Jugendfeuerwehr im Landkreis Ebersberg:Wo brennt’s denn?

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Die Jugendfeuerwehr übt regelmäßig für den Ernstfall. (Foto: Christian Endt)

Mehr als 220 Jugendliche aus dem Landkreis Ebersberg üben in Pliening für den Ernstfall. Die jungen Feuerwehrleute löschen Brände, finden Vermisste, retten Unfallopfer – und feiern ein Jubiläum.

Von Nora Schulte, Pliening

Vor dem Gerätehaus der Feuerwehr Pliening herrscht an diesem Samstagvormittag reges Treiben. Mehr als 220 Jugendliche strömen voller Erwartung auf die anstehenden Stationsübungen aus dem Feuerwehr-Gebäude. Von den Übungen gibt es acht verschiedene, welche die ausrichtende Feuerwehr Pliening vorbereitet hat. Unter anderem sollen die Jugendlichen eingeklemmte Personen im Kieswerk befreien, bei einem Waldunfall helfen, die Insassen eines abgestürzten Flugzeugs retten sowie diverse Brände löschen, wie etwa den eines landwirtschaftlichen Fahrzeugs oder einer Lagerhalle.

Nach und nach steigen die jungen Feuerwehr-Mitglieder in die zahlreichen Fahrzeuge ein, die neben dem Feuerwehrhaus bereitstehen. Koordiniert durch Funkgeräte werden die verschiedenen Lagen bekanntgegeben und die Einsatzkräfte für die Übungen eingeteilt. Die fünf Jugendlichen im Ebersberger Gerätewagen sind schon ganz ungeduldig. Wann kommen sie endlich dran? „Das Beste kommt zum Schluss“, bemerkt Franz Ertl hinter dem Steuer. Er engagiert sich bereits seit vier Jahren in der Feuerwehr Ebersberg und fährt die jungen Einsatzkräfte Lisa, Sebastian, Simon, Teresa und Matthias, alle zwischen 15 und 16 Jahren alt, zu ihrer Stationsübung.

Über 220 Jugendliche haben am Kreisjugendfeuerwehrtag teilgenommen. (Foto: Feuerwehr Pliening)

Soeben haben sie gemeinsam mit ihren 220 Mitstreitern einen Wissenstest absolviert. Diese jährliche Prüfung ist in vier verschiedene Schwierigkeitsgrade unterteilt. Je länger sich die Jugendlichen schon bei der Feuerwehr engagieren, desto mehr Fragen müssen sie beantworten. Ob das ein anspruchsvoller Test ist? „Nee“, antwortet Benedikt Seidl, Pressesprecher der Feuerwehr Ebersberg. Auch für die Jugendlichen selbst scheint die Prüfung recht einfach gewesen sein. „Es gab zwar eine PowerPoint-Präsentation zum Lernen“, berichtet die 16-jährige Lisa, „aber die habe ich nur einmal durchgelesen“. Ihre Freunde nicken zustimmend.

Dann endlich heißt es aus dem Funkgerät: „Florian Ebersberg 40 1, Brand einer Maschinenhalle“ und Ertl fährt mit Blaulicht, Sirenen und unter lautem Jubeln des jungen Nachwuchses Richtung Ottersberg zur angegebenen Einsatzstelle. „Florian“ steht hierbei für Feuerwehr und „40 1“ gibt Art und Nummer des Fahrzeugs an. In diesem Fall handelt es sich um ein Hilfeleistungslöschgruppenfahrzeug, kurz HLF. Zur selben Stationsübung fahren außerdem noch neun weitere Fahrzeuge. „Jetzt geht’s los!“, singen die fünf Jugendlichen. Die 15- und 16-Jährigen sind schon mehrere Jahre Teil der Jugendfeuerwehr Ebersberg. Was ihnen an der Feuerwehr so gefällt? Leuten zu helfen, der Zusammenhalt und die Gemeinschaft. Über den Vater, den großen Bruder oder Freunde, erzählen sie, seien sie in den Verein eingetreten.

Die Fahrzeuge rücken zum Einsatz bei Ottersberg an. (Foto: Christian Endt)

Angekommen am Einsatzort steigt zunächst nur Matthias aus. Er spielt heute den Gruppenführer, dessen Aufgabe pro Fahrzeug ein Jugendlicher innehat. Offiziell kann man sich erst nach einem fünftägigen Lehrgang und der Befugnis durch einen Kommandanten Gruppenführer nennen. Gemeinsam rennen die jungen Verantwortlichen durch den Regen zur Maschinenhalle und verschaffen sich einen Eindruck. Während dieser Lageerkundung warten die anderen vier gespannt im Auto. Sie dürfen erst „absitzen“, also aussteigen und sich aufstellen, wenn sie Anweisungen des Gruppenführers erhalten haben. Matthias kommt nach wenigen Minuten zurück: Drei Vermisste und eine verwirrte Person, heißt es, in der Halle brenne es zudem weiterhin. Nun steigen alle aus und den Jugendlichen werden in Trupps von je zwei Personen Aufgaben zugeteilt. Die Wasserversorgung muss hergestellt und der Brand gelöscht werden. Zudem sollen die besagten Personen gefunden und betreut werden.

Der Ebersberger Nachwuchs scheint beim Erfüllen seiner Aufgabe, dem Auffinden der verwirrten Person, noch etwas ungeübt zu sein. Gemeinsam irrt die Gruppe über den Hof bis die erwachsenen Ehrenamtlichen sich einklinken. Sie drücken ihnen eine Wärmebild-Kamera und Funkgeräte in die Hand und fordern die Jugendlichen auf, sich in Trupps aufzuteilen. Mit dem Funkgerät scheinen die jungen Feuerwehr-Mitglieder jedoch nicht sonderlich viel anfangen zu können. „Wer jetzt sagt, er kann nicht funken“, ruft Ertl, „kriegt von mir einen Intensivkurs.“ Bis die verwirrte Person auf dem Gelände gefunden wird, dauert es noch einige Zeit.

In Trupps von je zwei Personen gehen die jungen Einsatzkräfte ihren Aufgaben nach

Währenddessen stehen Felicitas und Seppi von der Egmatinger Feuerwehr mit einem großen Schlauch vor der Maschinenhalle und löschen den Brand. Die Wasserversorgung erfolgt durch den Anschluss an einen Hydranten sowie durch die Wasservorräte der Fahrzeuge. Nun ist der Löschangriff in vollem Gange. „Wir warten auf das Kommando ’Feuer gelöscht’ vom Einsatzleiter“, erklärt Seppi. „Erst dann hören wir auf.“ Beide sind über ihre Väter der Feuerwehr beigetreten. Wichtig ist Ihnen vor allem, dass sie im Ernstfall helfen können. „Stell dir vor, es brennt und niemand kommt“, sagt Seppi. Dieser Werbespruch habe ihn damals motiviert.

Mittlerweile konnten die drei vermissten Personen, verkörpert durch Puppen, geborgen und die verwirrte Person gefunden werden. Sie hat eine Kopfplatzwunde und wird von einem jungen Feuerwehr-Mitglied mit Sanitäter-Ausbildung medizinisch versorgt.

Der Feuerwehr-Nachwuchs birgt einen Vermissten und organisiert die Wasserversorgung. (Foto: Christian Endt)

Nach erfolgter Stationsübung treffen sich die einzelnen Feuerwehr-Vereine zur Nachbesprechung und finden sich anschließend alle zusammen. Der Zugführer, der den gesamten Einsatz koordiniert, gibt ein kurzes Feedback. Mehrere hundert Liter habe der Einsatz gekostet, informiert er. Insgesamt sei er zufrieden mit der Leistung seiner Einsatzkräfte.

Gesammelt fahren die neun Fahrzeuge zurück nach Pliening. Dort erwartet sie ein Mittagessen und ein darauffolgender Rummel auf dem Feuerwehr-Gelände, schließlich gibt es ein Jubiläum zu feiern: Der Kreisjugendfeuerwehrtag findet heuer zum 40. Mal statt. Abschließend sollen außerdem die Wissenstestabzeichen und Ehrungen verliehen werden. Zunächst müssen jedoch die Bäuche der jungen Nachwuchskräfte gefüllt werden. Auf der Rückbank beschweren sich die Jugendlichen schon über Hunger. Angekommen am Feuerwehrhaus und gut gelaunt marschieren die Jugendfeuerwehren des Ebersberger Landkreises in Dreierreihen Richtung Mittagessen.

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