Poing:Spende für die Insolvenzmasse

"Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Umstände": Von der irrtümlichen Überweisung von einer knappen halben Million Euro an einen inzwischen bankrotten Bauunternehmer wird die Gemeinde kaum etwas wiedersehen.

Andreas Salchund Barbara Mooser

Bürgermeister Albert Hingerl spricht vom "Zusammentreffen mehrerer unglücklicher Umstände". Hinter dieser Formulierung, die Hingerl auf Anfrage in dieser Woche abgab, verbirgt sich das Eingeständnis, dass die Kommune nach jetzigem Stand der Dinge wohl oder übel einen hohen sechsstelligen Betrag in den Wind schreiben muss. Genau 468.910,65 Euro hatte ein Sachbearbeiter der Gemeinde 2002 einem inzwischen pleite gegangenen Regensburger Bauunternehmer im Zuge der Arbeiten für das Seniorenzentrum überwiesen. Allerdings tat er dies versehentlich gleich zweimal.

Auf das Konto der Kämmerei werden von der knappen halben Million Euro voraussichtlich gerade einmal noch 135.000 Euro zurückfließen. Der Insolvenzverwalter des maroden Bauunternehmens will jedoch nicht einmal das, wie er am Freitag vor dem Oberlandesgericht München (OLG) erneut klar machte. Denn das Geld gehöre zur Insolvenzmasse. Die Richter des 5. Zivilsenats vertraten indes die Ansicht, dass der Betrag der Gemeinde zusteht. Ein Urteil soll in zwei Wochen verkündet werden.

Der Sachbearbeiter, der zweimal fast eine halbe Million Euro an das Bauunternehmen überwiesen hat, bemerkte seinen "schweren Fehler" nach Angaben von Bürgermeister Albert Hingerl zwar wenig später. Auch die Rückzahlung habe die Gemeinde sofort gefordert. Weil der Bauunternehmer seinerseits aber noch Forderungen an die Gemeinde gehabt hätte, habe sich die Regulierung hingezogen. Der Regensburger Bauunternehmer unterzeichnete jedenfalls erst am 2. Februar 2004 ein Schuldanerkenntnis. Darin bürgte er persönlich dafür, dass er das zu viel überwiesene Geld erstatten werde - zwar nicht gleich, aber in Raten.

Als Grund für den Zahlungsaufschub gab er seine prekäre finanzielle Situation an. Um nicht leer auszugehen, hatte sich die Gemeinde auf den Handel eingelassen. Im Gegenzug soll sie mehrere Grundstücke als Sicherheitsleistung erhalten haben. Angesichts dessen, dass der Bauunternehmer kein Hehl daraus machte, dass ihm das Wasser finanziell bis zum Hals stehe, hätte man im Poinger Rathaus hellhörig werden müssen, findet der Anwalt des Insolvenzverwalters, Franz Goldbrunner. Aus diesem Grund müsse seiner Ansicht nach die Kommune die bis zur Pleite bezahlten Raten der Baufirma zurückzahlen. Insgesamt erhielt die Gemeinde 170.000 Euro. Da die Raten aber in einem Zeitraum erfolgt seien, in dem der Bauunternehmer sich bereits finanziell in arger Schieflage befand, müsse dieses Geld zurück in die Insolvenzmasse fließen, argumentiert der Anwalt.

Nach Überzeugung der Richter am OLG habe der Insolvenzverwalter jedoch nur einen Anspruch auf etwa 35000 Euro. Und zwar deshalb, weil es sich hierbei um Geld aus dem Vermögen der insolventen Firma handle, der Rest hingegen vom Konto der Ehefrau des Unternehmers überwiesen wurde.

Selbst wenn die Gemeinde jetzt möglicherweise nicht die ganzen 170.000 Euro zurückzahlen müsse, sei er "alles andere als zufrieden", so Hingerl am Freitag: "Aber ich muss es akzeptieren." Dass der Fall einmal so enden werde, habe nach der irrtümlichen Überweisung niemand ahnen können. Jeder sei davon ausgegangen, dass die Gemeinde früher oder später das gesamte Geld zurückerhalte.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: