Poing:Und dann ruft Bayern München an

Lesezeit: 3 min

Annika Wohner aus Poing darf sich seit kurzem Nationalspielerin nennen. Ein bekannter Verein hat bereits Interesse.

Porträt von Lillian Ikulumet, Poing

Der Name Annika Wohner ist vielleicht noch nicht so bekannt. Wie es aussieht, könnte sich das aber demnächst ändern. Wohner, Spitzname "Anni", ist eines der wenigen Mädchen, die in einer Buben-Fußballmannschaft spielen - und das einzige in ihrem Team. Sie trägt Nummer sechs - oder die ehrenwerte "10" - je nachdem ob sie im defensiven oder offensiven Mittelfeld aufgestellt wird. Wohner ist das Mädchen, das mit Jungen spielt. Und weil dazu auch Konkurrenzkampf gehört, bedeutet das: Es gibt keinen Bonus. Alles was zählt, ist Leistung.

Wie es scheint, hat die Poingerin dieses Prinzip recht gut verstanden, mittlerweile zählt die 14-Jährige nämlich zum erlesenen Kreis des U 15-Nationalteams. Anfang November, bei ihrem ersten Länderspiel, lief Wohner gleich von Beginn an auf, und das mit der 10 auf dem Rücken. "Als ich das Nationaltrikot anhatte, war ich ganz schön nervös", sagt sie, "besonders wenn dann die Nationalhymne gespielt wird". Dann rollte der Ball "und dann ist die Aufregung weg", sagt sie. Sonderlich erfolgreich war ihr Debüt zwar nicht, Gegner USA war zu stark, Wohner und ihre Teamkolleginnen verloren mit 1:6, gerade im Jugendbereich zählen die US-Girls aber auch zur absoluten Weltspitze. Kein Grund zur Gram also, im Gegenteil.

Mittwochnachmittag, Wohner lächelt, es sind erfolgreiche Zeiten für sie. Eigentlich hätte sie jetzt Training, gar nicht so einfach, das alles unter einen Hut zu bringen, sagt sie, das ist der Nachteil des Erfolgs. Ein kräftiges Händeschütteln, wahrscheinlich hat sie einen noch kräftigeren Schuss. Wohner hat einen recht rasanten Aufstieg hingelegt. Gestartet hat sie ihre Fußballkarriere beim SC Baldham-Vaterstetten, vor drei Jahren ist sie dann zur SpVgg Altenerding in den Landkreis Erding gewechselt. Klar, auch dort spielte sie in der Buben-Mannschaft, das ist ihr wichtig, sagt sie. Sie ist das einzige Mädchen auf dem Mannschaftsfoto, ein Stirnband hält die Haare zusammen. "Einige Jungs haben meine Fußballkompetenz bezweifelt", sagt sie. Es reichte jedoch ein Tritt auf dem Ball, um einen Gegenspieler aussteigen zu lassen, und zu zeigen, dass sie mithalten kann, mindestens. Dass sie auch in Pflichtspielen ran darf, dafür hat sie eine spezielle Genehmigung.

Geschadet hat ihr der Konkurrenzkampf mit den Jungs nicht: Erst wurde sie in die Regionalauswahl berufen. Schließlich kam der Anruf, ob sie sich nicht einmal in der nationalen U-15 Mannschaft der Frauen beweisen möge. Klar, da sagte sie ja. 1:6 - ein bitterer Auftakt? "Es hilft nichts, ich habe alles gegeben", sagt sie.

Für sie war das Debüt ein Erfolg, es bestätigt die Mühen. Einfacher wird es deswegen nicht mit den Terminen, gerade jetzt, wo zum Vereinsfußball noch internationale Spiele hinzukommen. Schließlich geht die Poingerin noch zur Schule, das soll bei all dem nicht zu kurz kommen. "Ich versuche, in beiden Bereichen fleißig zu sein", sagt sie. Das bedeutet, viel nachzuholen, etwa, wenn sie mit der Nationalmannschaft mehrere Tage trainiert oder auf Länderspielreise ist.

Fußball und Schule also. Bleibt da überhaupt noch Platz für etwas anderes? "Klar", sagt sie, die seien ihr besonders wichtig. "Wenn ich mich mit meinen Freundinnen treffe, spreche ich aber lieber über Themen wie Schularbeiten oder Einkaufen", sagt sie. An eine mögliche Zukunft als Profifußballerin will sie jetzt, mit 14, noch nicht zu viel denken, sagt sie. Sie denkt an ihr Abitur, 2020 will sie das abschließen, und nachher vielleicht Sportwissenschaft studieren.

Und natürlich weiter trainieren, der Traum vom Profifußball lebt, nicht zuletzt jetzt, wo sie weiß, wie sich das Trikot mit dem Adler anfühlt. Kürzlich kam noch ein Anruf. Der FC Bayern war dran und meldete Interesse bei ihr an. Da würde sie dann allerdings in einem reinen Mädchenteam spielen. "Also habe ich mich dagegen entschieden", sagt sie. Dzsenifer Marozsán, die Spielführerin der deutschen A-Nationalelf, sei schon ein großes Vorbild von ihr, sagt Wohner. Aber eben auch der brasilianische Superstar Neymar von Paris St. Germain. Auch der trägt schließlich die Nummer 10.

© SZ vom 25.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: