Süddeutsche Zeitung

Praxis für Kultur:Kleiner Bruder aus dem Hinterhof

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"Kultursommer" Nummer 2: Sybille Fuchs organisiert in Ebersberg eine vielfältige Konzertreihe unter freiem Himmel

Von Anja Blum, Ebersberg

So langsam wird es etwas unübersichtlich: Unter dem Titel "Kultursommer" wandert derzeit eine mobile Bühne durch den Landkreis und wird von unterschiedlichen Veranstaltern bespielt - eine einmalige Initiative mehrerer Kulturschaffender. Nun aber gibt es noch einen zweiten "Kultursommer", der sich jedoch nur an einem einzigen Ort abspielt, und zwar in der Praxis für Kultur in Ebersberg, beziehungsweise in deren Hinterhof, Heinrich-Vogl-Straße 2 bis 4, zwischen Bäckerei, Friseur und griechischem Restaurant.

Der Grund dafür ist, man kann es sich denken, Corona. Seit 2015 veranstaltet Sybille Fuchs jährlich einen "Kulturfrühling" in ihrer kleinen "Praxis für Kultur" - nur 2021 war dies eben nicht möglich. Deshalb entstand nun die Idee, einen Kultursommer unter freiem Himmel zu organisieren. Also sprach Fuchs mit Eigentümern, Nachbarn, der Stadtverwaltung sowie Musikern - und zwar mit Erfolg. Herausgekommen ist ein bunt gemischtes Musikprogramm aus 14 Konzerten an drei Wochenenden Ende Juli und Anfang August. Der Eintritt ist wie immer frei - für die Künstler kreist der Hut. Nur zu gerne hätte Fuchs mit ihren Veranstaltungen den großen "Kultursommer im Landkreis" ergänzt, aber das hätten die Spielregeln der Kulturstiftung leider nicht erlaubt, erzählt sie: "Der Grund ist, dass ich mit den Musikern bereits Termine vereinbart hatte, als die Zusage des Bundes noch nicht eingegangen war - das jedoch widerspricht den Auflagen, an welche die Förderung geknüpft ist."

Los geht der bunte Reigen im Hinterhof mit Paul Stowe und Trevor Morriss: Das Duo Matching Ties ist am Freitag, 23. Juli, um 19.30 Uhr zu Gast bei der Praxis für Kultur. Das Repertoire bietet traditionelle irische, englische und schottische Folkmusik "mit einem modernen Touch". Gleich zwei Konzerte gibt es am Samstag, 24. Juli: Um 16 Uhr präsentiert der Gitarrist Oliver Jaeger sein Solo "mediterran - atlántico" mit Musik aus Europa und Südamerika. "Eine klassische Habanera neben einer Melodie aus Mali, Klänge von Flamenco, Tango, Choro und Fado, Geschichten und Fantasien aus Regionen, wo die spanische Gitarre im Lebensgefühl verankert ist." Live spielt Jaeger auch Bandoneon und, als einer von ganz wenigen, das vergessene Instrument Symphonetta. Danach, um 19.30 Uhr, gibt es "Fingerpickin' & Bottleneck Blues Guitar" von Wolfgang Kalb. Der fränkische Bluesmusiker singt alte Countryblues-Klassiker und mischt diese mit Gospelsongs oder Ragtime. Markenzeichen: raue Stimme, wilde Blechgitarre.

Wer daran Gefallen gefunden hat, sollte am Freitag, 30. Juli, um 19.30 Uhr gleich wieder in den Hinterhof gehen, denn dann gastiert dort das Duo Señor Blues aus Guido Rochus Schmidt und Tom Höhne. Die beiden Gitarristen spielen den Blues so gradlinig, als kämen sie aus Houston, Memphis oder Baton Rouge - dabei stammen sie aus Andechs und Solln. Das Programm ist eine Mischung aus Eigenem und Klassikern. Am Samstag, 31. Juli, stehen wieder zwei Konzerte auf dem Programm: Um 16 Uhr zelebriert Zebulon seine Kombination aus Tradition und Improvisation. Das Quintett spielt traditionelle Musik aus Europa: ungarisch, irisch, griechisch, rumänisch, portugiesisch, jiddish oder italienisch - aber stets mit eigenen Note. Um 19.30 Uhr präsentiert der koranische Jazzgitarrist Hyun-Bin Park "Djangology" - und Name ist Programm: Zu hören gibt es Gypsy- Swing im Stil von Django Reinhardt.

Das Duo Klangzeit kommt am Sonntag, 1. August, zu einer Matinee in den Hinterhof: Johann Zeller (Akkordeon) und Marie-Josefin Melchior (Geige) wollen um 11 Uhr erfreuen mit Weltmusik - "groovig, spritzig, frech" präsentieren sie Valse Musette, Tango, Klezmer, Czardas, Zwiefache, Lieder und Couplets. Und schon am Nachmittag um 15 Uhr geht es weiter unter dem Motto "Auf dem Weg zur Pietà": Stefan Barcsay spielt moderne Gitarrenmusik rund um das biblische Thema. Und ebenfalls am Sonntag, 1. August, um 17 Uhr kann man dann noch Gabriele O'grissek an der keltischen Harfe erleben. Ihr Soloprogramm trägt den Titel "celtic-roots - von den keltischen Wurzeln zur Worldmusik".

Bayerische Lieder zwischen Reggae, Folk und Rock 'n' Roll hat Phil Höcketstaller alias "Hundling" im Gepäck, der am Freitag, 6. August, um| 19.30 Uhr ein Solokonzert gibt. Er erzählt Geschichten aus dem richtigen Leben, aus der Vorstadt, aus Giesing, die selten geradlinig sind, aber am Ende immer positiv. Frei nach dem Motto "a bissl was geht immer". Eine Reise "von Europa nach Südamerika" unternehmen am Samstag, 7. August, um 15 Uhr Rudi Zapf (Pedalhackbrett, Vibrandoneon) und Ingrid Westermeier (Gitarre). Das virtuose Saitenduo präsentiert seine Instrumente seit 35 Jahren in einer kaum vorstellbaren Vielfältigkeit. Etwas Hausgemachtes folgt am selben Samstag um 17 Uhr: "Ein Klavier erzählt - von Ritter Rüstig und Ritter Rostig" mit Cornelia Fuchs, die in der Praxis für Kultur Klavier, Querflöte und Blockflöte unterrichtet sowie Kurse in Musikalischer Früherziehung gibt. "The next step" heißt das Programm des Ensembles Inswingtief, das den Samstag, 7. August, um 19.30 Uhr beschließt: "Tief im gemeinsamen Fundament aus Swing und Gypsy-Jazz verwurzelt, nimmt es das Quartett mit Genregrenzen nicht so genau und bereichert seinen Swing-Sound entspannt mit Anleihen aus Bossa Nova, Klezmer oder Weltmusik." Zu Ende geht der Kultursommer im Hinterhof schließlich am Sonntag, 8. August, um 11 Uhr mit dem Trio Zakk. Das Programm? "Melange 2.0 - alles außer Wienerisch".

Reservierungen sind möglich bei Sybille Fuchs, telefonisch unter (0174) 413 85 68 oder per Mail an sybille.fuchs@praxisfuerkultur.de sowie bei Cornelia Fuchs unter (08092) 852 66 19. Alle aktuellen Infos zum Wetter oder Corona gibts unter www.praxisfuerkultur.de oder per Newsletter, den man per Mail bestellen kann.

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Quelle:
SZ vom 15.07.2021
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