Pliening:Heimat für Biber, Eisvogel und Zauneidechse

Auf den ehemaligen Kiesabbauflächen in Pliening hat sich ein wertvoller Lebensraum für seltene Tiere entwickelt. Bei den neuen Abbauflächen will die Unternehmerfamilie die Kommunikation mit den Anwohnern verbessern

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Seit 1968 hat das Kieswerk Ebenhöh seinen Sitz in Landsham, ein Jahrzehnt später hat Jürgen Ebenhöh, der jetzige Firmenchef, vom Vater übernommen. Dass ein Kiesunternehmer nie allein im luftleeren Raum agiert, hat er mehr als einmal erfahren. Die Widerstände der Bevölkerung im benachbarten Landsham-Moos sind groß. Zu dicht, aus Sicht der Landshamer, reichen die Abbauflächen an ihre Häuser heran. "Dabei dürften wir noch näher, aber wir wollen den Leuten ja nicht bis vor die Terrasse baggern", sagt Ebenhöh.

Pliening: Noch ein Feld steht für den Kiesabbau südlich des Abfanggrabens zur Verfügung: rechts neben dem nördlichsten See.

Noch ein Feld steht für den Kiesabbau südlich des Abfanggrabens zur Verfügung: rechts neben dem nördlichsten See.

(Foto: Bayerische Vermessungsverwaltung)

Immer wieder hat die Firma Versuche unternommen, ihre Wahrnehmung in der Öffentlichkeit zu verbessern. Diesmal hat sie Vertreter der Gemeinde, der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt, von Bund Naturschutz und Landesbund für Vogelschutz zu einem Expertengespräch eingeladen. Vor allem um die Rekultivierung des Abbaugeländes sollte es gehen, also um das, was bleibt, wenn der Kies weg ist und die Schwimmbagger stillgelegt. Und eines ist dabei klar geworden: Was den Nutzen für die Natur angeht, finden die Experten nur wenig an dem auszusetzen, was auf dem 56 Hektar großen Gelände passiert - wenn auch, wie BN-Ortsvorsitzender Franz Höcherl konstatiert, beim Thema Kiesabbau zwei Herzen in seiner Brust schlagen. Denn natürlich reißen die Bagger tiefe Wunden in die Landschaft, fahren die mit dem einprägsamen Schriftzug "Rolling Stones" versehenen Lastkraftwagen der Firma zwischen Kieswerk und Endkunden hin und her. Es laufen 1,8 Kilometer lange Förderbänder durch das Gelände, und die Schwimmbagger mit acht Kubikmeter großen Schaufeln sind in Landsham Moos zu hören. Und nicht zuletzt ist der Kies vor allem für den Neubau von Straßen und der Herstellung von Beton gedacht.

Landsham Kieswerk Ebenhöh Renaturierung

Jürgen Ebenhöh (vorne im Bild) mit Bürgermeister Roland Frick (links), Max Finster (rechts) und Mitarbeitern des Landratsamts.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Und doch sagt Max Finster, Fachreferent Naturschutz und stellvertretender Sachgebietsleiter in der Unteren Naturschutzbehörde: "Für den Naturschutz ist der Kiesabbau ein Gewinn." Besonders wenn die Zusammenarbeit zwischen Kiesunternehmer und Landratsamt so gut sei, wie mit der Firma Ebenhöh, die weitaus mehr tue, als die Bayerische Kompensationsverordnung verlange. Beim Ortstermin zwischen Sträuchern, hohen Gräsern und leuchtenden Seeflächen hat er ein großes Luftbild dabei, auf dem sich die fünf neu entstandenen Seen, helltürkis- bis dunkelgrünen Schnittmustern gleich, vom geometrisch geordneten Fleckenteppich der Felderwirtschaft rundherum abheben. Und dann zieht er auch noch einen Zettel heraus. Auf dem hat er sich all jene Tiere notiert, die in den unterschiedlich strukturierten Bereichen, vom Wasser über magere Uferzonen, Buschwerk bis hin zu einem sechs Hektar großen alten Waldgebiet eine Heimat gefunden haben, darunter viele Rote-Liste-Arten: Vom Eisvogel, der gerne im Uferbereich nistet und selbst ein Steilufer in dem See nicht verschmäht, in dem noch Bagger mit der Wiederherstellung des Ufers beschäftigt sind, über Zauneidechsen, Fledermäuse, Biber, Frösche, Haubentaucher, wilde Bienensorten, Falter und den Nachtigallgrashüpfer. "Hohe Biodiversität", lobt Finster, besser gehe es kaum.

Landsham Kieswerk Ebenhöh Renaturierung

Renaturierungsmaßnahmen schaffen Lebensraum für seltene Tiere.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Allerdings, und das betont er im Laufe der Ortsbegehung immer wieder, gebe es nicht nur die Verpflichtung gegenüber der Natur sondern auch dem Menschen. Was heißt, dass der wieder, beziehungsweise neu gewonnene Naturraum der Öffentlichkeit zugänglich sein müsse. Das hatte auch eine Landshamer Bürgerinitiative eingefordert. Nachdem die Sache bis zum Landtag gegangen war, ist das Betretungsrecht für die 25 Hektar rekultivierte Zone offiziell geklärt, auch der Landwirt, dem ein Teil der Fläche gehört, hatte sich zu fügen. "Uns", das hatten Firmenchef Ebenhöh und seine Kinder, die das Familienunternehmen völlig übernehmen sollen, immer wieder erklärt, "ist es egal, ob da einer spazieren geht." Solange der Betrieb davon nicht beeinträchtigt werde.

Neben Anwohnern, Naturschutz und Unternehmer ist da noch die Gemeinde, die zwar nicht oberste Genehmigungsbehörde ist, aber in jedem einzelnen komplizierten Genehmigungsverfahren für eine Abbaufläche gehört werden muss. Auch für sie sei es nicht immer einfach, zwischen den berechtigten Anliegen des Unternehmers und denen der Bevölkerung einen Weg zu ebnen, erklärte Bürgermeister Roland Frick (CSU) beim Ortstermin. Zuletzt war es im Wortsinn um einen Weg gegangen. Einen Feldweg nördlich der zuletzt ausgebeuteten Abbaufläche, der im Wald endete, hatte die Gemeinde der Firma überlassen, wodurch die es logistisch leichter hat, die letzte 5,9 Hektar große noch offene Fläche, südlich des Abfanggrabens auszubeuten. Dafür hat Ebenhöh einen Spazierweg in Nord-Süd-Richtung angelegt. Er läuft an einem Erdwall entlang, der die Lärmemissionen aus jenem Bereich von der Siedlung fernhalten soll.

Wenn das Gebiet im Zwickel zwischen Abfanggraben, Speicherseestraße und der Gärtnerei Mühlbauer abgebaut ist - im Augenblick liegt es noch brach -, soll nach längerem Hin und Her nun ein weiterer See entstehen. Eine unter strengen Auflagen mögliche Wiederverfüllung des Gebiets wurde nach einer Petition der Anwohner von der Gemeinde abgelehnt. Das Wiederverfüllen würde weitaus länger dauern als das Belassen der Wasserfläche, was für die Anwohner letztlich entscheidend war. Ein paar Jahre hatte das Hickhack die Unternehmerfamilie aber gekostet, die nun, sechs Jahre nach dem ersten Antrag, ihre Genehmigung hat. Damit es in Zukunft reibungsloser läuft - nördlich des Abfanggrabens hat der Regionale Planungsverband 63 Hektar als Vorrangfläche für den Kiesabbau festgeschrieben-, plädiert Seniorchef Ebenhöh nun dafür, von vornherein mit Bevölkerung und Gemeinde zu planen. Vorrangfläche heiße ja noch lange nicht Abbaugenehmigung, betont Max Bauer, Landschaftsplaner für die Firma Ebenhöh. Mehr Kommunikation, mehr Zusammenarbeit könne allen Beteiligten helfen, sagt der Seniorchef. "Wenn wir jetzt schon gemeinsam planen, könnten wir dort in 15 oder 20 Jahren hohe Bäume als Sichtschutz haben. Da kann ich als Unternehmer schon was tun."

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