Prozess:Ein Mann schneidet ein Gespräch heimlich mit - und landet vor Gericht

Der 20-jährige fühlte sich von Mitarbeitern des Ebersberger Landratsamts schlecht behandelt und wollte dafür einen Beweis. Aufnahmen von vertraulichen Gesprächen sind aber nicht erlaubt

Von Andreas Junkmann, Ebersberg

Sprachaufnahmen sind grundsätzlich eine praktische Sache. Sie ersparen bei Gesprächen das mühsame Anfertigen von handschriftlichen Notizen und lassen sich beliebig oft wieder abspielen. Heikel wird das Ganze aber dann, wenn der Aufgenommene gar nicht weiß, dass von ihm gerade ein Sprachmemo angefertigt wird - was der Gesetzgeber mit dem etwas sperrigen Begriff der Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes beschreibt. Wegen eines solchen Falles musste sich ein junger Mann aus dem Landkreis nun vor dem Ebersberger Amtsgericht verantworten. Der 20-Jährige hatte mit seinem Handy heimlich ein Gespräch zwischen ihm und Mitarbeitern des Landratsamtes mitgeschnitten - angeblich, um zu zeigen, wie schlecht er in der Behörde stets behandelt worden ist.

So weit, dass der Angeklagte bei Richter Dieter Kaltbeitzer vorstellig werden musste, hätte es aber eigentlich gar nicht kommen sollen. Denn der Vorsitzende hatte ihm zuvor bereits die Einstellung des Verfahrens in Aussicht gestellt, sollte er zwei Tage lang Sozialstunden ableisten. Diesem Angebot kam der junge Mann aber nur bedingt nach, denn innerhalb von acht Monaten hatte er es - angeblich wegen Krankheit und beruflicher Überschneidungen - nur auf acht der insgesamt 16 vereinbarten Stunden gebracht. Und so musste er nun doch vor dem Amtsgericht Rede und Antwort stehen.

Der Angeklagte kritisiert die Arroganz der Behörde

Dass er die Aufnahme im November 2017 gemacht hat, bestritt der Angeklagte gar nicht erst. Er hatte aber auch eine Erklärung parat, die er Richter Kaltbeitzer mit Hilfe eines Dolmetschers zu verstehen gab. Demnach sei er bis zu seinem 18. Lebensjahr in einer Einrichtung der Jugendhilfe untergebracht gewesen. Weil er aber selbständig sein wollte, habe er schließlich jede weitere Unterstützung abgelehnt - was dazu geführt hat, dass er in eine normale Unterkunft für Geflüchtete verlegt worden ist. In diesem "Container", wie der Angeklagte sagte, habe es ihm aber so gar nicht gefallen, weshalb er mehrmals am Landratsamt um eine Verlegung gebeten habe.

Dort hatte man ihn wohl aber nicht so behandelt, wie er sich das gewünscht hätte. "Jedes Mal, wenn ich da gewesen bin, waren die arrogant", lässt er übersetzen, um dann selbst zu ergänzen: "Die haben mir nicht geholfen." Um festzuhalten, wie schlecht die Behörde mit ihm umspringt, hat er schließlich das Gespräch mit zwei Mitarbeiterinnen des Ausländeramtes aufgenommen. "Ich habe keine andere Wahl gehabt."

Dass man solche Tonaufnahmen nicht einfach so anfertigen dürfe, sei ihm damals gar nicht bewusst gewesen, beteuerte der Angeklagte. Inzwischen habe er das aber verstanden. "Ich weiß, ich bin selber schuld." Es war wohl auch diese Einsicht, weshalb Richter Kalbeitzer nochmals einen Versuch wagt, das Verfahren einzustellen. Da das Angebot mit den Sozialstunden im ersten Versuch nicht so wirklich klappen wollte, sieht der Deal nun wie folgt aus: Die Angelegenheit ist dann erledigt, wenn der Mann innerhalb von vier Wochen 250 Euro an eine soziale Einrichtung bezahlt.

Immerhin scheint er sich nun an die Vereinbarung halten zu wollen, hat er dem Vorsitzenden doch gleich angeboten, das Geld sogar persönlich beim Amtsgericht vorbeizubringen.

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