Süddeutsche Zeitung

Bildung im Kreis Ebersberg:Poinger Gymnasium soll 2024 eröffnet werden

Ob der Zeitplan eingehalten werden kann, ist aufgrund mehrerer Faktoren unklar.

Von Andreas Junkmann, Ebersberg/Poing

Eine alte Schulweisheit besagt ja bekanntlich, wer viel fragt, der lernt viel. Die Fragen aber, die sich im Zusammenhang mit dem Bau des Gymnasiums in Poing stellen, haben mit Erkenntnisgewinn eher wenig zu tun. Da wäre zum einen die finanzielle und zeitliche Planungsunsicherheit bedingt durch die Coronakrise, zum anderen das laufende Normenkontrollverfahren der Nachbargemeinde Pliening gegen den Bebauungsplan. Immerhin in einem Punkt herrscht nun etwas mehr Klarheit: Der Landkreis hat einen ersten Entwurf für ein pädagogisches Raumkonzept der neuen Schule vorgestellt.

Das Poinger Gymnasium soll neben dem Berufschulzentrum in Grafing-Bahnhof das zweite bildungspolitische Großprojekt in den kommenden Jahren werden. Einer ersten groben Schätzung zufolge, soll die Schule knapp 60 Millionen Euro kosten. Wie viel der Landkreis aber tatsächlich bezahlen muss, lässt sich derzeit schwer voraussagen. Die im Masterplan Schulen aufgeführten Summen seien angesichts der unsicheren Wirtschaftslage mit Vorsicht zu genießen, sagte Hubert Schulze, Sachbearbeiter für Bildungsthemen am Ebersberger Landratsamt, im Rahmen der jüngsten Sitzung des Ausschusses für Soziales, Familien und Bildung (SFB). In eben jenem Plan ist für das Poinger Großprojekt ein Baubeginn für 2022 vermerkt, fertiggestellt werden soll die Schule dann 2024. "Dann greift das G9 wieder. Unser Ziel ist es, das Gymnasium bis dahin in Betrieb zu nehmen", sagte Landrat Robert Niedergesäß (CSU) in der Sitzung.

Ob die dann 1000 Schülerinnen und Schüler aber tatsächlich pünktlich in ihren Klassenzimmern sitzen, kann im Moment niemand mit letzter Sicherheit sagen. Zumal neben der Planungsunsicherheit durch Corona auch noch eine weitere Hürde zu beseitigen ist: Derzeit verhindert ein von Pliening angestoßenes Normenkontrollverfahren jegliche Bauaktivitäten am vorgesehenen Standort.

Die Schule nämlich soll auf einer Fläche von dreieinhalb Hektar direkt anschließend an das neue Poinger Wohngebiet W7 "Lerchenwinkel" gebaut werden. Gegen eben jenes hat die Nachbargemeinde aber ihr Veto eingelegt, weil sie eine Lärmbelastung durch den zusätzlichen Verkehr befürchtet. Derzeit werde die verkehrstechnische Erschließung gutachterlich überprüft, ist nun aus dem Landratsamt zu erfahren. Das Ergebnis könnte der Behörde zufolge im Herbst dieses Jahres vorliegen.

Die Pläne für das Raumkonzept werden konkreter

So wenig greifbar die eigentliche Baumaßnahme derzeit noch ist, so konkreter sind die Pläne inzwischen, was das pädagogische Raumkonzept angeht. Ein solches hat der Landkreis nun erstellt und in Person von Hubert Schulze im SFB-Ausschuss präsentiert. Der Entwurf war dem Sachbearbeiter zufolge eigentlich erst für einen späteren Zeitpunkt geplant, auf Drängen der Schulaufsicht der Regierung von Oberbayern habe man aber bereits jetzt ein erstes Konzept erstellt. "Wir mussten aber etwas improvisieren, weil es ja noch keine Schulfamilie gibt."

Herausgekommen sei eine Zusammenstellung, die dem Bedarf für ein modernes Gymnasium entspreche, so Schulze. Auf insgesamt knapp 10 500 Quadratmetern Fläche inklusive Sportanlagen soll ein naturwissenschaftlich-technologischer Zweig, ergänzt durch den ersten wirtschaftswissenschaftlichen Zweig im Landkreis, angeboten werden. Unter anderem sollen die Klassenzimmer in sogenannte Cluster zusammengefasst werden, um einzelne Fachrichtungen - etwa Informationstechnologie, Naturwissenschaft oder Kunst - auch räumlich zu bündeln. Ähnlich wie in Vaterstetten, soll die Aula multifunktional nutzbar sein und mit einer Bühne ausgestattet werden. Im Außenbereich wird es laut Konzept einen Schulgarten geben und etwa 700 Fahrradstellplätze, denn am Landratsamt rechnet man damit, dass viele Schüler aus der nahen Umgebung mit dem Rad zur Schule kommen werden.

Trotz der zeitlichen Entzerrung durch die Rückkehr zu G9, soll weiterhin eine Ganztagsbetreuung angeboten werden. Diese ist in Poing für 145 Schüler ausgelegt. Für den Schulsport ist dem Konzept zufolge eine Vierfachturnhalle mit kleiner Tribüne geplant. Sollten auch die Poinger Vereine dort Sport treiben wollen, müsste die Gemeinde die Kostendifferenz für eine größere Halle übernehmen. Von der neuen Schule sollen aber nicht nur die Schüler im Landkreisnorden profitieren, laut Schulze ist auch eine bisher noch nicht näher definierte Kooperation mit der Korbinianschule im Einrichtungsverbund Steinhöring geplant.

Obwohl bis zu Baubeginn noch viel Zeit vergehen wird, verstrickte sich so mancher Kreisrat im SFB-Ausschuss bereits jetzt in die Feinheiten des Entwurfs. Für Johannes von der Forst (Grüne) etwa waren die geplanten fünf IT-Räume zu viel, er plädierte dafür, dass besser die Klassenzimmer so ausgestattet werden sollen, dass die Schüler dort digital arbeiten können. Omid Atai (SPD) vermisste einen SMV-Raum, eine eigene Bibliothek und gab zu bedenken, dass eine Schule ja auch ein Kulturzentrum für den Ort sei. Auch das fehle ihm in dem Konzept.

Bevor die Wunschliste allerdings unübersichtliche Ausmaße annehmen konnte, beendete Landrat Niedergesäß die Debatte mit dem Hinweis, dass man derzeit noch gut im Zeitplan liege und es noch reichlich Möglichkeiten gebe, Ideen einzubringen. "Nehmen Sie das Konzept als Grundlage für den weiteren Weg." Auch Schulze sagte, dass der Entwurf noch keinesfalls bindend sei, den endgültigen pädagogische Plan werde erst die neue Schulleitung erstellen. Wenn es soweit ist, dürften sich dann auch viele der Fragezeichen, die im Moment noch über dem Projekt schweben, aufgelöst haben.

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SZ vom 25.05.2020/koei
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