Der Landkreis Ebersberg soll die in Grafing-Bahnhof geplante Berufsschule von einem privaten Investor bauen lassen. Dies fordert nun die CSU/FDP-Fraktion im Kreistag. Die Idee dahinter ist, dass der Landkreis so die beiden großen Schulprojekte – neben der Berufsschule auch das Poinger Gymnasium – angesichts leerer Kassen einfacher umsetzen kann. Darüberhinaus sollen beide Vorhaben auf das absolute Minimum heruntergefahren werden.
In einem Pressegespräch am Mittwoch erläuterten Fraktionschef Martin Wagner, seine Parteifreunde Martin Lechner und Josef Oswald sowie für die FDP Alexander Müller, wie sie sich das Konzept genau vorstellen. An der Zielsetzung, sowohl beide Projekte umzusetzen als auch, dies zur gleichen Zeit zu tun, halte man fest – jedenfalls wenn möglich. Denn der Vorschlag beinhaltet auch eine Art Vorfahrtsregel für das Gymnasium: Sollte das PPP-Modell – das steht für Public Private Partnership – nicht möglich sein, soll der Bau der Berufsschule verschoben werden.
Nicht alle Fraktionsmitglieder sind mit dem neuen Vorschlag einverstanden
Dieser Punkt sei in der Fraktion nicht unumstritten gewesen, räumt Wagner ein, letztlich habe man aber bei drei Gegenstimmen – die Fraktion hat 26 Mitglieder – diesen Satz beschlossen. Ohnehin sei er zuversichtlich, dass sich ein Investor finden lasse, so Wagner. Müller verweist auf die schwierige Auftragslage beim Wohnungsbau, da hätten sicher einige Interesse, sich an einem Schulbau zu versuchen.
Wobei es damit natürlich nicht getan ist, Hintergrund ist ja schließlich, den Landkreis finanziell zu entlasten. Dies soll im Fall der Berufsschule dadurch geschehen, dass die Beiträge, die der Landkreis an den Investor für Unterhalt und Abschreibung zahlen muss, möglichst der Summe entsprechen, die durch Gastschulbeiträge eingenommen wird. Die Rechnung ist im Prinzip nicht neu, schon in der Vergangenheit wurde darauf verwiesen, dass die Kompensation aus anderen Landkreisen für das Beschulen von deren Azubis die hiesige Schule großteils finanzieren würden.
Allerdings eben nur die laufenden Kosten, betont Oswald, den Bau hätte nach wie vor der Landkreis zu bezahlen – und letztlich die Kommunen. Schließlich müsste, um die für den Bau nötigen Kredite zu tilgen, die Kreisumlage erhöht werden. Würde jedoch ein Investor in Vorleistung gehen und der Landkreis diese Kosten dann über 30 Jahre quasi abstottern, käme man ohne neue Schulden und ohne höhere Kreisumlage aus – zumindest für die Berufsschule.
Denn etwas steigen würden die Zahlungen an den Kreis auch nach dem CSU-Konzept, das Gymnasium würde demnach nämlich nicht privatisiert. Dies ergäbe keinen Sinn, so Wagner, schließlich kämen da kaum Gastschulbeiträge zusammen, der Landkreis müsste also den Investor aus eigener Tasche bezahlen, da könne man gleich die Kredite selber tilgen.
Die Kreisumlage müsste weniger stark steigen, würde man nur eine Schule selber bauen
Allerdings mit einer längeren Laufzeit als bisher: Die CSU/FDP-Fraktion schlägt vor, statt 20, wie es bei Landkreisprojekten sonst üblich ist, hier ausnahmsweise auf 40 Jahre zu gehen. „Sonst nehmen wir den Gemeinden zu viel Liquidität weg“, so Lechner. Ein bisschen müssen die Städte und Gemeinden indes auf Geld verzichten, nach dem Konzept müsste die Kreisumlage um 1,1 Punkte steigen, was nach aktueller Umlagekraft insgesamt eine Mehrbelastung von rund 2,49 Millionen Euro bedeuten würde.
Die zweite Säule des Konzepts ist ein rigoroses Sparprogramm: So sollen beide Schulen nur in dem Rahmen gebaut werden, wie es für die entsprechende Maßnahme Fördergeld gibt. Für Poing hat man drei Dinge identifiziert, auf die verzichtet werden soll. Zum einen die Tiefgarage – es wäre die einzige unter einer Landkreisschule –, zweitens eine über den Schulbedarf hinausgehende Turnhalle und drittens eine Tribüne für Freizeitsport.
Auch in Grafing könnte man bei den Parkplätzen sparen, eine Mensa sei ebenso wenig nötig wie eine Turnhalle, gegebenenfalls könne man diese auch später errichten. Die Schule selbst soll so geplant werden, dass sie in vier sogenannte Module zerfällt – diese werden einzeln und im Abstand von Jahren errichtet, je nach Bedarf. Schließlich steht noch nicht endgültig fest, welche Berufe in Grafing einmal unterrichtet werden sollen.
Eine solche Fragmentierung ist in Poing zwar nicht möglich, mehrere Bauabschnitte halten CSU und FDP indes für realistisch. Die neue Schule soll inklusive Erweiterung geplant werden, diese wird dann aber erst bei Bedarf umgesetzt. Außerdem soll nicht wie bisher zum Start mit einer Kapazität von 1000 Kindern, sondern lediglich mit 700 kalkuliert werden. Dies, so Wagner, sei angesichts der aktuellen Schülerzahlen und der im Umkreis vorhandenen Gymnasien realistisch.
In der Herbstsitzung des Kreistages soll über das CSU/FDP-Konzept beraten werden
Insgesamt rechnet man durch die Einsparungen mit Baukosten für den ersten Bauabschnitt des Gymnasiums in Höhe von 57 und für die Berufsschule – mit allen vier Modulen – von 72 Millionen Euro. Die Zeitschiene könnte sich durch die von CSU und FDP vorgeschlagene Vorgehensweise etwas nach hinten verschieben, sagt Wagner, dafür werde die Umsetzung voraussichtlich schneller gehen. Er rechnet aber nicht damit, dass der aktuelle Kreistag noch den entsprechenden Beschluss fassen wird.
Das nun vorgestellte Konzept soll dagegen bereits in der Herbstsitzung des Gremiums behandelt werden, wenn es um den neuen Haushalt und die Frage geht, was von der Warteliste genommen werden kann. Bis dahin, so Wagner weiter, wolle man den Vorschlag mit den anderen Fraktionen besprechen – CSU und FDP brauchen im Kreistag rein rechnerisch vier Stimmen aus anderen Parteien, soll das Konzept beschlossen werden. „Ich glaube, dass wir uns einigen können“, gibt sich der Fraktionschef zuversichtlich – fügt aber an: „Ich glaube nicht, dass es in dieser Form durchgeht.“