Protestveranstaltung:Umzingelt und abgeschnitten

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Direkt an der Kreuzung der A 99 mit der A 94 betreiben Monika und Alexander Holly ihren Reiterhof mit 60 Pferden. (Foto: Privat)

Die Betreiber eines Reiterhofs befürchten, dass der Ausbau des Autobahnkreuzes München-Ost für sie negative Folgen hat

Von Martin Mühlfenzl, Feldkirchen/Vaterstetten

Das beständige Dröhnen, das von der A 94 herrührt, ist am Feldkirchner Ortsrand überall zu hören. Am Fußballplatz westlich der Gemeinde, auch direkt dahinter am türkis schimmernden Kiessee. Das anhaltende Brummen ist auch im Osten der Gemeinde ein ständiger Begleiter - auf der Reitanlage von Monika und Alexander Holly etwa. Die liegt direkt neben dem betonierten Kleeblatt, an dem sich A 94 und A 99 begegnen. Von oben betrachtet entsteht ein Bild der Gegensätze: rechts eines der meist befahrenen Autobahnkreuze der Republik, links die grüne Idylle der Hollys. Doch die fürchten um deren Fortbestand - und ihre Existenz.

Vom Hof aus haben die Hollys freie Sicht auf die Bedrohung, die in den kommenden Jahren noch weiter anwachsen könnte. Denn geht es nach Plänen der Autobahndirektion Südbayern, wird das Kreuz München-Ost erweitert. Aus dem Kleeblatt soll - ähnlich wie an der Anschlussstelle Aschheim/Ismaning - ein Krake werden, der sich, so sehen es die Besitzer des Reithofs, gnadenlos in die Landschaft fressen wird. Konkret könnten die beiden Auffahrten des Autobahnkreuzes westlich der A 99 wegfallen und stattdessen zwei lang gezogene Overfly-Zufahrten entstehen, die den Verkehr von der A 99 über mehrere Etagen in Richtung München und Passau lenken. Alexander Holly nennt dieses Projekt ein "monströses Bauwerk" - und er organisiert den Widerstand.

An diesem Dienstag, 24. Juli, laden die Hollys von 19.30 Uhr an zu einer Informationsveranstaltung ins evangelische Kinderheim in Feldkirchen an der Hohenlindner Straße 8 ein. Den Abend stellen Monika und Alexander Holly unter das Motto: "Den Bürgern stinkt's - jetzt Lebensqualität erhalten."

Die Hollys treibt die Sorge um, dass mehr Spuren auf den beiden Autobahnen und breitere Zu- und Abfahrten noch mehr Verkehr anziehen. Dass der Lärm, der die Kommunen an den Trassen ohnehin schon über Gebühr belastet, weiter zunimmt. Dass vielleicht die verbliebenen, schützenswerten Naturflächen bedroht sind. "Und es sind auch die Kosten, die für diesen Wahnsinn aufgebracht werden, anstatt über wirklich kreative Lösungen nachzudenken, die das Verkehrschaos beheben könnten", sagt Holly.

Der Umbau des Autobahnkreuzes Ost ist nur ein Baustein bei der Umgestaltung des Autobahnrings im Münchner Osten. Die A 99 ist eine der meist befahrenen Trassen Europas - in Spitzenzeiten brettern hier mehr als 160 000 Fahrzeuge Richtung Salzburg und Nürnberg. Derzeit läuft der achtspurige Ausbau der Umfahrung vom Kreuz München Nord bis zur Anschlussstelle Aschheim/Ismaning, der eigentlich eine Erweiterung auf zehn Spuren ist. Denn auch in Zukunft werden bei extrem hohem Verkehrsaufkommen die Seitenstreifen freigeschaltet. Auch am Kreuz Ost wird derzeit in großem Stile gebaut. Alle 16 Brücken an der Kreuzung der A 94 mit der A 99 werden abgerissen und neu errichtet.

Wenn auch noch die Pläne für die neuen Zu- und Abfahrten am Kreuz verwirklicht werden, hätte das gravierende Folgen für die Familie Holly, so deren Befürchtung. Geht es nach der Autobahndirektion Südbayern, werden nicht nur die riesigen Overfly-Bauwerke errichtet, sondern es wird - ironischerweise - auch eine Straße dicht gemacht. Und zwar die Verbindung zwischen Feldkirchen und Weißenfeld, die direkt neben dem Reiterhof unter der A 94 nach Norden führt und weiter südlich unter der A 99 in Richtung Weißenfeld verläuft. Stattdessen soll wohl westlich des Reiterhofs eine Ersatzstraße entstehen. "Dann wären wir erstens von Straßen umzingelt, wie in einer Insellage", sagt Alexander Holly. "Und zweitens komplett abgeschnitten. Denn dann gibt es keine Zufahrt mehr zum Hof." Auch zum alten Hölzlhof, direkt nördlich der A 94 gelegen, hätte der Landwirt keine Verbindung mehr. "Da aber lagern wir Stroh, Geräte und vieles mehr. Ungefähr 20 Mal am Tag fahre ich zwischen den beiden Höfen hin und her. Das ginge dann nicht mehr", sagt Holly.

Noch ist der Reiterhof eine sehr beschauliche Heimat für 60 Pferde. Das Ehepaar kümmert sich seit etwas mehr als 20 Jahren um alle Belange der Pferde, die von ihren Besitzern hier untergebracht werden. Die Halter genießen es, mit den Pferden auch mal weite Ausritte hinzulegen, über die Koppeln des Hofes hinaus. "Aber wie soll das gehen, wenn um uns herum nur noch Straßen liegen?", fragt Alexander Holly. "Wenn das nicht mehr möglich ist, suchen sie sich einen anderen Reiterhof in der Region. Es gibt ja immer mehr."

Was ihn am meisten erzürnt, sagt Holly, sei die Art und Weise, wie die Autobahndirektion das Projekt geplant und die Betroffenen informiert habe. "Erstens im Hinterzimmer", sagt er. "Und zweitens eigentlich gar nicht." Im Februar seien die Pläne im Gemeinderat vorgestellt worden, sagt er, danach habe es - auf Nachfrage - einen Ortstermin mit Vertretern der Autobahndirektion gegeben. "Da haben sie uns dann gesagt, dass die Weißenfelder Straße weg soll", sagt Holly. Die Straße, die seinen Reiterhof mit der Außenwelt verbindet. Das aber wollen sich seine Frau und er nicht gefallen lassen.

© SZ vom 23.07.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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