Projekt mit Vorbildcharakter:Strom von nebenan

EBERwerk GF Markus Henl

Markus Henle ist seit Jahresbeginn Chef des Eberwerks - und einer von nur zwei Mitarbeitern.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Der Regionalversorger "Eberwerk" will nachhaltige Energie aus und für den Landkreis

Von Amelie Hörger, Ebersberg

Wenn Markus Henle durch die große Fensterfront seines Büros hinaus auf die Trafos, Masten und Leitungen des Umspannwerkes in Gsprait deutet und beginnt zu erzählen, wo welcher Schalter umgelegt werden muss, um den südlichen Landkreis mit Strom zu versorgen, merkt man schnell: Der Grafinger ist nicht erst seit gestern im Energiegeschäft tätig.

Bevor er im frisch gegründeten Eberwerk Geschäftsführer wurde, arbeitete der 49-Jährige bei Eon und danach bei den Stadtwerken München. Die Unternehmen sind "immer kleiner geworden", sagt Henle zur Reihenfolge seiner Arbeitgeber. Wie klein das Eberwerk ein gutes halbes Jahr nach seiner Gründung noch ist, zeigt sich in der Zahl der Angestellten. Denn neben dem studierten Physiker ist nur noch Manuel Herzog als weiterer Mitarbeiter in den Büroräumen des Eberwerks tätig. Die beiden beschäftigen sich neben den energietechnischen Themen auch mit der IT, dem Recht und den Finanzen der kleinen Firma, und Henle fasst gelassen zusammen: "Wir sind zwei Feuerwehrmänner, die immer ad-hoc einspringen, wenn es wo brennt".

Vor fünf Jahren kam im Landkreis das erste Mal die Idee eines lokalen Energieversorgers auf. Die Energieagentur brachte das Konzept auf den Tisch. Klimaschutzmanager Hans Gröbmayr und Manuel Herzog trieben das Projekt in den Gemeinderäten der Kommunen weiter voran, da arbeitete Henle noch bei den Stadtwerken. Als er in einer Fachzeitschrift die Stellenausschreibung für den Geschäftsführerposten in dem neugegründeten Unternehmen entdeckte, zögerte er keine Sekunde. "Ich dachte mir: Das ist genau das Richtige. Im Landkreis, in seinem eigenen Umfeld, etwas für die Energiewende tun", schildert er.

Aus diesen schlichten Worten ergibt sich die Hauptmission des Eberwerks. Die Energiewende eben nicht der hohen Politik zu überlassen, sondern direkt innerhalb der eigenen Gemeinden die Sache anzupacken. Um diesem ambitionierten Ziel Schritt für Schritt näher zukommen, hat das Eberwerk einiges in Planung. Er sei ein "Freund von Pilotprojekten", betont Henle. Darunter fallen unter anderem die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED, Ladestationen für Elektroautos und das Herzstück des Eberwerks: der von 2019 an erhältliche Eberstrom. Komplett aus regionaler Erzeugung, denn warum sollte man nur Eier und Gemüse lokal einkaufen?

Natürlich wird der grüne Eberstrom aus erneuerbaren Quellen gewonnen, genauer aus Biogas und Windkraft. Da der Landkreis momentan aber nur über ein einziges Windrad verfügt, wird man anfangs lediglich 10 000 Haushalte im Landkreis mit dem Grünstrom versorgen können. Falls mehr das Produkt nachfragen, müssten erst neue Anlage geschaffen werden. "In diese Position würde ich gerne kommen", lacht Henle. Wie die Eier von dem Bauern im Ort, ist auch der Stromtarif nicht der günstigste auf dem Markt, wird sich aber in angemessenem Rahmen halten, verspricht der Geschäftsführer.

Schon jetzt haben sich drei Gemeinden für das Angebot entschieden. So werden die Rathäuser von Glonn, Pliening und Poing vom nächstem Jahr an mit dem Strom Marke Landkreis versorgt. 19 der 21 Landkreiskommunen hatten Anfang des Jahres Anteile an der Firma gekauft und damit ein deutliches Zeichen für die regionale Energiewende gesetzt. Die damalige erste Amtshandlung: 20 Millionen aufbringen, um 51 Prozent des Stromnetzes im Landkreis zu kaufen und so wieder kommunale Gestaltungsmöglichkeiten zu haben, anstatt Großkonzernen oder Fremdinvestoren ausgeliefert zu sein. Ein "interkommunales Leuchtturmprojekt" hatte Landrat Robert Niedergesäß damals das Unterfangen genannt, und auch Henle spricht von einer "beachtlichen Zahl" an teilnehmenden Kommunen, das sei deutschlandweit eine Rarität. In seinem Job habe er die Möglichkeit, "etwas Gutes für die Zukunft seines Landkreises zu tun", sag er. Und dafür bringt Henle auch gerne alle Energie auf, die er hat.

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