Projekt der Caritas:Hilfe für gestresste Eltern

Die Schreibaby-Ambulanz ist im ersten Jahr gut angelaufen. Doch der Name schreckt viele offenbar ab.

Anja Blum

Das Baby schläft einfach nicht ein. Oder es hört partout nicht auf zu schreien. Der Zweijährige dagegen verweigert jedes Essen, und die Dreijährige wird regelmäßig von unkontrollierbaren Wutanfällen heimgesucht. Es gibt zahlreiche Szenarien, die Eltern kleiner Kinder an den Rand des Wahnsinns treiben können - und eine Anlaufstelle für die Betroffenen: Die Schreibabyberatung der Caritas in Grafing richtet sich an alle Eltern von Babys und Kleinkindern bis drei Jahre. Seit gut einem Jahr existiert dieses kostenlose Angebot im Landkreis, mit dessen flächendeckendem Ausbau die Regierung von Oberbayern frühkindlichen Misshandlungen vorbeugen will. Bisher sind die Verantwortlichen in Grafing zufrieden: "Es läuft gut an", sagt die Chefin der Erziehungsberatungsstelle, Regina Brückner: 26 Familien habe man bislang helfen können.

Allerdings vermuten die Caritas-Mitarbeiter im Landkreis durchaus weiteren Bedarf: "Es könnten schon noch mehr Fälle sein", sagt Sozialpädagogin Angela Bredel-Michael. Das Problem liege wahrscheinlich im Namen des neuen Angebots: Der Titel "Schreibabyberatung" könnte betroffene Familien abschrecken, weil er zu eng gefasst sei, befürchten die Verantwortlichen. "Zu uns können alle belasteten Mütter und Väter von kleinen Kindern kommen - egal, welche Auffälligkeit vorliegt", erklärt Diplompsychologe Bernd Kirchhoff. Die Unzufriedenheit der Experten mit dem Titel des Beratungsangebots geht sogar so weit, dass sie überlegen, ihm einen anderen Namen zu geben. "Und damit stehen wir nicht alleine da", sagt Regina Brückner. Andere Caritas-Stellen hätten mit der Bezeichnung auch schon schlechte Erfahrungen gemacht.

Der Bedarf der hilfesuchenden Familien ist laut den Beratern sehr unterschiedlich: Die meisten Probleme ließen sich in drei, vier Sitzungen lösen, doch manche Betroffene bräuchten auch eine längerfristige, intensive Begleitung, teils über mehrere Monate hinweg. "Aber wir sind da ganz flexibel", betont Angela Bredel-Michael. Die Dauer der Beratung sei individuell und jederzeit ein kurzfristiger Termin zu haben. In dem Angebot inbegriffen seien auch Hausbesuche - ein Service, der von den Familien gerne angenommen werde. Außerdem arbeiten die Berater häufig mit Videodokumentation: Alltägliche Situationen werden gefilmt und anschließend ausgewertet.

Ziel der Beratung ist es, die Eltern von Säuglingen und Kleinkindern zu entlasten - den "Teufelskreis" von Problemen, Unsicherheit, Unzufriedenheit und weiteren Problemen zu durchbrechen. "Alle Eltern haben intuitive Erziehungskompetenzen", lautet das Credo der Fachleute - diese gingen eben nur vor lauter Stress manchmal verloren.

Im Fokus steht laut Kirchhoff bei der Beratung immer die ganze Familie: das Kind und seine möglichen Auffälligkeiten, die Eltern mit ihren individuellen Schwierigkeiten sowie die Interaktion zwischen den Beteiligten.

Die Personalkosten des neuen Beratungsangebots trägt der Landkreis, die Sachkosten - etwa für Videokamera, Laptop, Spielzeug oder Wickelkommode - hat die Regierung von Oberbayern übernommen. Vorrangiges Ziel der Verantwortlichen ist es nun, die Beratung noch bekannter zu machen, vor allem durch Kooperationen. Kinderärzte, Krippen und Hebammen seien dabei die Hauptansprechpartner.

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