Bau- und Umweltausschuss Poing:Fernwärme soll in Poing wieder günstiger werden

Bau- und Umweltausschuss Poing: Poing ist die bisher einzige Gemeinde im Landkreis, in der Geothermie genutzt wird.

Poing ist die bisher einzige Gemeinde im Landkreis, in der Geothermie genutzt wird.

(Foto: Christian Endt)

Die Wachstumsgemeinde profitiert in Zeiten explodierender Energiepreise von der Geothermie. Auch die neuen Wohngebiete können größtenteils mit Wärme aus der Erde versorgt werden. Ganz unabhängig von Erdgas ist man zwar noch nicht, Verbraucher sollen aber durch ein neues Preismodell entlastet werden.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Die Ängste der Bürgerinnen und Bürger über kalte Wohnungen steigen in dem Maße, wie die Nachrichten über steigende Energie- und Heizkosten zunehmen. Das wusste Poings Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) in der Sitzung des Bau- und Umweltausschusses am Dienstag zu berichten: "In der Telefonsprechstunde erzählen mir viele von ihren Ängsten vor diesem Winter", sagte Stark. Aufgrund der steigenden Preise und der Frage nach der Versorgungssicherheit hatte man sich entschieden, einen Statusbericht des Geothermiekraftwerks Poing einzuholen.

Diesen Bericht präsentierte Robert Budde von der Bayernwerk Natur GmbH, die das Kraftwerk betreibt. Er zeigte sich stolz auf die Entwicklung der Geothermie in Poing. 54 Millionen Euro habe man in die Anlage und das Fernwärmenetz bereits investiert, und das Kraftwerk habe "Vorbildcharakter" für andere Städte und Gemeinden. Mittlerweile gingen 80 Prozent der Fernwärme von Bayernwerk Natur in Poing auf Geothermie zurück. "Leider Gottes", so Budde, "haben wir aber auch immer noch einen Anteil von 20 Prozent Erdgas." Man sei dadurch auch abhängig von Russland und den Preissteigerungen der vergangenen Zeit.

Das betrifft auch die circa 4000 Endkunden, die in Poing pro Jahr 54 000 Megawattstunden Wärme beziehen. Zum 1. Juli 2022 habe sich der Preis pro Megawattstunde im Vergleich zum Vorjahresstichtag verdoppelt, von etwa 75 Euro auf 150 Euro, so Budde. Der Preis berechnet sich dabei nach einer Formel, in der sowohl ein Fixpreis eingearbeitet ist als auch die derzeitigen Marktkosten für Strom und Gas.

Die Fernwärmeerzeugung soll bis 2030 klimaneutral werden

Soviel zum derzeitigen Zustand des Geothermiekraftwerks. Budde sprach jedoch auch über die Pläne der Bayernwerk Natur GmbH, sich in Anbetracht der derzeitigen Lage weiterzuentwickeln. So soll die Geothermie in Poing weiter ausgebaut werden. Budde sprach davon, das neue Wohnquartier W8 mit Fernwärme zu versorgen, ebenso die wenigen Teile des Gewerbegebiets, die sie nicht eh schon beziehen. Auch Siedlungen in Poing Süd und in den Quartieren W3 und W4 würden geprüft, auch wenn es unklar ist, ob ein Ausbau hier realisierbar ist. Insgesamt will die Bayernwerk Natur GmbH ein Wachstum auf 65 000 Megawattstunden bis 2025 erreichen.

Dabei will die Firma selbst bis 2030 klimaneutral werden. Dazu habe man einen neuen Bereichsleiter ernannt und sei im Begriff, eigene Photovoltaikanlagen zu installieren, erklärte Budde. Bereits jetzt sei die Produktion von Geothermie sehr klimafreundlich, der Ausstoß von Treibhausgasen liege bei etwa 0,060 Kilogramm CO2 pro Kilowattstunde. Zum Vergleich, die Erdgaskessel stoßen etwa 0,220 Kilogramm CO2 pro erzeugter Kilowattstunde aus.

Deswegen sei man sehr darum bemüht, die Erdgaskessel auf Dauer zu ersetzen, erklärte Budde. Einen großen Schritt in diese Richtung habe man bereits 2021 eingeleitet: den Erwerb einer neuen Großwärmepumpe. Sie soll Ende 2023 einsatzbereit sein und zwölf Prozent der Wärmeerzeugung leisten. Ein Restbestand an Erdgas oder Öl würde dabei erhalten bleiben. Das sei aber nicht unbedingt nachteilig, sagte Budde, da man dadurch zusätzliche Kapazitäten für die kältesten Wintertage bereithalte.

Neues Preismodell mit höherem Fixanteil soll Kosten konstant halten

Diese Bemühungen sollen abermals den Kunden zugute kommen. Die Bayernwerk Natur GmbH plant, das Preismodell zu "harmonisieren", um die Kosten für Wärme auf einem erträglichen Niveau zu halten. Dafür soll der Fixanteil in der Berechnung des Preises verdoppelt werden, von einem Viertel auf die Hälfte. "Das hat verschiedene Vorteile", so Budde. Eine Preisanpassung gäbe es nur noch einmal im Jahr und der Arbeitspreis würde langfristig stabilisiert werden - Budde sprach von 20 Jahren Preisgarantie, ermöglicht durch die Wärmepumpe und die hauseigene Photovoltaikanlage.

Herauskommen soll dabei ein Preis, der 20 bis 30 Prozent unter dem liegt, was ohne Anpassung passiert wäre: brutto etwa 110 Euro pro Megawattstunde, beginnend zum 1. Januar 2023. Budde verhehlte dabei nicht, dass dieses Modell auch einen Nachteil hat: Sollten die Energie- und Gaspreise in Zukunft einbrechen, würde der neue, hohe Fixanteil der Kosten dafür sorgen, dass der Preis pro Megawattstunde höher liege als bei anderen Anbietern.

Er hielt dieses Szenario jedoch für sehr unrealistisch. Er ging viel eher davon aus, dass die Bundesregierung in Zukunft durch Abschlagzahlungen dafür sorgen würde, dass die Preise für Energie und Gas auf einem hohen Niveau stabil bleiben würden. Das neue Preismodell ist also dafür ausgelegt, die Preise stabil zu halten. Bürgermeister Thomas Stark zeigte sich beeindruckt von dieser Lösung: "Eine Preisreduzierung von 30 Prozent zum 1. Januar, das gibt's sonst nirgends."

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: