.

Ebenso unglaubwürdig sei die Versicherung des Angeklagten, er habe sich nicht aus finanziellen Motiven mit der Zeugin eingelassen. Stattdessen habe der Beklagte deren Zuneigung ausgenutzt und es nicht einmal für nötig befunden, der Freundin seinen richtigen Namen zu nennen. Erst als der Sohn der Geschädigten misstrauisch wurde und sich das Autokennzeichen des Angeklagten notierte, sei dessen wahre Identität ans Licht gekommen.

Der Beklagte bestritt nicht, einen falschen Namen benutzt zu haben. Aber dies sei nicht in betrügerischer Absicht geschehen. Vielmehr handele es sich um eine Art Pseudonym für seine Arbeit in der Gastwirtschaft: "Mein echter Name klingt einfach nicht bayerisch genug." Auf die Frage der Staatsanwältin, warum er nicht wenigstens der Geliebten seinen richtigen Namen verraten habe, erklärte er: "Das hielt ich nie für wichtig." Das Gericht geht allerdings davon aus, der Angeklagte habe verhindern sollen, von der Geliebten ausfindig gemacht zu werden. Darum habe er auch fast alle Briefe an seine Geliebte aus deren Wohnung entfernt.

Das Gericht war letztlich von der Schuld des Angeklagten überzeugt: Dieser habe sich "in professioneller Art" das Vertrauen seines Opfers erschlichen, um sich "eine nachhaltige und nicht unerhebliche Einnahmequelle" zu beschaffen. Damit sei der Tatbestand des schweren Betruges erfüllt. Amtsrichter Kick verurteilte den Angeklagten zu zwei Jahren Haft. Eine Bewährung komme schon aus "sozialpräventiven Erwägungen" nicht in Frage, so Kick.

Man müsse Nachahmer davon abschrecken, leichtgläubige ältere Damen zu betrügen. Dies sei keine Herabsetzung des Opfers, so Kick, "aber Sie sind nun mal eine ältere Dame und leider auch sehr leichtgläubig". Die so Angesprochene nickte einsichtig, hat doch offenbar nur die Verurteilung ihres Geliebten sie vor weiterem Schaden bewahrt. "Fast hätte ich ihm noch eine Wohnung gekauft", beschied sie ihrem Anwalt nach der Verhandlung.

© SZ vom 18.06.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: