Poetry Slam zum Thema Schach:Spiel mit Suchtfaktor

Schachturnier der Stiftung Pfennigparade in München, 2012

Schach wird immer beliebter (Symbolbild).

(Foto: Catherina Hess)

Am Samstag findet erstmals ein Poetry Slam zum Thema Schach statt. Gastredner Bo Wimmer ist ein Star der Dichterszene - und sitzt auch gerne am Brett.

Interview von Anja Blum

Ein Wettbewerb, auf den man sich gedanklich sehr gut vorbereiten muss, in dem vor allem Kreativität und Selbstreflexion gefragt sind: Schach und Poetry Slam haben viel gemeinsam. Insofern ist es fast verwunderlich, dass der Dichterwettstreit zum Thema Schach, den die Schach- und Kulturstiftung G.H.S. aus Vaterstetten am Samstag, 3. Dezember, in Mietraching veranstaltet, ein Novum ist. Dennoch gelingt es Stiftungsgründer Georg Schweiger damit ein weiteres Mal, schachaffines Neuland zu betreten. Sozusagen als König, als Gastredner außerhalb des Wettbewerbs, wird Bo Wimmer aus Marburg auftreten, Star der Poetry-Szene - und großer Schach-Fan.

Herr Wimmer, halten Sie einen Slam zum Thema Schach für eine gute Sache?

Bo Wimmer: Ja, auf jeden Fall, ich liebe schließlich beides (lacht). Nein, im Ernst, man kann zu praktisch jedem Thema slammen, das ist gar kein Problem. Und Schach bietet ja unzählige Metaphern, die man in die unterschiedlichsten Zusammenhänge bringen kann, auch ohne allzu viel Ahnung zu haben.

Haben Sie schon mal einen Slamtext mit Schachmotiven geschrieben?

Nein, das ist auch für mich eine Premiere.

Und was haben Sie sich für diesen besonderen Abend vorgenommen?

Ich möchte sowohl Schachfans begeistern, als auch alle anderen. Mein Text basiert auf einer berühmten Partie, die ich aber in einen ganz anderen Zusammenhang stelle. Der Zuhörer kann also das Spiel im Kopf nachvollziehen - oder aber die Geschichte einfach so genießen.

Bo Wimmer

Der 39-jährige Bo Wimmer aus Marburg lebt vom Slammen, doch in seiner Freizeit spielt er gerne Schach.

(Foto: oh)

Das klingt ganz schön anspruchsvoll ...

Ja, so ein Text ist schon eine Herausforderung. Vor allem, weil die Partie ihm einen ziemlich engen Rahmen vorgibt. Aber ich bin fast fertig damit und schon ganz zufrieden.

Wie sind Sie zum Schach gekommen?

Über meinen älteren Bruder, der hat gespielt, nur nicht so gut (lacht). Aber als Kind lernt man schnell, und mit neun hab ich in meiner Heimat, dem Allgäu, angefangen, im Verein zu spielen. Später hab ich dann einige Jahre pausiert, aber dann in Marburg wieder angefangen - und bin drauf hängengeblieben.

Hat Schach für Sie einen großen Suchtfaktor?

Ja, ganz schlimm (lacht).

Was fasziniert Sie so an Schach?

Oh je, das sind so viele Aspekte. Grundsätzlich interessiert mich Schach, weil es Sport, Kultur und Wissenschaft in einem ist. Man kann sich stundenlang Gedanken darüber machen. Aber auch die Situation des Zweikampfs mag ich sehr, vor allem weil man dabei so viel über sich selbst lernt. Zu analysieren, welche Entscheidungen man trifft, welche Fehler man immer wieder macht, warum man gewinnt oder verliert - das ist alles total spannend. Und: Man lernt beim Schach das Verlieren. Wenn man nach fünf guten Stunden wegen eines blöden Fehlers verliert - das ist extrem ärgerlich. Ich kenne keinen anderen Sport, wo man sich so ärgern kann. Aber man sollte lernen, Niederlagen zu akzeptieren und nicht nach Ausreden zu suchen.

Was für ein Spielertyp sind Sie?

Ambitioniert, aber mittelmäßig. Regionalliga halt. Früher habe ich sehr taktisch gespielt, heute versuche ich es eher positionell. Aber viel auswendig zu lernen, war noch nie mein Ding, insofern spiele ich eher kreativ.

Schauen Sie gerne anderen Spielern zu?

Ja, unbedingt, derzeit ist ja WM. Außerdem möchte ich die Fankultur auf ein neues Niveau zu heben: Geplant ist, den ersten Hooliganverein der Schachliga zu gründen, nämlich für den SV Hockenheim, da spielt ein Freund von mir. Zwei Interessenten habe ich schon, aber die wollen lieber anonym bleiben (lacht).

Worin liegen für Sie die Gemeinsamkeiten von Schach und Slam?

Beides sind Wettkämpfe, und man muss jeweils sehr strategisch vorgehen. Welcher Zug, welcher Text passt wann? Außerdem sind beide Spielformen sehr demokratisch: Jung und Alt können gegeneinander antreten, und für alle ist die Ausgangslage die gleiche. Dazu kommt, dass für mich nicht nur beim Slam Geschichten erzählt werden, sondern auch beim Schach. Jede Partie hat einen Spannungsbogen.

Poetry Slam zur Ausstellung "Schach und Poesie" der Schach- und Kulturstiftung G.H.S, am Samstag, 3. Dezember, um 20 Uhr, Campus-Bar des B&O Hotels, Dietrich-Bonhoeffer-Straße 31 in Bad Aibling. Organisation: "Reimrausch" (Mic Mehlerund& Christoph Hebenstreit). Die Teilnehmer: Markus Berg aus Ismaning, Eva Niedermeier (bayeriche U-20-Meisterin 2015) aus Bad Aibling, CaroninA aus Isen, Roderich Hutter aus Markt Schwaben, Steven Thunder aus Nürnberg, Flo Langbein aus Bamberg sowie aus München Benedikt Hakel alias "Ernst Froh", Bert Uschner und Yannik Sellmann (bayerischer Meister 2016).

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