Prozess am Amtsgericht:Minus statt Plus

Am ersten Verhandlungstag vermochte das Gericht nicht zu entscheiden, ob eine Kundin versucht hatte, ihr Geldinstitut zu betrügen. Nun steht ein Urteil

Von jonas wengert, Ebersberg

"Ihr Geld ist nicht weg, es hat nur ein anderer", so wird ein Mitglied der Bankiersdynastie Rothschild aus dem 18. Jahrhundert zitiert. Im Rechtsstreit über den Verbleib von 10 000 Euro zwischen einer Ebersberger Bank und einer Kundin hingegen, wechselte jene Summe wohl nicht den Besitzer, sondern war schlicht nie da.

Was war geschehen: Anfang des Jahres monierte die 61-jährige einen vermeintlich falschen Kontostand, statt gut 20 000 Euro seien auf ihrem Festgeldkonto aktuell nur rund 10 000 Euro verbucht. Ihre Beschwerde begründete sie mit der Kopie eines Belegs aus dem Jahr 2017. Nachdem sie aufgrund desselben Vorfalls bereits damals vorstellig geworden wäre, sei ihr von Seite der Bank eben jener Auszug über 20 000 Euro ausgehändigt worden. Das bestritten zwei Bankangestellte und bezeichneten den Beleg ihrerseits als Fälschung, die Kundin hätte aus der Eins eine Zwei gemacht. Diese wurde in der Folge wegen Urkundenfälschung und versuchten Betrugs zur Zahlung von 7 500 Euro verurteilt.

Nachdem die erste Verhandlung über den daraufhin eingelegten Einspruch kein Ergebnis brachte, trafen sich die Parteien zu einer weiteren Sitzung im Ebersberger Amtsgericht. Eine Zeugin seitens des Geldinstituts hatte allerlei Ersatz-Auszüge des betreffenden Kontos im Gepäck. Sie argumentierte, es sei nicht möglich, dass die Bank einen Beleg über 20 000 Euro ausgestellt hätte. Der Höchststand des Kontos habe rund 15 000 Euro betragen, ehe 2013 5 000 Euro nach Auftrag der Kundin abgebucht worden seien. Anschließend habe es nur noch Zinsausschüttungen gegeben. "Die gleiche Summe habe ich aber noch im selben Jahr wieder in bar zur Bank gebracht", fügt die Angeklagte hinzu. Dieses Geld sei jedoch nicht auf ihrem Konto verbucht worden. Das würde bedeuten, so die Zeugin, dass das Geldhaus seit 2013 einen Kassenüberschuss von 5000 Euro mit sich führen müsse - das sei undenkbar, die Richtigkeit der Kasse werde täglich strengstens geprüft. Und selbst mit dieser Summe läge das Konto immer noch deutlich unter 20 000 Euro. Das elektronische System der Bank ließe schlicht nicht zu, einen Wert, welcher nicht dem tatsächlich vorhanden entspricht, auszudrucken. Als weiteres Argument führte die Zeugin ausgeschütteten Zinsbeträge ins Feld. Anhand derer könne man ganz leicht nachrechnen, dass sich zu keinem Zeitpunkt ein Betrag, wie die Kundin ihn beanspruche, auf dem Konto befunden habe.

Auch die Verteidigung bestritt in ihrem Plädoyer nicht mehr, dass der ausgewiesene Betrag von 20 000 Euro falsch sei. Auf die Angeklagten sei das jedoch nicht zurückzuführen, vielmehr müsse der Bank ein Fehler unterlaufen sein. Da seine Mandantin den Auszug so erhalten habe und anschließend nur in bester Absicht gehandelt hätte, sei sie freizusprechen, so der Anwalt.

Dieser Einschätzung folgte das Gericht nicht. "Es ist unlogisch, dass die Bank einen falschen Kontoauszug herausgegeben habe", urteilte die Richterin. Bei den Umsätzen seien keinerlei Fehler zu erkennen und auch die Zinsen passen nicht zu der Geschichte der Angeklagten. Ihr wurden eine Geldstrafe in Höhe von 3200 Euro sowie die Kosten des Verfahrens auferlegt. Als mildernd wertete das Gericht das leere Vorstrafenregister, sowie die Tatsache, dass es nicht um einen vollendeten Betrug gehandelt hatte.

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