Präventionsprojekt:Am Rande der Belastbarkeit

Theater und Workshop gegen Depressionen und Burn-out am Markt Schwabener Gymnasium

Von Amelie Hörger, Markt Schwaben

Zwei Paar nackte Füße huschen über eine hölzerne Bühne. Sie drehen sich zu traurigen Klavierklängen, winden, verbiegen sich und beginnen dann zu hüpfen, zu tanzen. Die Füße gehören Kathrin Müller und Giorgio Buraggi von der Theatergruppe Eukitea aus Augsburg. An diesem Vormittag präsentieren sie den neunten Klassen des Franz-Marc-Gymnasiums das Stück "Am Rande des Regenbogens", in dem es um Depressionen und Burn-out geht.

Viele der Schüler sind zu Beginn irritiert, warum sie mit diesem Thema konfrontiert werden. "Das betrifft uns doch gar nicht", sagt zum Beispiel der 14-jährige Sebastian. Doch das ist so nicht richtig, wie die Entstehung des Stücks zeigt: Eine Gruppe von Psychologen sei auf das Team von Eukitea zugekommen und habe angeregt, ein Stück zu Depressionen und Burn-out zu entwickeln, erzählt Müller. Denn jeder siebte Jugendliche sei davon betroffen. Grund genug jedenfalls für die Theatergruppe, ein entsprechendes Präventionsstück samt anschließendem Workshop zu erarbeiten. Vier Jahre hat der Entstehungsprozess, stets begleitet von psychologischer Beratung, gedauert.

"Wir wollen, dass die Jugendlichen sich mit sich selbst und ihrer Lebenssituation auseinandersetzen", erklärt Müller die Grundidee. Ziel sei es, die Kinder innerlich zu stärken, einen Anreiz für Resilienz, also seelische Widerstandskraft, zu geben. Prävention ist hier das Schlüsselwort, denn junge Menschen, die bereits in einer Depression stecken, wird das Theaterstück mit seinen durchweg positiven, mitunter recht plakativen Botschaften - nach dem Motto: "das Leben ist wunderschön", "nimm Dir Zeit für dich selbst", "sag auch mal Nein" - wohl nicht erreichen.

"Am Rande des Regenbogens" begegnen die Schülerinnen und Schüler den Protagonisten Matteo und Amira. Beide sind unglücklich, denn manchmal überrollt das Leben sie wie eine Welle. So bildlich wie möglichen versucht das Stück, die Alltagsprobleme von Jugendlichen darzustellen: Zu viel Stress von zu vielen Seiten? Da wird Amira von der einen Seite der Bühne auf die andere gezogen. Abwechselnd geben die Schauspieler den Part des traurigen Teenagers, während der jeweils andere - gekennzeichnet durch einen etwas lächerlichen Hut - den positiven Gegenpart mimt, der versucht, den Teenager aus seiner Schwermut zu reißen.

Um die Eindrücke des Stück zu vertiefen, findet im Anschluss ein Workshop in Kleingruppen statt. Hier fragt Müller bei den Jugendlichen nach: "Was symbolisiert die Figur mit dem Hut für dich?" "Einfach eine Person, die mit einem redet", antwortet einer der Schüler. Ein anderer murmelt leise: "Eine innere Stimme". Müller nickt. Jeder könne selbst entscheiden, wer oder was diese Figur bedeutet, eine falsche Antwort gibt es nicht. Und je länger der Workshop dauert, desto mehr weicht die Skepsis, desto mehr öffnen sich die Jugendlichen, ergreifen auch von sich aus mal das Wort.

Im Stück schaut Amira einmal von einem Podest hinunter auf lauter bunte Kissen. "Von hier oben sehen die Menschen aus wie kleine Farbpunkte", sagt sie und verdeutlicht damit, dass man manchmal einfach nur die Perspektive wechseln muss, um die Welt mit anderen Augen zu sehen. Diese Erkenntnis aber sei nicht nur für die Schüler wichtig, sondern auch für Lehrer und Eltern, so Müller. Deswegen dürfen letztere das Stück am Abend ebenfalls erleben. Schließlich fühlt sich jeder ab und an, als würde er von einem wilden Sturm von Aufgabe zu Aufgabe gewirbelt. "Es gibt Tage, da ist alles rot und schwer, und andere, die sind grün und leicht." Den Satz gibt Müller den Jugendlichen mit auf ihren Weg. Wichtig sei nur eines: Sich immer daran zu erinnern, wie schön das Leben ist.

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