Gebundene Ganztagsklassen in Poing:Zu wenig Anmeldungen

Gebundene Ganztagsklassen in Poing: Den gebundenen Ganztag gibt es an der Anni-Pickert-Grundschule seit dem Schuljahr 2006/2007.

Den gebundenen Ganztag gibt es an der Anni-Pickert-Grundschule seit dem Schuljahr 2006/2007.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

In der ersten Jahrgangsstufe der Anni-Pickert-Grundschule in Poing wird es im kommenden Schuljahr keine gebundene Ganztagsklasse geben. Ein offenes Ganztagsangebot soll die Nachmittagsbetreuung sicherstellen.

Von Johanna Feckl, Poing

Gerade einmal zwölf von insgesamt 46 Kindern waren für die gebundene Ganztagsklasse in der ersten Jahrgangsstufe an der Anni-Pickert-Grundschule in Poing angemeldet. Das ist zu wenig, um eine Klasse bilden zu können. Deshalb wird es im kommenden Schuljahr 2022/2023 keine gebundene Ganztagsklasse in der ersten Jahrgangsstufe geben. Das wurde in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats bekannt. Stattdessen soll ein offenes Ganztagsangebot etabliert werden. Das bilinguale Angebot, das bislang an den gebundenen Ganztag gebunden war, soll als Halbtagsklasse weitergeführt werden. Derzeit sind dafür 27 Kinder angemeldet. Außerdem werden die Verträge der Eltern, die ihre Kinder für die Mittagsbetreuung angemeldet haben, in den offenen Ganztag umgewandelt - denn beide Angebote werden nicht parallel von der Regierung gefördert.

Ein allgemeines Aus für den gebundenen Ganztag bedeutet diese Entwicklung jedoch nicht, wie Schulleiterin Eva Guerin und Erster Bürgermeister Thomas Stark (parteilos) auf Nachfrage betonen: Sobald sich in einem künftigen Jahrgang wieder genügend Kinder anmelden, sollen sie auch wieder in Form einer gebundenen Ganztagsklasse die Schule besuchen können. Auf den bereits bestehenden gebundenen Ganztag, der von September an dann die zweite bis vierte Jahrgangsstufe betrifft, hat die aktuelle Entscheidung keinen Einfluss.

Seit einiger Zeit beobachtet Schulleiterin Eva Guerin den Trend, dass Eltern für ihre Kinder den offenen Ganztag bevorzugen

"In den Ganztagsklassen haben wir generell um einiges weniger Schülerinnen und Schüler als in den Regelklassen", sagt Eva Guerin zur SZ. Seit einiger Zeit schon beobachte sie den Trend, dass Eltern ihre Kinder lieber in einem offenen als in einem gebundenen Ganztag wissen möchten. Ob diese Entwicklung gut oder schlecht für die Kinder ist, bewertet Guerin nicht. "Wir sehen uns als Dienstleister der Schüler und ihrer Eltern, deshalb richten wir uns nach den aktuellen Wünschen, um passgenau dafür ein Angebot bieten zu können." Durchaus möglich, dass es in ein paar Jahren einen gegenteiligen Trend gibt oder eine komplett neue Unterrichtsform - dann werde die Schule dementsprechend darauf reagieren.

Aber warum melden immer weniger Eltern ihre Erstklässler für den gebundenen Ganztag an? "Es gibt den unterschwelligen Vorwurf, man bewirbt ihn zu wenig", sagt Bürgermeister Stark. Davon hält er wenig. Er stimmt mit Schulleiterin Guerin überein: Eltern wünschen sich für ihre Kinder mehr Flexibilität an den Nachmittagen - etwas, das im gebundenen Ganztag nicht möglich ist. Denn dort haben die Schülerinnen und Schüler definitiv bis halb vier Uhr nachmittags Unterricht. "Am Nachmittag dann noch zum Reiten oder Ballett geht nicht." Bürgermeister Stark erzählt von Gesprächen mit Eltern, die deshalb den offenen Ganztag bevorzugen würden: Hier können die Kinder zwischen zwei und vier Nachmittagen pro Woche in der Schule sein, der Rest ist Freizeit.

Die Betreuung im offenen Ganztag stellt Personal der Kolpingfamilie als Kooperationspartner sicher

Statt eines Regelunterrichts am Nachmittag gibt es im offenen Ganztag eine Hausaufgabenbetreuung - jedoch nicht von den Lehrkräften der Anni-Pickert-Grundschule, sondern vom Personal des Kooperationspartners, der in diesem Fall die Kolpingfamilie sein wird. Eva Guerin sieht darin durchaus einen Vorteil gegenüber des gebundenen Ganztags. "Die Schüler sitzen nicht den gesamten Tag über in derselben Schulbank, sondern wechseln auch mal die Räume, können ihre Hausaufgaben ordentlich erledigen und lernen andere Mitschüler außerhalb ihres eigenen Klassenverbunds kennen."

Für Aussagen, ob die Auswirkungen auf das Lehrpersonal negativ sein könnte, also möglicherweise eine Lehrkraft die Schule verlassen muss, dazu sei es zu früh, so die Schulleiterin. Fest steht jedoch: Im gebundenen Ganztag bekommt die Schule laut Guerin zwölf zusätzliche Lehrerstunden, um den Nachmittagsunterricht abzudecken. "Diese Stunden fallen jetzt weg."

An der Mittelschule gibt es bereits seit diesem Schuljahr ein offenes Ganztagsangebot

Mit dem offenen Ganztag hat Guerin Erfahrung: Seit dem aktuellen Schuljahr gibt es einen solchen der Anni-Pickert-Mittelschule. Denn auch dort gingen die Anmeldungen für den gebundenen Ganztag stark zurück. Für die siebten bis neunten Klassen wurde er im aktuellen Schuljahr abgeschafft. Laut Guerin seien die Rückmeldungen zum offenen Ganztag, der in diesem Zuge eingeführt worden ist, von Schülern sowie Eltern gleichermaßen positiv.

Bislang wurde der gebundene Ganztag im Grundschulbereich von Kinderland Plus unterstützt. Eine Weiterführung des Angebots für die zweiten bis vierten Klasse sei jedoch nicht mehr sicherzustellen, so der Träger. Denn durch den offenen Ganztag würde nun ein finanzielles Defizit entstehen. Deshalb wird die Kolpingfamilie von Herbst an auch die Trägerschaft für die verbliebenen Grundschulklassen im gebundenen Ganztag übernehmen. Die Ferienbetreuung hingegen, die 2010 ergänzend für die Ganztagsschülerinnen und -schüler eingeführt worden ist, wird auch weiterhin von Kinderland Plus betreut.

Einstimmig beschlossen die Mitglieder des Gemeinderats die vorgestellten Pläne. "Wir haben ja gar keine andere Wahl", so Bürgermeister Stark. Demnach gewährt die Gemeinde einen freiwilligen Zuschuss in Höhe von maximal 8500 Euro pro Gruppe im offenen Ganztag für eine zusätzliche pädagogische Fachkraft sowie maximal 5000 Euro für Spielmaterialien.

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