Protest gegen Rechts:Rund 500 Menschen demonstrieren in Ebersberg gegen Fremdenhass

Protest gegen Rechts: "Wir zeigen laut und deutlich, was wir von den Rassisten und Fremdenfeinden halten, aber vor allem: Wir zeigen es friedlich!", rief KJR-Geschäftsführer Philipp Spiegelsberger.

"Wir zeigen laut und deutlich, was wir von den Rassisten und Fremdenfeinden halten, aber vor allem: Wir zeigen es friedlich!", rief KJR-Geschäftsführer Philipp Spiegelsberger.

(Foto: Christian Endt)

Bei der Protestaktion im Zentrum fallen die Teilnehmer mit kreativen Plakaten auf. Zwei Geflüchtete berichten von persönlichen Erfahrungen mit Alltagsrassismus.

Von Thorsten Rienth, Ebersberg

Man kann es mit Humor nehmen, so wie zum Beispiel die beiden Schülerinnen: "Der Fuchs ist schlau und stellt sich dumm - der Nazi macht es andersrum", spotteten sie auf ihrem Plakatschild. Oder wie Leo Lux vom Vorstand des Kreisjugendrings laut ins Mikrofon rufen: "Danke, dass ihr alle gekommen seid, um gegen diese rassistische Kackscheiße ein Zeichen zu setzen!" Humor und klare Ansage - das sind die beiden bestimmenden Ausdrucksformen bei der Ebersberger Demonstration gegen Rassismus gewesen. Mit Trillerpfeifen und Sprechchören machten die mehr als 500 Demonstranten am Samstag auch mächtig Lärm.

Das landkreisweite Bündnis "Bunt statt braun" und der Ebersberger Kreisjugendring (KJR) hatten zu dem Protestzug nebst anschließender Marktplatzkundgebung aufgerufen. Eigentlich gänzlich unabhängig von den Nazisymbolen, die vor einigen Tagen im Grafinger Gymnasium geschmiert wurden. Aber dadurch erhielt der ja nicht immer so greifbare Protestanlass einen klaren lokalen Bezug.

"Wir zeigen laut und deutlich, was wir von den Rassisten und Fremdenfeinden halten, aber vor allem: Wir zeigen es friedlich!", rief KJR-Geschäftsführer Philipp Spiegelsberger um kurz nach 14 Uhr von der vorm Rathaus aufgebauten Bühne. Dann setzte sich der Protestzug, angeführt von einigen Bikern des Motorradklubs "Kuhle Wampe" und einem Musikwagen, in Bewegung.

Vom Treffpunkt Marienplatz aus ging es zuerst durch die Altstadtpassage in Richtung Bahnhof, dann die Dr.-Wintrich-Straße gen Westen entlang und schließlich über einen kleinen Schlenker durch die Wildermuthstraße wieder zurück zum Marktplatz. Eine gute Stunde brauchte die Runde, die immer wieder für kurze Sprechchöre stehen blieb.

"Liebes Bayern, kannst du bitte mal nach den Rechten sehen", war auf den Plakaten zu lesen, "Das Deutsche Reinheitsgebot gibt es nur bei Bier", oder "#Wirdiskutierenhier - über Liebe, Humanität und Respekt für alle". Aus einigen Fenstern hingen bemalte Bettlaken mit ähnlichen Sprüchen - "Nazis essen heimlich Falafel" zum Beispiel oder "Herz statt Hetzen".

Bürgermeister Walter Brilmayer mischte sich ebenso in die Menge, wie Landrat Robert Niedergesäß (beide CSU) und viele weitere Kreis- und Stadträte aus den umliegenden Gemeinden. "Leider ist Rassismus auch bei uns nach wie vor ein Alltagsproblem", sagte Brilmayer. "Deshalb braucht es regelmäßig so mutige Zeichen wie dieses hier - und Leute, die klar Flagge zeigen."

Niedergesäß erklärte, ein Blick in die Gesichter dieser da gerade durch die Stadt ziehenden Leute zeigte ihm, welch breite Öffentlichkeit hinter Werten wie Mitmenschlichkeit und Toleranz stehe. Die politischen wie persönlichen Hintergründe der Demonstranten mögen völlig verschieden sein. "Aber es eint uns, dass wir alle Demokraten sind."

Bei der abschließenden Kundgebung am Marienplatz sprach dann auch "Bunt statt braun"-Sprecherin und Ebersberger SPD-Stadträtin Angela Warg-Portenlänger. "An alle Rassisten und Faschisten", rief sie. "Fahrt zur Hölle oder schießt euch auf den Mond - die Welt ist bunt und gehört uns allen." Längst hätten die Wölfe ihren Schafspelz abgezogen und grenzten ganz offen verschiedenste Gruppen der Gemeinschaft aus. "Menschen mit anderer Hautfarbe, mit Behinderungen oder einfach nur einer anderen sozialen Gruppe werden von diesen vermeintlich ,wahren' Deutschen angegriffen." Lauter Applaus war ihr dafür sicher.

Während Angriffe wie auf den Ebersberger Bahnhofskiosk schnell großes Echo auslösen, berichteten zwei Geflüchtete, falle gängiger Alltagsrassismus weit weniger auf. Dass sich andere S-Bahn-Fahrer von ihm wegsetzten, sei ihm nicht nur einmal passiert, erzählte einer. Und zwar nicht irgendwo weit weg, sondern in der Linie S6, die bekanntlich nach Ebersberg fährt.

Der zweite beschrieb eine Situation beim Mittagessen in einer Kantine vor einigen Monaten. Da sei er kurz aufgestanden, um die Plastikverpackung von seinem Essen wegzuwerfen. Den Augenblick hätte jemand genutzt, um ihm sein Essen wegzunehmen und in den nächsten Mülleimer zu werfen.

Der Wunsch von KJR-Geschäftsführer Spiegelsberger nach einer friedlichen Demo erfüllte sich jedenfalls komplett. "Wir hatten keinen einzigen Vorfall", berichtete die Ebersberger Polizei am Sonntag auf Nachfrage. "Weder bei der Demonstration selbst, noch am Abend im Jugendzentrum." Dorthin hatten die Veranstalter am Abend zu einer After-Demo-Party eingeladen.

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