Süddeutsche Zeitung

Alternative Energien:Ökostrom für die halbe Gemeinde

Lesezeit: 3 min

In Pliening soll rund um das Kieswerk Ebenhöh die größte Photovoltaikanlage im Landkreis Ebersberg entstehen. Bisher wird das 20 Hektar große Areal landwirtschaftlich genutzt. Die aktuellen Pläne könnten aber erst der Anfang sein.

Von Alexandra Leuthner, Pliening

Ein ganz großes Ding hat sich die Gemeinde Pliening da vorgenommen, gemeinsam mit der Landwirtsfamilie Kern: eine 20 Hektar große Freiflächenphotovoltaikanlage, die künftig die Hälfte des Plieninger Strombedarfs produzieren soll. Wobei die Gemeinde in erster Linie für die Planung verantwortlich ist. Doch alle stehen dahinter, der Gemeinderat hat sich einstimmig für das Projekt ausgesprochen. "Windräder wären mir zwar lieber, des geringeren Flächenverbrauchs wegen", kommentierte SPD-Gemeinderätin Eva Strauss, "aber so können wir zumindest irgendwann sagen, wir können den Strom produzieren, den wir selbst brauchen." Wenn denn alles so funktioniert, wie sich das die Beteiligten vorstellen.

Die Anlage, die eine Fläche von umgerechnet fast 30 Fußballfeldern überdecken soll, ist in Landsham-Moos geplant, an der Grenze zu Kirchheim und dem Landkreis München. Sie wird das Kieswerk Ebenhöh mit seinem Verwaltungsgebäude und den Betriebsanlagen quasi in die Mitte nehmen. Anfang das Jahres war die Anlage beantragt worden, dem Antragsteller gehört das Gebiet, das auf wiederverfüllten Aushubflächen liegt und bisher landwirtschaftlich genutzt wurde.

Nun soll ein vorhabenbezogener Bebauungsplan erstellt werden - eine Planung mit der man Industriebrachen vermeide, wie Bauamtsleiter Martin Schmidt-Roschow erklärte. "Wenn sich ein Betrieb nach 20 Jahren nicht mehr rentiert, ist der Betreiber zum Rückbau verpflichtet."

Im November waren Potenzialflächen für die Errichtung von alternativen Energiequellen vorgestellt worden

Was in Pliening im Moment natürlich erst mal kein Thema sein soll, schließlich steht hinter der Positivplanung auch die latente Hoffnung, mögliche Windräder auf dem Gemeindegebiet zu verhindern, die im Gemeinderat bereits früher auf Skepsis gestoßen waren. Im November waren im Gremium nach einer von der Gemeinde in Auftrag gegebenen Untersuchung Potenzialflächen für die Errichtung von alternativen Energiequellen vorgestellt worden, alles in allem 1400 Hektar, erläuterte Schmidt-Roschow. Realistisch seien aber vielleicht 110 Hektar, die heranzuziehen wären.

Vor allem landwirtschaftliches Gebiet wie in Landsham habe man dabei im Auge, entsprechend etwa drei bis fünf Prozent der Gemeinde. "Wenn es gut läuft und wir können die jetzigen 20 Hektar auf 40 aufstocken, dann würde das den Strombedarf von Pliening für die Zukunft abdecken." Die Suche nach Freiflächen für die Photovoltaik schließe zwar Windräder nicht aus, erläuterte Schmidt-Roschow, "aber hier können wir aktiv steuern". Wenn dagegen der Planungsverband Vorrangflächen für Windanlagen festlege, "können wir nur noch reagieren".

Mit ihrer Ausdehnung von 20 Hektar dürfte die Landshamer Solaranlage auf absehbare Zeit die größte im Landkreis sein. Die im Sommer 2020 in Betrieb genommene Anlage bei Markt Schwaben liegt mit 1,5 Hektar bisher an der Spitze, sie produziert etwa 1,5 Gigawattstunden Strom pro Jahr, deckt damit den Strombedarf von ungefähr 500 Haushalten. Im April beginnen die Arbeiten für eine ähnlich große Anlage in Oberlaufing bei Ebersberg, die vom kommunalen Stromversorger Eberwerk betrieben wird.

"Landsham könnte ein Vorzeigeprojekt werden", schwärmt der Bauamtsleiter

Landsham könnte also, "wenn Naturschutz und Ökostromerzeugung Hand in Hand gehen, ein Vorzeigeprojekt werden", schwärmt der Bauamtsleiter. Er verhehlt aber auch nicht, dass gerade die Belange des Naturschutzes einer Realisierung entgegenstehen könnten. Derzeit ist, wie Schmidt-Roschow erläuterte, die artenschutzrechtliche Prüfung für das Gelände im Gange. Wenn sie abgeschlossen ist, könne die Gemeinde in die Bebauungsplanung gehen. Er hoffe, noch vor der Sommerpause die Pläne im Bauausschuss vorstellen zu können, um sie dann im Herbst der Öffentlichkeit vorlegen zu können. Anlieger, Wasserschutzamt aber auch Naturschutzorganisationen wie der Bund Naturschutz oder der Vogelschutzbund sind dann aufgerufen, ihre Stellungnahmen abzugeben. "Ideal wäre es, bis Mitte nächsten Jahres mit der Planung durch zu sein", so Schmidt-Roschow. Ein sportliches Vorhaben, das Genehmigungsverfahren für die Anlage in Markt Schwaben hatte zweieinhalb Jahre gedauert.

Bis dahin muss auch abgeklärt werden, ob sich der Betrieb des Kieswerks und das Funktionieren der Solarpaneele nicht ins Gehege kommen, immerhin entsteht beim Transport des Aushubs von den nördlich des Werks gelegenen Flächen eine Menge Staub. Klar sei, dass das Unternehmen die älteren Rechte habe, so Schmidt-Roschow, der Betrieb dürfe nicht beeinträchtig werden. Aber da komme es wohl auch auf die Einfriedung der Anlage an und die Ausrichtung der Module. "In der Regel haben wir ja Südwestwind, da wird der Staub eh weggeblasen."

Grundsätzlich sei nichts gegen die Anlage einzuwenden, sagt die Ebenhöh-Geschäftsführerin

"Wir möchten natürlich nicht verantwortlich gemacht werden, wenn da unser Staub drauf fliegt", erklärte die Geschäftsführerin des Kieswerks Melanie Ebenhöh. Grundsätzlich sei aber aus ihrer Sicht nichts gegen die Anlage einzuwenden. "Wir sind immer für jede Art von grünem Strom, auch für Windräder, dort, wo es sinnvoll ist." So habe die Firma unlängst beschlossen, die eigenen Kiesförderbänder mit Solarmodulen auszustatten. Weil der Kies sich sehr schlecht transportieren lasse, wenn er nass werde, sollen die Bänder von oben gegen Regen geschützt werden. "Und da haben wir jetzt jemanden gefunden, der so etwas aus Photovoltaikblättern macht."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5771064
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.