Pliening ist das teuerste Pflaster:Konkurrenz ums Geschäft

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Die Gewerbesteuer ist auch für die Kommunen im Landkreis eine wichtige Einnahmequelle. Die Hebesätze variieren dabei stark - genau wie die Einkünfte für die Gemeindekassen

Von Wieland Bögel, Ebersberg

Wer umzieht, tut dies vielleicht wegen der Nähe zur Natur, der schönen Aussicht, der Ruhe oder der Verkehrsanbindung - oder um Geld zu sparen. Dies gilt zumindest für Firmen; wer seinen Sitz in eine andere Landkreiskommune verlegt, zahlt unter Umständen danach deutlich weniger Gewerbesteuer. Denn die Hebesätze schwanken im Landkreis stark. Dabei gilt zwar grundsätzlich, je größer die Gemeinde, desto höher die Steuern, gerade in den ländlichen Kommunen ist der Hebesatz eher unter dem Landkreisdurchschnitt. Doch es gibt Ausnahmen.

Denn ausgerechnet die beiden größten Landkreisgemeinden Vaterstetten und Poing, die auch noch direkt an den Landkreis München grenzen, gehören zu den Kommunen mit dem niedrigsten Hebesatz. In Vaterstetten wurde dieser seit mehr als zehn Jahren nicht erhöht und liegt bei 320 Punkten. In Poing gab es vergangenes Jahr zwar eine Erhöhung, aber nur, um das Minimum der Gewerbesteuerumlage zu erfüllen. Mit nun 310 Punkten liegt Poing daher immer noch unter dem Satz der Nachbarn in Vaterstetten.

Ebenfalls 310 Punkte beträgt der Hebesatz in Bruck, Oberpframmern und Zorneding. Noch weniger Gewerbesteuer zahlt man nur noch in Glonn, Emmering und Moosach, hier sind es 300 Punkte - was sich aber bald ändern könnte, wegen der Anhebung der Gewerbesteuerumlage (s. Kasten). Niedrigere Sätze gibt es im Landkreis nur an einem Ort: Der sogenannten Briefkastenfirma im Forst. Dort vermietet der Landkreis einen alten Stadel als Firmensitz für Beteiligungsgesellschaften die vom konkurrenzlos günstigen Hebesatz in Höhe von 200 Punkten profitieren - weniger ist gesetzlich gar nicht zulässig.

Am anderen Ende der Skala liegen Pliening mit stolzen 380 und Ebersberg mit 360 Punkten. Die Kreisstadt ist schon länger ein teures Pflaster für Betriebe, im vergangenen Jahrzehnt stieg der Hebesatz um ganze 30 Punkte. Auch die Plieninger liegen über dem Landkreisschnitt, die bislang letzte Erhöhung gab es 2015 um ganze 50 Punkte. Auch die Anzinger und die Egmatinger haben ihre Sätze kürzlich erhöht, erstere um 25 auf nun 345 Punkte, letztere von 320 auf 350 Punkte. Die übrigen Kommunen verlangen zwischen 320 und 330 Punkte, was in etwa dem Landkreisdurchschnitt von 326 entspricht.

Interessant ist aber, dass die Höhe des Hebesatzes bei den Einnahmen aus der Gewerbesteuer nur eine untergeordnete Rolle zu spielen scheint. So erzielt Poing mit seinem vergleichsweise niedrigen Hebesatz in Summe die höchste Gewerbesteuer, 14,1 Millionen Euro werden heuer erwartet. Dies klingt logisch, machen niedrige Steuern einen Standort schließlich attraktiv, weshalb sich viele Firmen ansiedeln. Allerdings kommt auf Platz zwei gleich die Kommune mit dem zweithöchsten Hebesatz, in Ebersberg rechnet man 2017 mit acht Millionen Euro Gewerbesteuer. Zudem ist die Kreisstadt auch bevölkerungsmäßig etwas kleiner als Poing, um etwa 3000 Einwohner, so dass sich der Abstand bei einer Pro-Kopf-Berechnung noch etwas verkleinert.

Noch komplizierter wird es, wenn man die Größen der Gewerbeflächen einbezieht. So erzielen die Ebersberger ihre acht Millionen auf etwa 30 Hektar Gewerbegebiet. Die Vaterstettener kommen dagegen mit mehr als 82 Hektar nur auf 7,5 Millionen Euro. Dabei hat die Großgemeinde mit rund 3000 Gewerbesteuerzahlern sogar fast drei Mal so viele wie Ebersberg.

Manchmal spielt die Größe aber doch eine Rolle, wie der Vergleich zwischen Anzing und Aßling zeigt. Beide rechnen für 2017 mit rund 1,3 Millionen Euro Gewerbesteuer, beide haben je etwa zehn Hektar Gewerbefläche. Allerdings zahlen in Anzing nur 128 Betriebe Gewerbesteuer, wenn auch zum Satz von 345 Punkten, in Aßling sind es dagegen 522 Firmen, aber bei einem Hebesatz von 330 Punkten.

Entscheidender als Hebesätze und Gewerbeflächen ist oft die Art der angesiedelten Betriebe. So erzielt Vaterstetten mit großräumigen Gewerbeflächen und einem geringen Hebesatz das geringste Pro-Kopf-Aufkommen bei der Gewerbesteuer, 2016 waren es gerade einmal 347 Euro. Beim Nachbarn Poing ist der Hebesatz zwar ähnlich niedrig, trotzdem waren es im gleichen Jahr 877 Euro. Jenseits der Landkreisgrenze in Kirchheim, wo der Hebesatz bei stattlichen 360 Punkten liegt, erzielte man vergangenes Jahr 1156 Euro Gewerbesteuer pro Einwohner, in Summe gut 15 Millionen Euro. Was daran liegt, dass Baumärkte, Logistikzentren oder ähnliche Betriebe, zwar viel Platz einnehmen, aber im Vergleich zur Fläche wenig Steuern einbringen. Profitabel sind dagegen Firmen, die wenig Raum benötigen, etwa Büros, Technikfirmen oder Handwerksbetriebe.

© SZ vom 05.09.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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