Süddeutsche Zeitung

Prozess:Ein Abend voller Pöbeleien und Gewalt

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Acht Männer stehen in München vor Gericht, die vor zwei Jahren aus rassistischen Motiven einen Imbiss in Ebersberg überfallen haben sollen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Diesen Freitagabend wird man in Ebersberg nicht so schnell vergessen. Am 25. September vor zwei Jahren überfiel eine Gruppe von acht jungen Männern den Imbiss am Bahnhof. Dabei riefen sie fremdenfeindliche Parolen, schlugen mit einem Baseballschläger auf einen Mitarbeiter und einen Gast ein und zerstörten Teile der Einrichtung. Die Empörung war groß, es gab spontane Solidaritätsbezeugungen mit den Opfern. Nun beginnt am Landgericht in München der Prozess gegen die Schläger, die im Falle einer Verurteilung eine lange Haftstrafe erwartet.

Die sieben Seiten lange Anklageschrift dokumentiert einen Abend voller Pöbeleien und Gewalt. Die zwei Hauptangeklagten, ein 36- und ein 28-Jähriger, waren auf dem Heimweg von einem Wiesn-Besuch. Bereits am Ostbahnhof sollen sie Passagiere rassistisch beleidigt haben. In der Bahn soll einer der beiden beinahe einen dunkelhäutigen Fahrgast angegriffen haben, wurde jedoch von anderen Mitfahrern abgehalten. Verbal gingen die Attacken weiter, die beiden schimpften lautstark gegen Ausländer, was sie nach dem Aussteigen am Ebersberger Bahnhof fortsetzten. Der 28-Jährige soll dort außerdem einen Mann mit der Faust geschlagen haben, woraufhin der Imbissbetreiber die Polizei rief, auch ihn hatten die beiden Angeklagten beschimpft. Diese wandten sich ebenfalls an die Polizei, weil sie angeblich von Ausländern verprügelt worden seien. Die Beamten nahmen bei den zwei einen Alkoholtest vor, der 1,2 und 1,4 Promille ergab. Die Angeklagten gingen danach in die Wohnung eines der Männer, riefen ein paar Freunde an und erzählten diesen die gleiche Geschichte wie zuvor der Polizei.

Mit Baseballschläger, Messer und Hammer stürmten sie den Imbiss

Als die Angerufenen eintrafen, erklärten die beiden Hauptangeklagten, sie wollten sich für den Angriff rächen. Einer bewaffnete sich mit einem Baseballschläger, der andere mit einer Holzlatte und einem Messer, ein dritter Angeklagter mit einem Schlosserhammer. Gegen 21.40 Uhr betraten laut Anklageschrift vier der Männer den Imbiss, die anderen warteten vor der Tür. Der 36-jährige Hauptangeklagte soll mit dem Baseballschläger einem Gast auf Kopf und Rücken geschlagen haben, der Mann erlitt eine Gehirnerschütterung, eine Platzwunde und Prellungen und musste drei Tage im Krankenhaus verbringen. Ein Imbissmitarbeiter wurde ebenfalls durch Schläge mit dem Baseballschläger verletzt. Außerdem soll der 28-Jährige mit dem mitgebrachten Messer auf den Mitarbeiter eingestochen haben, der konnte den Angriff zwar abwehren, wurde aber an der Hand verletzt. Während des Angriffs riefen die Angeklagten laut Staatsanwaltschaft weiterhin Beleidigungen und rassistische Parolen. Bevor sie den Laden verließen, soll der Hauptangeklagte noch eine Vitrine und die Scheibe der Eingangstür zerschlagen haben. Nachdem der Imbissbetreiber die Polizei gerufen hatte, konnte diese die Angreifer in der Wohnung des Hauptangeklagten ausfindig machen. Erneut wurde ein Alkoholtest gemacht - mit Ergebnissen zwischen 0,5 und 2,4 Promille.

Bereits am Sonntag nach der Tat gab es am Bahnhof eine spontane Kundgebung für die Opfer. Mehr als 500 Teilnehmer demonstrierten eine Woche später im Klosterbauhof gegen Rechtsradikalismus. Neben Anteilnahme gibt es aber auch Kritik. So soll die Polizei zu spät am Tatort eingetroffen sein. Außerdem vergingen nach dem Angriff vier Tage, bis die Polizei die Wohnungen der Verdächtigen durchsuchte. Erst elf Monate nach der Tat hat die Staatsanwaltschaft Anklage erhoben.

Darin wird den Hauptangeklagten Volksverhetzung vorgeworfen, was mit bis zu fünf Jahren Gefängnis bestraft werden kann. Alle acht müssen sich wegen "Bildung bewaffneter Gruppen" verantworten, hier drohen bis zu zwei Jahre Haft. Vier Angeklagten wird gefährliche Körperverletzung - mindestens drei Monate und bis zu zehn Jahren Gefängnis - vorgeworfen, den übrigen vier die Beihilfe dazu. Alle sind auch wegen Bedrohung und Sachbeschädigung angeklagt, hier sind Höchststrafen von einem, beziehungsweise zwei Jahren möglich. Es sind sieben Verhandlungstage angesetzt. Ein Urteil fällt voraussichtlich am Donnerstag, 10. August.

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Quelle:
SZ vom 01.08.2017
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