Poing:Ein Ort wird zur Galerie

Kunst in der Kirche, skurrile Formen aus Gummi - und Mister Poing zeigt sein Hinterteil: Die erste "Lange Nacht der Kunst" wird von den Poingern gut angenommen.

Sara Zinnecker

Es gehört schon eine Portion Mut dazu, ausgerechnet zum Wiesnauftakt eine Premiere zu wagen, die auf Publikum hofft und dieses auch noch mit Bildern und Skulpturen locken will: Die Poinger wurden indes am Samstagabend für dieses Risiko belohnt: Ihre erste "Lange Nacht der Kunst" kam gut an. Elf Orte zugleich in eine Galerie zu verwandeln, stieß auf Gefallen. So nahmen sich die Poinger Zeit, das Park- oder Bürgerhaus, die evangelische Kirche oder private Ateliers aufzusuchen, wo 38 Künstler bis Mitternacht Arbeiten in einem breit gefächerten Spektrum präsentierten.

Poing: Stationen der Kunst: Die Installation im Osterfeld-Atelier lädt zum Verweilen ein. Von der Decke baumeln Sinnsprüche.

Stationen der Kunst: Die Installation im Osterfeld-Atelier lädt zum Verweilen ein. Von der Decke baumeln Sinnsprüche.

(Foto: Christian Endt)

So seien die meisten Menschen in den frühen Abendstunden in das Bürgerhaus gekommen, berichtete Ivan Khan. Er gehört der Künstlergruppe "Poinger Galerie" an, die hier noch bis Mitte Oktober ausstellt. Der Cafébereich im Erdgeschoss lud dazu ein, dem Sommerausklang zum Trotz noch einmal in Urlaubserinnerungen zu schwelgen. Neben den "Spanischen Nächten" fanden sich hier eine schlichte Tavernenszene aus Griechenland, die "Steife Brise" an der See oder der exotisch anmutende "Pink Flamingo".

Versteckt inmitten von Wohnhäusern empfing die Evangelische Christuskirche ihre Besucher mit den farbenkräftigen, jedoch zugleich versonnen anmutenden Aquarellen von Hildgard Bräu. Ihre Motive aus Poing und Markt Schwaben waren dabei äußerst detailgetreu abgebildet und weckten so die Neugierde selbst alteingesessener Poinger. "Da muss ich unbedingt auch einmal hin", meinte eine kunstinteressierte alte Dame beim Anblick eines wilden am Stadtrand gelegenen Gartens.

Besonders hatten es den Besuchern auch die beiden oberen Decks des Parkhauses am Bahnhof angetan. Ein Kommen und Gehen sorgte für regen Betrieb in den seitlichen Treppenaufgängen. Auf den weitläufigen Parkdecks selbst aber verlief sich der Andrang und es war ausreichend Raum, um die Bilder und Gummiobjekte von Peter Böhms "vulc-art" auf sich wirken zu lassen.

Reges Interesse

Wie sich die Poingerin Helena Ott von dem Künstler erklären ließ, seien die ausgestellten zum Teil skurrilen Formen aus schwarzem Gummi reine Zufallsprodukte, Überbleibsel aus der Einpressung von Gummi in eine Form. Die zahllosen bunten Plastikdeckel, wie sie Norbert Haberkorn etwa auf einen säulenartigen Unterbau geklebt hatte, hoben sich auf der obersten Parkebene schließlich eindrucksvoll vom Grau des Betons ab. Der Location wurde so ein ganz eigener Flair zuteil.

Für alle frierenden Parkdeckbesucher bot die angrenzende VHS dann ein wohliges Ambiente, in das sich Inge Schmidts Skulpturengruppe gut einpasste. Besonders amüsierten hier die Namen, mit denen die Künstlerin ihre aus Speckstein gefertigte Kreationen bedacht hatte. So trug das adrette Hinterteil eines Torso etwa den Titel "Mr. Poing".

Im Atelier Orth in Alt-Poing war der Besucherandrang erst am späteren Abend abgeklungen. Es war nun genug Raum, um die geschmiedeten und geschweißten Figuren aus der Nähe zu betrachten und sie mit den übergroßen Fotografien an den Wänden abzugleichen.

Der Künstler Karl Orth freute sich dabei über das rege Interesse der Poinger, von denen viele das erste Mal seine ganzjährig geöffnete Ausstellung besuchten. "Im Rahmen einer solchen Veranstaltung sinkt die Hemmschwelle", vermutete er. Christa Bauer-Germeier, die gemeinsam mit ihrer Tochter an diesem Abend die Kunst erkundete, stimmte zu: "Man fühlt sich nicht so beobachtet, ist nicht allein und traut sich eher, den Künstler direkt anzusprechen." Ebenfalls positiv überrascht und beeindruckt vom Interesse der Poinger zeigte sich die Bildhauerin Christine Seehafer. "Poing bewegt sich", lautete ihr in jedem Fall positives Fazit.

Gute Laune sprach schließlich aus den Bildern von Vera Scherft. Die gebürtige Brasilianierin hatte in privater Atmosphäre, in den eigenen vier Wänden ausgestellt. Und wie ihre Malerei immer aufs neue überraschte und keiner einheitlichen Linie folgte, lobte die Poinger Grafikdesign-Studentin Martina Niklas die Vielfalt des Abends. "Ich finde die Veranstaltung gut, weil man einmal sieht, welche verschiedenen Arten von Kunst es in Poing überhaupt gibt."

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: