Ein Poing 2.0, unterirdisch, zum Schutz der Bevölkerung im Krisenfall – nein, das ist nicht möglich. Das machte Jürgen Rappold von der Poinger Rathausverwaltung bei der jüngsten Gemeinderatssitzung am Donnerstagabend klar. „Unsere eigentliche Rolle als Gemeinde ist die Daseinsvorsorge – die hat Grenzen“, sagte er, als er die Stellungnahme der Verwaltung zu einem Antrag aus den Reihen der SPD präsentierte. Demnach bat die Fraktion, zu prüfen, wie der Schutz der Zivilbevölkerung im Krisenfall gestärkt werden kann, etwa durch das Errichten oder Wiederinstandsetzen von Schutzräumen. Das Ergebnis: In vielerlei Hinsicht steht die zweitgrößte Gemeinde im Landkreis Ebersberg gar nicht mal so schlecht da.
Zunächst wies Rappold darauf hin, dass der Katastrophenschutz als Bestandteil der allgemeinen Gefahrenabwehr in die Verantwortung der Länder fällt – konkret ist die für Poing zuständige Katastrophenschutzbehörde das Ebersberger Landratsamt. Gemeinde und Freiwillige Feuerwehr seien dabei zur Katastrophenhilfe verpflichtet, Landratsamt und Gemeinde stünden im regelmäßigen Austausch, ein aktueller Handlungsbedarf vonseiten der Gemeinde sei nicht ersichtlich.
Einen einsatzbereiten Schutzraum gibt es in Poing nicht
Mit einem Raum im Bereich der Freiwilligen Feuerwehr verfügt Poing sogar über einen Schutzraum für etwa 325 Menschen – der ist allerdings entwidmet und nicht einsatzbereit. Er wird Rappold zufolge vom Schützenverein mit zwei Schießanlagen genutzt. Aktuell findet dort eine technische Bestandsaufnahme statt für einen möglichen Lüftungsumbau im Zusammenhang mit dem Schießbetrieb. Als einziges anderes nennenswertes unterirdisches öffentliches Gebäude nannte Rappold die Tiefgarage am Rathaus, sonstige Möglichkeiten gibt es in Poing nicht. „Insofern müssten zwingend private Immobilien in ein wirksames Konzept einbezogen werden“, allerdings finde sich die Gemeinde hierbei regelmäßig nicht lösbaren Rechtsfragen konfrontiert. „Es bleibt ein schwieriges Thema“, sagte Rappold und stellte als Beispiel die Frage: „Wer darf da rein in so einen Schutzraum?“ Die Verwaltung empfahl deshalb, das in Arbeit befindliche Konzept des Bundes in Sachen Zivilschutz abzuwarten, um dann dementsprechend konkrete erforderliche Maßnahmen zu prüfen. Dem stimmten die Gemeinderäte geschlossen zu.

Katastrophenschutz:Aufzeichnungen aus einem Kellerloch
Mit dem Krieg in der Ukraine steigt auch hierzulande der Wunsch nach mehr Sicherheit. Doch welche Form soll diese annehmen? Ein Besuch im Parsdorfer Schutzbunker mit Bürgermeister Leonhard Spitzauer.
Im Bereich der Daseinsvorsorge hat sich Poing vorbereitet, um beim Eintreten eines Krisenfalls gut aufgestellt zu sein. So wurde eine Amateurfunkverbindung zwischen dem Landratsamt und der Gemeinde positiv getestet, wie Rappold sagte. Außerdem seien Rathaus, Baubetriebshof, Feuerwehr und Polizei seit Längerem mit Notstrommöglichkeiten versorgt, zum Teil handelt es sich dabei um mobile Geräte. „Es funktioniert sogar die Notheizung bei der Polizei“, so der Ordnungsamtsleiter. Auch ein Tanklager für Einsatzfahrzeuge sei angelegt.
Die Dreifachturnhalle im Sportzentrum sei durch eine Notbeleuchtung erweitert worden, ebenso seien alle sanitären Einrichtungen barrierefrei zu erreichen und eine mobile Notstromversorgung könne eingespeist werden – alles, damit die Turnhalle als mögliche Notunterkunft funktioniert. Im Falle eines lang anhaltenden Stromausfalls ist Poing durch den am Ort ansässigen Betrieb Vemo in der Lage, für mehr als 72 Stunden im öffentlichen Bereich die Entsorgung von Schmutzwasser sicherzustellen – die Schwabener Straße mit den Hausnummern 12 bis 19 bilden eine Ausnahme. Auch die Trinkwasserversorgung ist für mehr als 72 Stunden gewährleistet. Beim Hochwasserschutzes seien ebenfalls umfangreiche Baumaßnahmen getroffen worden.

Mit Feuerwehr, BRK, Polizei, dem Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten sowie einigen örtlichen Betrieben, etwa Nahversorger, Apotheken oder Tankstellen, seien Gespräche für eine Versorgung und Betreuung im Notfall geführt worden, wie es in den Sitzungsunterlagen heißt. Entsprechend der ministeriellen Empfehlungen sieht die Gemeine Poing vor, im Fall der Fälle sogenannte „Leuchttürme“ einzurichten – gemeint sind damit zum Beispiel Notfall-Infopunkte oder Orte, an denen Nothilfe geleistet wird. Das soll in Zusammenarbeit mit der Freiwilligen Feuerwehr und dem BRK geschehen. Wo diese Leuchttürme genau sind, wann sie geöffnet haben und welche Dienstleistungen dort angeboten werden, darüber werde im Krisenfall dann gesondert informiert, „notfalls auch über Lautsprecher“.
Laut Ausarbeitung der Verwaltung liegt bei der Nothilfe der Fokus „naturgemäß auf den Einsatzkräften, Einsatzfahrzeugen und besonders hilfsbedürftigen Menschen“. In diesem Sinne seien auch Pflegeeinrichtungen abgefragt und informiert worden. Privat oder betrieblich für den Krisenfall vorzusorgen sei „zwingend erforderlich“, entsprechende Infos dazu sind nun auf der Poinger Gemeinde-Homepage zu finden. Denn auch wenn die Gemeinde wirkungsvolle Maßnahmen getroffen habe – „eine Verpflegung, Unterbringung oder Notstromversorgung von mehreren tausend Personen ist gemeindlich nicht leistbar“.
Das betonte Rappold während der Sitzung nochmals: „Der Gesunde sollte eine gewisse Eigenvorsorge betreiben.“ Dem stimmte Peter Maier als Vertreter der antragstellenden SPD zu. „Ein flächendeckender Schutz ist illusorisch – aber es ist wichtig, dass wir eine gewisse Sensibilität herstellen.“