Rechtsradikale Parolen:Aufkleber am Laternenmast

In Poing haben Unbekannte zahlreiche Aufkleber mit rechtsradikalen Parolen gut sichtbar angebracht. Der Staatsschutz ermittelt.

Von Anselm Schindler, Poing

Nur noch abgekratzte Reste sind von den Nazi-Aufklebern rund um die Poinger S-Bahn Station und die Anni-Pickert Grund- und Mittelschule zu sehen. "Das hat uns sehr erschreckt", berichtet Omid Atai, der die Aufkleber vor einigen Tagen entdeckte. "Mit ein paar Spezeln haben wir die dann gleich runter gemacht", erklärt Atai, der unter anderem bei den Jusos, der Jugendorganisation der SPD, aktiv ist und auch im Gemeinderat sitzt. Wie viele Aufkleber es waren und vor allem, wer sie verklebt hat, das weiß auch Atai nicht, "es waren schon einige", sagt er. Und auch die Fußgängerunterführung am Bahnhof wurde nun mit rechten Parolen beschmiert.

"Multikulti ist tot" steht auf einem der Aufkleber. Er stammt von den Freien Nationalisten Mitte (FN Mitte), einer Neonazi-Organisation aus Berlin. Die Organisation brüstet sich auf ihrer Homepage damit, zwei schwule Männer und eine Gruppe polnischer Touristen verprügelt zu haben, sie fiel bereits mehrmals durch Hakenkreuz-Schmierereien und Angriffe auf antirassistische Kultureinrichtungen auf.

Aktive Neonazis seien nicht bekannt

Omid Atai glaubt nicht, dass diejenigen, welche die Aufkleber an Poinger Laternen und an Verkehrsschildern anbrachten, auch aus Poing stammen. Einen konkreten Anhaltspunkt für diese Vermutung habe er zwar nicht, so Atai, jedoch seien ihm keine aktiven Neonazis aus seiner Gemeinde bekannt. Was aber nicht heißt, das es sie nicht gibt. Rechtsradikale wie die FN Mitte, die den sogenannten autonomen Nationalisten zuzuordnen sind agieren längst jenseits von festen Strukturen, in losen Zusammenschlüssen, die den neonazistischen Aktivismus schwer greifbar machen.

Die Gemeinde Poing ist über die Vorgänge informiert. "Wir haben auch von Pfarrer Simonsen von der evangelischen Kirche Bescheid bekommen, dass in der Nähe der Kirche solche Aufkleber waren", erklärt der Referent von Bürgermeister Albert Hingerl, Thomas Stark. Die Gemeinde habe den örtlichen Baubetriebshof angewiesen, einschlägige Aufkleber zu melden und zu entfernen. Die Staatsschutzabteilung der Erdinger Polizei, welche auch für den Landkreis Eberberg zuständig ist, hat ebenfalls Kenntnis von den rechtsradikalen Aufklebern. Auch in einem Parkhaus und in der Nähe der Gleise seien Mitte September solche Aufkleber aufgetaucht, heißt es von der Staatsschutzabteilung.

Einige der Aufkleber stammten vom III. Weg, einer Neonazi-Partei, die aus der Kameradschaft Freies Netz Süd (FNS) hervorgegangen ist. Der III. Weg wird von Szene-Kennern als große Gefahr eingeschätzt, da er vor allem junge Männer anspreche, denen die NPD zu wenig radikal sei. Als die Kameradschaft FNS im Juli vergangenen Jahres verboten wurde, fanden deren Mitglieder in der Neugründung Zuflucht, unter dem Partei-Label hofft man darauf, weiteren Verboten zu entgehen.

Auffällig: Hetze gegen linke Aktivisten

Der III. Weg ist vor allem in Bayern aktiv und gibt sich auch als kapitalismuskritisch. Doch die Kritik an internationalen Ausbeutungszusammenhängen gerinnt bei III. Weg zum antisemitischen Stereotyp des nach "ausländischem Blut" gierenden Kapitalisten. Sonstige Aktivitäten oder Mitglieder aus dem Raum Ebersberg sind - fragt man in der Staatsschutzabteilung der Erdinger Polizei nach, aber nicht bekannt.

Auffällig ist, dass sich auf vielen der Aufklebern Hetze gegen linke Aktivisten findet, "Good Night Left Side" oder "Antifa-Banden zerschlagen" steht unter anderem darauf, im Hintergrund ein bewaffneter, vermummter Mann vor einer Feuerwand. Dass die Gewaltaufrufe immer wieder in Brandanschlägen und Mordversuchen gipfeln ist bekannt.

Auch Omid Atai hatte in seiner Facebook-Freundesliste schon einen, der Posts des III. Wegs teilte. "Ist inzwischen entfreundet", sagt Atai mit einem Kopfschütteln. Ein Kippen der Stimmung kann Atai in Poing aber nicht feststellen. "Die Hilfsbereitschaft ist sehr groß", so Atai. Trotzdem gelte es, wachsam zu sein.

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