Süddeutsche Zeitung

Corona-Krise:Poinger Menschenkette: Ein Zeichen des Zusammenhalts

Die Poinger danken allen, die das gesellschaftliche Leben in der Corona-Krise aufrechterhalten haben. Und solidarisieren sich mit einer bestimmten Gruppe.

Von Florian Kappelsberger, Poing

Es ist ein ungewöhnlicher Anblick, der sich am Samstag gegen Mittag auf dem Poinger Marktplatz bietet: Rund sechzig Menschen stehen mit jeweils knapp zwei Metern Abstand nebeneinander, verbunden durch orangefarbene Bänder. Einige von ihnen halten Schilder mit einzelnen Buchstaben, man liest: Menschenkette der Solidarität.

Organisiert wird diese Danke-Demo von der Aktionsgruppe Respekt@Poing, die sich für Toleranz, Zusammenhalt und Weltoffenheit in der Gemeinde einsetzt. "Wir wollen ein Zeichen setzen für Dankbarkeit und Solidarität in Poing", erklärt Christina Tarnikas, Leiterin der Veranstaltung und Sprecherin der AG. Ziel sei es, sich bei all denen zu bedanken, die das gesellschaftliche Leben während des Lockdowns aufrechterhalten haben: Ärzte und Pflegekräfte, Lehrer und Kassierer, Polizisten und Feuerwehrleute. Diese Anerkennung gelte auch den Politikerinnen und Politikern, durch deren Entscheidungen und Maßnahmen die Pandemie bisher gut überstanden werden konnte.

So wurde in Ebersberg beispielsweise in kürzester Zeit ein Notfallkrankenhaus eingerichtet, und trotz der Ausnahmesituation konnten alle in den Landkreiskommunen anstehenden Stichwahlen um das Bürgermeisteramt organisiert werden. Doch auch das zivilgesellschaftliche Engagement in der Gemeinde soll honoriert werden, denn viele Bürgerinnen und Bürger haben in der Krise beispielsweise Alltagsmasken genäht oder die Einkäufe der Nachbarn übernommen. "Da wollen wir auch dafür werben, weiterhin solidarisch zusammenzustehen", so Tarnikas. Die Demonstration zeige sich zudem verbunden mit Künstlern, Gastronomen und allen anderen, die durch die Auswirkungen der Coronakrise betroffen oder in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht sind.

Der Himmel ist bewölkt und es ist leicht windig, aber die Teilnehmerinnen und Teilnehmer zeigen sich motiviert. Um trotz der Auflagen eine öffentliche Demonstration veranstalten zu können, hat die Aktionsgruppe ein innovatives Konzept ausgearbeitet: Jeder bekommt ein orangenes Band von knapp zwei Metern Länge, dass er zwischen sich und seinem Nachbarn spannt. Damit werde nicht nur der Mindestabstand gewährt, sagt Christina Tarnikas, sondern man signalisiere gleichzeitig Nähe und Verbundenheit. Angesichts dieser durchdachten Organisation bleibt für die Polizistinnen und Polizisten, welche die Veranstaltung beaufsichtigen, nicht viel zu tun. "Für uns ist das eine unproblematische Demonstration", teilt einer der Beamten der Polizeiinspektion Poing mit.

Die Danke-Demo steht unter der Schirmherrschaft des Poinger Bürgermeisters Thomas Stark (CSU). "Das unterstütze ich gerne", lässt er wissen. Angesichts der landesweiten Proteste gegen die staatlichen Auflagen der vergangenen Monate, an denen sich auch immer wieder Verschwörungsideologen und Rechtsextremisten beteiligen, sei diese Aktion ein wichtiges Zeichen der Solidarität. Er sei deshalb stolz auf die Gemeinde Poing, deren Bewohnerinnen und Bewohner auch während der Krise großen Zusammenhalt bewiesen haben.

So haben sich während des Lockdowns innerhalb kürzester Zeit mehr als 130 Menschen freiwillig für die Nachbarschaftshilfe gemeldet - wobei diese nur in achtzehn Fällen beansprucht werden musste. Auch sein Parteikollege, Landrat Robert Niedergesäß hat sich der Demonstration angeschlossen. "Das ist einfach schön, weil da Zuspruch gezeigt wird", freut er sich. Diese Menschenkette sei eine einzigartige Form, um öffentlich Danke zu sagen.

Insgesamt nehmen mehr als sechzig Menschen an der Danke-Demo teil. Sie habe zwar auf mehr Zulauf gehofft, gesteht die Organisatorin Christina Tarnikas, sei aber sehr glücklich über das Engagement in der Gemeinde. Am Ende geht eine La-Ola-Welle durch die Menschenkette, die Veranstaltung endet im Applaus der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Neva Deliorman, die das Banner der Aktionsgruppe Respekt@Poing getragen hat, freut sich über diese Geste der Verbundenheit. In ihren Augen sind Solidarität und Zusammenhalt enorm wichtig, gerade in dieser außergewöhnlichen Zeit. Dazu gehöre auch, auf seine Mitmenschen zu achten und sie zu unterstützen. "Dass man einfach mal sagt: Hey, brauchst du Hilfe?"

Dem stimmt auch Wolfgang Ertl zu, der ebenfalls an der Demonstration teilgenommen hat. Für ihn sei diese Menschenkette ein Zeichen der Wertschätzung und des Zusammenhalts. In den letzten Monaten habe sich besonders gezeigt, wie wichtig beispielsweise die Arbeit von Krankenpflegern ist; dementsprechend haben diese viel Aufmerksamkeit und Dankbarkeit erfahren. Er hoffe jedenfalls, dass daraus auch langfristig eine bessere Bezahlung für diese folgt. "Damit es nicht nur bei diesen Worten bleibt."

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SZ vom 20.07.2020/koei
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