Prozess in Ebersberg:Erst verfahren, dann Verfahren

Lkw-Fahrer zerstört Gartenzaun, flüchtet und landet vor Gericht

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Ein lautes Ziehen und Krachen sei zu hören gewesen, später dann ein Klirren, als der Sattelschlepper erst einen Gartenzaun platt gemacht und anschließend ein geparktes Auto gerammt hat. So beschrieb ein Zeuge den Vorfall von Ende August vergangenen Jahres, mit dem sich nun das Ebersberger Amtsgericht beschäftigen musste. Auf der Anklagebank saß ein 54-jähriger Lastwagenfahrer, der für den damals entstanden Schaden - immerhin knapp 2200 Euro - verantwortlich sein sollte. Anstatt sich aber um das angerichtete Chaos in einer Zornedinger Wohnsiedlung zu kümmern, soll der Mann schleunigst das Weite gesucht haben. Nun musste er sich deshalb wegen des unerlaubten Entfernens vom Unfallort verantworten.

Diesen Vorwurf jedoch stritt der Angeklagte vor Gericht vehement ab. Ja, er habe an besagtem Tag einen Anhänger bei einer nahegelegen Firma abgeliefert, beschädigt habe er dabei aber nichts. Wenngleich der Mann einräumte, dass die Durchfahrt ziemlich eng war. Er habe deshalb zunächst versucht, vorwärts in die Straße einzufahren. Als das nicht klappen wollte, habe es rückwärts probiert, doch auch auf diese Weise war kein Durchkommen. Schließlich habe er eine andere Route gewählt und seine Ware abgeliefert. Einen Zaun aber habe er gar nicht kaputtfahren können, schließlich schere sein Anhänger nicht aus.

Eine Einschätzung, die der beauftragte Gutachter vor Gericht nicht teilte. Wenn der Angeklagte so in die Straße eingebogen sei, wie er es ausgesagt habe, hätte er entweder den Gartenzaun zerstören oder die Laterne auf der anderen Straßenseite rammen müssen. Ein Video zur Veranschaulichung der Situation, das der Lkw-Fahrer später selbst auf dem Betriebsgelände seiner Spedition gedreht hatte, ließ der Gutachter nicht gelten. Der reale Anhänger sei deutlich größer gewesen, "das ist ein ganz anderes Verhalten des Fahrzeugs". Auch Richterin Vera Hörauf hatte ihre Zweifel: "Sie behaupten einfach irgendwas", sagte sie in Richtung des Angeklagten.

Dass die Vorsitzende mit ihrer Vermutung richtig lag, war spätestens nach der Aussage eines Augenzeugens klar. Der Anwohner nämlich hatte die ganze Szene von seinem Badfenster aus beobachtet und den Fahrer schließlich auch angesprochen. Er habe zunächst laute Rangiergeräusche gehört, so der ebenfalls 54-Jährige. Schließlich sei der Angeklagte, den er vor Gericht zweifelsfrei identifizieren konnte, vorwärts in die Straße eingefahren, habe dabei den Zaun mitgenommen und auch noch ein Auto gerammt. Daraufhin sei er auf die Straße gegangen und habe den Mann angesprochen. "Er hat mir gesagt, das Navi hat ihm die Strecke so angezeigt", sagte der Zeuge. Schließlich habe er ihm geraten, den Schaden bei der Nachbarin zu melden. Das jedoch hat der Fahrer offenbar nicht getan, die Polizei konnte ihn aber später über seinen Arbeitgeber ermitteln. Zwar behauptete er bis zuletzt, den Zeugen noch nie gesehen zu haben, die Staatsanwältin und Richterin Vera Hörauf hatten allerdings keinen Grund zur Annahme, dass der Nachbar im Zeugenstand die Unwahrheit sagt. Das Gericht verurteilte den Lastwagenfahrer deshalb zu einer Geldstrafe über 3025 Euro. Außerdem muss der Mann für drei Monate seinen Führerschein abgeben.

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