Prozess am Amtsgericht:Chaos in der Buchhaltung

Prozess am Amtsgericht: Um kreative Buchführung ging es nun am Amtsgericht.

Um kreative Buchführung ging es nun am Amtsgericht.

(Foto: Christian Endt)

Überforderter Hausverwalter wird wegen Untreue zu Bewährungsstrafe verurteilt

Von Daniela Gorgs, Ebersberg

Das Wohneigentumsrecht ist kompliziert. Es geht um Gemeinschaftseigentum wie Heizungsanlage, Aufzug oder Treppenhaus, das alle instandhalten müssen, sowie sanitäre Anlagen, Fußböden in den eigenen Räumen, um die sich jeder selbst kümmert. Dann gibt es Betriebskosten, zu denen etwa Kanalgebühren oder Kaminreinigung gehören. Eine Schlüsselfigur in der Eigentümergemeinschaft ist der Hausverwalter, der unter anderem das Geld der Gemeinschaft verwaltet. Dafür wird für jede Hausgemeinschaft ein Konto eingerichtet, über das der Verwalter verfügt.

Ein Hausverwalter muss ein gutes kaufmännisches Wissen haben, da er unter anderem die Abrechnung der Betriebskosten im Blick haben muss. Ein 49-jähriger Mann war damit überfordert. Er betreute knapp 30 Hausverwaltungen, buchte Gelder von einer Hausverwaltung zur nächsten, um Konten, die im Minus waren, auszugleichen. In fünf Jahren richtete der Mann auf diese Weise einen Schaden von fast 50 000 Euro an. Jetzt musste er sich vor dem Amtsgericht Ebersberg wegen Untreue in neun Fällen verantworten.

Wie immens der Schaden nicht nur in finanzieller Hinsicht ist, sondern welche buchhalterische Aufräumarbeit jetzt zu leisten ist, verdeutlichte das Bild des Staatsanwalts und der Vorsitzenden Richterin Vera Hörauf, die über Akten gebeugt Kontoauszüge nachrechneten und mit Summen jonglierten, die für beide Juristen schwer nachzuvollziehen schienen.

Die Anklageschrift mit den Vorwürfen über Hin- und Herbuchungen von Rechnungen war schnell verlesen. Der 49-jährige Mann auf der Anklagebank gestand sofort sämtliche Buchungen. Dann erklärte er dem Gericht, dass er mit der Fülle an Arbeit überfordert gewesen sei. "Es war eine schwierige Zeit." Mit seiner 24-Stunden-Rufbereitschaft habe er durchgearbeitet, auch während des einwöchigen Urlaubs. Auf die Frage der Richterin, warum er sich keine Hilfe geholt habe, antwortete er, dass der Verdienst das nicht erlaubt habe. Der Verteidiger erklärte, dass sein Mandant eine sehr ausgeprägte Fähigkeit habe, Dinge zu verdrängen. Doch die Richterin warf dem Angeklagten vor, ein Chaos angerichtet zu haben, das die einzelnen Eigentümergemeinschaften jetzt bereinigen müssten. Zwei Zeugen sagten aus, dass man Kontoauszüge von insgesamt fünf Jahren aus dem Keller holen müsste, um Falschbuchungen nachzuvollziehen.

Der Staatsanwalt unterstellte dem 49-Jährigen bedingten Vorsatz und plädierte wegen der Schadenshöhe und des langen Zeitraums auf eine Bewährungsstrafe von einem Jahr und sieben Monaten. Er beantragte zudem eine Geldauflage in Höhe von 15 600 Euro. Darüber erboste sich der Verteidiger, der das Verfahren einstellen wollte. Sein Mandant habe den finanziellen Schaden wiedergutgemacht. Er habe nicht aus schlechter Absicht gehandelt, sondern aus Überforderung. Da er die Hausverwaltungen abgab, sei keine Wiederholungsgefahr gegeben. Die Richterin verurteilte den Angeklagten zu einer Bewährungsstrafe von einem Jahr und drei Monaten und setzte die Geldauflage auf 3000 Euro fest.

Der Angeklagte habe fremdes Geld munter hin- und herüberwiesen und großen Schaden angerichtet. Bis die Erkenntnis gereift sei, dass er überfordert war, sei zu viel Zeit vergangen. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

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