Poing:Ein Knall, dann Rütteln

In Poing bebt am 9. September erneut die Erde - das löst einige Beunruhigung aus. Ob die nahegelegene Geothermie die Ursache ist, soll Thema eines Forschungsprojekts werden

Von Barbara Mooser, Poing

Erst erschreckt die Poinger an diesem Samstagabend im September ein lauter Knall, danach zittert sekundenlang die Erde. Bei der Polizei gehen zahlreiche Notrufe ein, es werden sogar Schäden an Häusern gemeldet. Eine Magnitude von 2,1 auf der Richterskala hat das Erdbeben, das Poing am 9. September um 19.20 Uhr erschüttert. Es ist nicht das erste Mal, dass in der Gemeinde im Landkreisnorden der Untergrund in Bewegung gerät: Bereits 2016 hatten Seismologen vier Beben in Poing und Umgebung registriert, zwei davon spürbar. Weil der Untergrund in der Münchner Schotterebene eigentlich als tektonisch stabil gilt, gerät bei der Suche nach den Ursachen für das neue Beben erneut die Geothermie in den Fokus.

Denn in der Nähe des Ortes, der als Epizentrum lokalisiert wird, befördert die Bayernwerk Natur GmbH, welche die Anlage betreibt, das abgekühlte Thermalwasser zurück in den Boden. Seismologen des Erdbebendienstes Bayern vermuten, dass sich durch das kühlere Wasser Spannungen im Inneren der Erdschichten entladen. Auf Druck der Gemeinde wird nach dem Beben die Geothermieanlage zunächst abgeschaltet, der Betreiber betont aber, dass dieses Entgegenkommen nicht als Schuldeingeständnis zu verstehen sei. Ein Gutachten des Leibniz-Instituts für Angewandte Geophysik, das schon nach den Beben 2016 beauftragt wurde, bringt nicht den erhofften Aufschluss über die Ursachen der Erdstöße - dass die Geothermie sie ausgelöst hat, kann aufgrund mangelnder Daten weder bestätigt noch ausgeschlossen werden.

Immerhin aber geht die führende Erdbebenexpertin Inga Moeck davon aus, dass die Poinger Beben nicht viel Schaden anrichten können, sie vergleicht die durch die Beben ausgelösten Schwingungen mit denen, die ein schwerer Lkw auslöst, wenn er über eine holprige Straße rattert. Dennoch melden nach dem Beben vom September etwa 50 Poinger Risse und andere Schäden in ihren Häusern, Zug um Zug sollen diese von Gutachtern überprüft werden.

Die Gemeinde reagiert auf die Unsicherheit, die nach den Beben herrscht, und lädt im November mit der Bayernwerk Natur GmbH zu einem Informationstag zum Thema Geothermie ein. Die Poinger können dabei nicht nur einen Blick hinter die Kulissen werfen, sondern an Infoständen in der Dreifachturnhalle ihre Fragen direkt mit den Erdbeben- und Geothermiefachleuten diskutieren. Eines zeigt sich dabei schnell: Sowohl die Poinger als auch die Seismologen würden gern dem Beben genauer auf den Grund gehen. Ein Forschungsprojekt könnte mit Hilfe von 3-D-Seismik Einblick in die Beschaffenheit des Untergrunds und die Wechselwirkungen mit der Geothermie geben. Auch die Poinger könnten, so die Idee der Forscherin Inga Moeck, ihre Beobachtungen beitragen. Die Gemeinde unterstützt die Idee, ob sie sich realisieren lässt, wird sich 2018 zeigen.

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