Polizei stellt Beweise sicher:Erneut Razzia bei "Reichsbürgern"

Zwei Plieninger betreiben Werkstatt für Fantasiedokumente

Von Clara Lipkowski, Pliening

Die Kriminalpolizei hat die sogenannte "Reichsbürger-WG" in Pliening zum fünften Mal durchsucht. Mitte März hätten etwa zehn Beamte in den frühen Morgenstunden das Gebäude im Ortsteil Landsham betreten, teilte das Polizeipräsidium Oberbayern Nord am Mittwochmorgen auf Nachfrage der SZ mit. "Ziel der Polizeiaktion war es, Beweismittel sicherzustellen, die den vorliegenden Tatverdacht der gewerbs- und bandenmäßigen Urkundenfälschung und Amtsanmaßung weiter untermauern", sagte Präsidiumsleiter Hans-Peter Kammerer. Die beiden Bewohner der WG waren in der Vergangenheit immer wieder aufgefallen - und verurteilt worden - weil sie Fantasiedokumente herstellten und vertrieben, auch an Käufer außerhalb des Landkreises, die dafür ebenfalls teils belangt wurden.

Auch dieses Mal stellten die Beamten falsche Urkunden, Datenträger, einen PC und Bargeld sicher. "Die Durchsuchung selbst verlief ohne Zwischenfälle", sagte Kammerer, zur Sache äußern wollten sich die beiden jedoch nicht. "Die Auswertung der Unterlagen und Datenträger dauert an", sagte er. Im September 2018 hatte sich die Gruppierung von "Bundesstaat Bayern" in "Volksstaat Bayern" umbenannt - für die Polizei ein Zeichen, dass sie nach wie vor aktiv ist. Im Internet wirbt sie mit dem Slogan: "Holen Sie sich Ihre Staatsangehörigkeit in Bayern zurück!" Sie erkennt den Personalausweis nicht an, argumentiert, sie sei kein "Personal" der BRD und pocht darauf, dass das Deutsche Reich mit seiner Verfassung von 1871 fortbestehe. Die Website ist offen zugänglich. "Da sind wir dran", sagte Kammerer, doch sei es schwierig, dem Betreiber habhaft zu werden, da dieser die Seite offenbar aus dem Ausland steuere. Das wiederum zeige, wie vernetzt die Plieninger seien.

Dass sich die "Reichsbürger" nach der neuerlichen Durchsuchung reuig zeigen oder ihre Urkundenfälschungen aufgeben, hält Kammerer für unwahrscheinlich. Es "besteht der dringende Tatverdacht, dass die Beschuldigten wenig beeindruckt weiter strafbare Handlungen begehen." Ihnen droht eine erneute Anklage durch die Staatsanwaltschaft, eine neuerliche Verurteilung kann eine hohe Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahre bedeuten.

Zuletzt hatte die Polizei im April 2018 das Gebäude durchsucht. Schon damals stellten die Beamten ein Siegel, das offenbar zur Herstellung falscher Dokumente diente, ein Faxgerät, zwei PC und mehrere Monitore sicher. Im Kreis Ebersberg sind der Polizei zurzeit 41 Personen aus der Szene bekannt. Davon zählen derzeit sechs Personen zum "harten Kern": Sie stellen eigene Dokumente her oder wenden sich wiederholt mit reichsbürgertypischen Schreiben an Behörden, etwa um finanzielle Forderungen zurückzuweisen. Eine dieser Personen stuft die Polizei als rechtsextrem ein, einer Person wurde die Waffenerlaubnis wegen ihrer Zugehörigkeit zur Reichsbürgerszene aberkannt. "Die Person gab ihre Waffen freiwillig ab", so Kammerer.

Bislang wurden elf Personen aus der Szene vom Amtsgericht Ebersberg rechtskräftig wegen der Mittäterschaft zur Urkundenfälschung und Beihilfe zur Amtsanmaßung verurteilt. Die Geldstrafen lagen jeweils zwischen 900 und 20 000 Euro und insgesamt bei 53 000 Euro.

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