Betreuung für Plieninger Erstklässler:Bauchschmerzen und schlechte Nächte

Betreuung für Plieninger Erstklässler: Wohin mit den Kindern nach Schulschluss? Diese Frage stellen sich derzeit viele Eltern in der Gemeinde Pliening.

Wohin mit den Kindern nach Schulschluss? Diese Frage stellen sich derzeit viele Eltern in der Gemeinde Pliening.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

In der Gemeinde warten die Eltern von über 40 Vorschulkindern auf die Zusage für einen Platz in Hort oder Mittagsbetreuung. Der Bürgermeister verwehrt sich gegen Vorwürfe, die Gemeinde tue zu wenig.

Von Alexandra Leuthner, Pliening

"Wir suchen händeringend." Das ist derzeit in Kinderbetreuungseinrichtungen zu hören, wo immer man hinschaut. Träger und leitende Angestellte berichten davon, dass sie monatelang auf Bewerbungen warten, um Stellen nach- oder neu besetzen zu können. So auch Pamela Grund, Geschäftsführerin der EIP (Elterninitiative Pliening), die in der Gemeinde für Hort und Mittagsbetreuung zuständig ist. Im Dezember habe sie die Stelle für eine Mitarbeiterin oder einen Mitarbeiter im Hort ausgeschrieben, berichtet sie. "Ich habe bis heute nichts gehört."

Was die lange Warteliste auf einen Betreuungsplatz in Pliening wenigstens zum Teil erklärt - und damit auch die Nervosität unter den Eltern von Plieninger Erstklässlern. Nach einem Kinderfest Mitte Februar hatte sich diese Nervosität in einigen E-Mails Bahn gebrochen, die Bürgermeister Roland Frick (CSU) um die Nachtruhe gebracht haben. Die Gemeinde würde sich nicht kümmern, es gebe keinen Plan A, keinen Plan B und keinen Plan C, um die Schulneulinge von Herbst an nachmittags unterzubringen. Er werde ihm sein Kind persönlich vorbeibringen und vor der Tür absetzen, habe ein Vater sogar gedroht, berichtet der Bürgermeister, dem darauf der Kragen geplatzt war. "Das lasse ich mir nicht nachsagen, dass wir nichts tun. Man kann alles sachlich schreiben, aber persönlich angreifen, da hört der Spaß auf. Das hat mich sehr getroffen", schimpfte er in der jüngsten Sitzung des Gemeinderats, zu der auch betroffene Eltern gekommen waren.

Betreuung für Plieninger Erstklässler: Plienings Bürgermeister Roland Frick wurde von den wütenden Eltern zum Teil persönlich angegriffen. "Da hört der Spaß auf", sagt er.

Plienings Bürgermeister Roland Frick wurde von den wütenden Eltern zum Teil persönlich angegriffen. "Da hört der Spaß auf", sagt er.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Zurück aber zu Pamela Grund, die sich kurz vor den Osterferien mit dem Bürgermeister und der Rektorin der Grundschule, Katrin Dung, in einem von zwei leer stehenden Räumen des Gebäudes einfindet. Hier könnte von Herbst an zumindest ein Teil jener Kinder betreut werden.

Die Eltern von über 40 Erstklässler warten derzeit auf eine Zusage seitens der EIP für einen Betreuungsplatz im Anschluss an die gerade in der Eingangsklasse kurzen Schulzeiten. 35 davon stehen auf der Warteliste für einen Krippenplatz, 14 wollen in den Hort. Weit mehr als sonst, wobei es auch im Vorjahr schon knapp gewesen ist, wie Grund berichtet. Heuer allerdings erreiche die Schülerzahl einen Peek, so Katrin Dung, sie müsse erstmals drei große Eingangsklassen bilden, die Gesamtschülerzahl steige von etwa 260 auf 300, sie werde allerdings wieder absinken. Der Bürgermeister jedenfalls ist zuversichtlich. "Wir haben es im Vorjahr geschafft, und auch dieses Jahr kriegen wir das hin."

Bislang hat die EIP weder Zu- noch Absagen rausgeschickt. Während die Benachrichtigungen sonst nach den Osterferien versandt würden, wolle man diesmal bis Ende April warten und sehen, was sich bis dahin tue, erklärt Grund. Der Bürgermeister wirbt um Freiwillige: "Wir brauchen drei Mütter, Opas oder Omas, damit wir diese Kinder bis 14 Uhr betreuen können". Auf 520 Euro-Basis sollen die Betreuer arbeiten, 13 bis 15 Stunden in der Woche. In den beiden Räumen, auf die Schulleiterin Dung ab Herbst verzichten würde, war bereits früher die Mittagsbetreuung untergebracht. Während Corona dienten sie der Notbetreuung, einer wird jetzt als Musikzimmer genutzt. "Wir rutschen halt alle ein bisschen zusammen", sagt sie.

Davon abgesehen geht es wohl nicht ohne Flexibilität auf allen Seiten. Eine ausgeweitete Mittagsbetreuung, die eventuell auch länger offen gehalten wird, könnte Kinder aufnehmen, die eigentlich in den Hort sollen. Aufgrund der fehlenden Fachkraft könne die EIP dort im Moment nicht alle 85 Plätze besetzen, erklärt Grund, "was ist, wenn uns unter dem Jahr plötzlich noch jemand ausfällt? Wir haben ja Verträge mit den Eltern". Sie müsse dafür sorgen, dass die Personaldecke zumindest Krankheitsvertretungen zulasse.

Für den Hort gelten andere Bedingungen als für die Mittagsbetreuung

Einem Vorschlag seitens der Eltern, Hortstellen aufzuteilen, könne sie nicht nachkommen, erklärte sie. Sie könne Hortstellen nicht beliebig aufteilen, "dann geht uns die Förderung verloren". Für den Hort gelten andere Bedingungen als für die Mittagsbetreuung, die Stellenfinanzierung erfolgt nach dem BayKiBig, dem Bayerischen Kindergarten- und Bildungsgesetz. Als Erziehungs- und Bildungseinrichtung erfüllt der Hort einen pädagogischen Auftrag.

Für die auf eine Zusage wartenden Eltern ist das schwer zu schlucken. Christina Häberlein aus Landsham, die mit etlichen Leidensgenossen in die Sitzung des Gemeinderats gekommen war, sagt: "Wenn beide Eltern berufstätig sind und man hört, dass es drei erste Klassen geben soll und so viele Plätze fehlen, dann bekommt man schon erhebliche Bauchschmerzen." Ein Vater, der er es eben noch rechtzeitig zum abendlichen Sitzungsbeginn geschafft hat, erklärt: "Es ist eine extrem bedrohliche Situation, wenn man hört, dass man sein Kind um 11 Uhr abholen muss." Er könne schon verstehen, wenn "da ein wenig Hitze in die Diskussion" komme.

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