Acht Worten und zwei Farben ist es gelungen, zum Gesprächsthema des Dienstags zu werden. "Herr Bauer, wir sind sauer über ihre Mauer" steht nun in schwarzen Lettern auf grünem Grund. Neue Töne auf jenem Denkmal, das erst Tage zuvor in seinem ursprünglichen Grau enthüllt worden war. Aus der Botschaft geht hervor, dass den Verfassern die negative Symbolkraft zum Thema Wiedervereinigung missfällt. Ein plausibles Statement, schließlich handelt es sich in Grafing nicht um ein Mahnmal an eine dunkle Zeit, sondern um ein Denkmal an den Tag, als diese Zeit endete.
Klar, die Aktion ist wie vieles ausbaufähig. Ästhetisch betrachtet in Handschrift wie Komposition. Und politisch, weil Christian Bauers Partei-Kompagnons Thomas Huber, Andreas Lenz und Angelika Niebler ebenso adressiert hätten gehört. Etwa so: "Lieber Lenz, wir sind keine Fans von der Grenz'". Oder: "Lieber Tom, sei so fromm, bitte kein Beton".
Die freitägliche Enthüllung der Mauer - dafür braucht man kein Enthüllungsjournalist sein - war eine ausgefeilte politische Inszenierung der Christsozialen Union. Dies haben die Jungen Grünen in einer Pressemitteilung angeführt, in der sie ihre Botschaft erklären. Ihre Aktion als Sachbeschädigung abzukanzeln führt auch deswegen auf einen Irrweg. Sollte nicht jeder Demokrat hellhörig werden, wenn Entscheidungen wie nun in Grafing fernab gewählter Gremien fallen? Wem, wenn nicht jungen Demokraten, muss aufstoßen, wenn der 30. Jahrestag der deutschen Wiedervereinigung mit dem Symbol der Spaltung zelebriert wird?
Die Erklärung der Grünen Kreisjugend zeigt, dass mehr hinter der Wandbemalung steckt als zwei Farben und acht Worte. Dass es hier junge Menschen gibt, denen etwas an Demokratie liegt. Denen bewusst ist, dass diese stets bedrohte Staatsform zu verteidigen ist. Zum politischen Verständnis möge sich nun noch ein Schuss künstlerisches Talent gesellen. So könnte man das giftige Grün mit symbolischen Rissen und Löchern überpinseln.
