Süddeutsche Zeitung

Präsenz zeigen und Verbrecher abschrecken:Auf Streife in den Straßen Poings

Vor einer Woche hat die neue Sicherheitswacht ihre Arbeit aufgenommen. In Zweierteams unterstützen Ehrenamtliche die Polizei. Ein Rundgang mit Giuseppe Fierro und Robert Walbinger

Von Manuel Kronenberg, Poing

Sollte bei dieser Dunkelheit noch jemand am Sportplatz herumstreunen, wäre das verdächtig. Zu Fuß machen sich die drei Männer in den blauen Uniformen auf den Weg dorthin. Die kleinen Lämpchen an ihren Funkgeräten leuchten. Es ist kurz vor sechs Uhr. Der Atem der Männer gefriert in der Luft. Giuseppe Fierro zieht seine Kappe tiefer ins Gesicht. Das Wort "Sicherheitswacht" ist da auf der Hinterseite seiner Kopfbedeckung eingestickt. Fierro und der Mann, der neben ihm läuft, Robert Walbinger, sind Teil dieser neu eingerichteten Gruppe in Poing. Sie soll in Zukunft regelmäßig und in Zusammenarbeit mit der Polizei nach dem Rechten sehen.

Die blaue Mütze des dritten Mannes zeigt ein anderes Wort: Polizei. Sie gehört Helmut Hintereder. Er ist Poinger Polizeichef und heute mit dabei, weil es sich erst um den dritten Streifengang der Sicherheitswacht handelt. In der vergangenen Woche hat das Team der bisher einzigen Sicherheitswacht im Landkreis die Arbeit aufgenommen. Zuvor hatten die Männer und Frauen eine Ausbildung mit 40 Unterrichtseinheiten absolviert. Wenn die fünf Ehrenamtlichen sich einmal eingefunden haben, werden sie ihre Rundgänge in Zweiergruppen und ohne polizeiliche Begleitung absolvieren. Die Poinger Fierro und Walbinger sind schon bald bereit dafür; für beide ist es bereits der zweite Einsatz.

Im Sommer wollen sie ihre Runden später drehen

Rund um den Sportplatz passiere häufig etwas, erzählt Hintereder. Vandalismus etwa. Erst vergangene Woche haben die Streifengänger der Sicherheitswacht frische Schmierereien in den öffentlichen Toiletten neben dem Rasenplatz entdeckt. Ertappen die Wächter jemanden bei einer Straftat, können sie die Person festhalten - wie jeder andere Bürger auch. Im Zweifel, oder wenn die Gefahr zu groß ist, würden sie einen Streifenwagen anfunken. Ansonsten gehört es zu den Befugnissen der Sicherheitswächter, Platzverweise auszusprechen oder Personalien aufzunehmen. Im Fall der Schmierereien in den Sportplatzklos haben sie den oder die Täter allerdings nicht mehr erwischt.

Die drei Männer überqueren die Gruber Straße und laufen an der Mittelschule vorbei. Hintereder zeigt auf das Gebäude und wendet sich an Fierro und Walbinger. Hier komme es wohl auch öfter mal vor, dass sich Jugendliche unerlaubt auf den Zwischendächern der Schule aufhalten. Natürlich eher im Sommer, wenn es warm ist. Heute Abend ist keine Menschenseele zu sehen. "Im Sommer sollten wir vielleicht später rausgehen", schlägt Fierro vor. Erst nach acht Uhr und eventuell bis Mitternacht. Hintereder stimmt zu. Momentan sei aber eher der frühe Abend angebracht: Da sei die Gefahr am größten, dass sich Einbrecher im Schutz der Dunkelheit in Häuser wagen, in denen kein Licht brennt.

Sie gehen weiter an der Realschule vorbei, überqueren die Fußgängerbrücke, die über die Plieninger Straße führt. Zwei Jogger überholen sie. Sonst ist niemand in Sicht. So, wie sie es vermutet haben. Doch gerade als sie die Brücke verlassen, bemerken sie plötzlich eine Menschengruppe unten am Sportplatz. Wer hält sich denn im Dunkeln bei dieser Kälte noch hier auf? Die Schritte der drei Männer hallen auf den Gitterroststufen wider, als sie die Treppe hinunter zum Rasen nehmen.

Ein verdächtiges Grüppchen? Nein, doch nur Fußballer

Beim Näherkommen erkennen sie einige sportlich gekleidete Kinder und zwei ältere Jugendliche. Eine D-Jugend-Mannschaft beim Fußballtraining. Die Streifengänger sind überrascht. "Trainiert ihr hier draußen bei dieser Kälte?" "Wir müssen fit werden für die Rückrunde", antwortet einer der Jugendlichen. Nach dem Warmlaufen gehe es aber in die Halle. Dann hellt sich seine Miene auf. "Ah, ihr seid die von dieser Sicherheitswacht!" "Genau", antwortet Fierro, "insgesamt sind wir fünf Leute. Zwei Frauen und drei Männer." Er erklärt, wozu sie da sind, und dass die Sportler sie jederzeit ansprechen könnten, wenn sie etwas wissen wollen oder irgendetwas Verdächtiges bemerken.

Dass Bürger mit der Sicherheitswacht ins Gespräch kommen, ist ein Ziel der Aktion. Das Hauptanliegen ist dem Polizeichef Hintereder aber, dass die Streifengänger Präsenz zeigen und potenzielle Täter verschrecken, wie er erklärt. Es gehe um Prävention, damit erst gar keine Sachbeschädigungen oder Einbrüche geschehen. Für Walbinger, der in Pension ist und einem Nebenjob als technischer Berater nachgeht, ist es eine spannende Aufgabe. Er will sich in der Gemeinde einbringen und den Bürgern das Gefühl von Sicherheit geben.

Die Mitglieder der Sicherheitswacht kennen die Vorbehalte

Doch nicht alle wollen ihre Freiheit für diese Sicherheit eingeschränkt sehen. Fierro, der sonst in einem Sicherheitsunternehmen arbeitet, kennt die Kritik von Leuten, die sich überwacht oder verdächtigt fühlen. "Es gibt auch viele, die sagen: Ihr Hilfssheriffs, ihr Möchtegernpolizisten. Ihr macht das doch nur, weil ihr keine echten Polizisten sein könnt." Die Streifengänger von der Sicherheitswacht verdächtigten niemanden, der sich nicht verdächtig verhalte, beteuert er. "Wenn es keinen Grund gibt, sprechen wir sie auch nicht an." Fierro wolle vor allem helfen, das passe zu seinen anderen Ehrenämtern, sagt er. Er ist auch bei der Feuerwehr und beim Roten Kreuz aktiv.

Beim Rundgang an diesem Abend überprüfen Fierro und Walbinger auch noch das Parkhaus in der Nähe des Bahnhofs und drehen eine Runde durch das Einkaufszentrum. Brenzlig wird es dabei nicht. Schließlich beenden sie ihren Rundgang, bei dem alles ruhig verlief. Und so ging es vor allem um eines: Präsenz zeigen.

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SZ vom 18.01.2019/moo
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