Auf dem Feld vor der Plieninger Traglufthalle liegt am späten Montagnachmittag ein Haufen nasser, verkohlter Sachen: Matratzen, Kleider, Schuhe. Das alles hatte Feuer gefangen - warum, ist bislang ungeklärt, die Kriminalpolizei ermittelt. Sicher ist nur, dass das Feuer, das in einer der Wohnkabinen ausbrach, eine solche Hitze entwickelte, dass die Außenhülle der Halle beschädigt wurde. Die Luft entwich - das Dach sackte in sich zusammen.
Als die Plieninger Feuerwehr kurz nach 15.30 Uhr eintrifft, ist die Halle bereits eingestürzt. Die etwa 60 Menschen, die zum Zeitpunkt des Brands in der Unterkunft gewesen waren, haben sich schon ins Freie gerettet. Die Einsatzkräfte bringen das Feuer schnell unter Kontrolle. Fünf Personen, nämlich drei Security-Mitarbeiter und zwei Asylbewerber, werden wegen Rauchvergiftung ins Krankenhaus gebracht. Sonst hatte sich laut Polizei niemand verletzt.
Über die Höhe des Schadens seien derzeit keine Angaben möglich, schreibt das Präsidium Oberbayern Nord außerdem in seiner Pressemitteilung. Unklar ist auch, ob die Traglufthalle neben dem Plieninger Bürgerhaus überhaupt wieder repariert werden kann. "Dazu gibt es bislang widersprüchliche Angaben", sagt Konrad Weinstock vom Helferkreis am Dienstag.
Die knapp 200 Flüchtlinge, die in der Halle lebten, werden am Montagnachmittag zunächst in die Schulturnhalle nebenan gebracht, wo sie sich aufwärmen können. Aus der Traglufthalle strömt ein unangenehmer, beißender Geruch. Doch sie ist nicht ganz in sich zusammengesackt: Die Trennwände der Kabinen und anderes Gestänge halten die schlaffe Außenhülle etwa zwei Meter über dem Boden, sodass die Unterkunft aufrecht gehend betreten werden kann. In kleinen Gruppen dürfen die Bewohner daher nochmals hinein, um ihre Habseligkeiten herauszuholen. Alles, bis auf Matratzen und Kissen, erklären ihnen die Securitykräfte. Mit Koffern und eilig geschnürten Bündeln kommen die Flüchtlinge wieder heraus. Wo die Reise für sie an diesem Abend noch hingehen wird, ist bis dato unklar.
Währenddessen herrscht um die Halle herum geschäftiges Treiben: Feuerwehrler, Polizisten, Sanitäter, Securitykräfte sowie Mitarbeiter von Gemeinde und Landratsamt gehen ebenso routiniert wie engagiert ihren Aufgaben nach. Die Behördenvertreter sind vor allem darum bemüht, eine alternative Unterbringung für die obdachlos gewordenen Asylbewerber zu organisieren. Schnell im Gespräch ist dabei die Traglufthalle in Grub bei Poing, die seit ihrer Erbauung im Juni leer steht und daher als Alternative geradezu prädestiniert ist. Wenn da nicht ein kleines Problem wäre: "In Grub ist die Heizung defekt, und wir wissen nicht, ob sie heute noch repariert werden kann", erklärt Marion Wolinski von der Abteilung Soziales im Landratsamt. Doch Sorgen müsse sich niemand machen: Zur Not könne über die Regierung von Oberbayern kurzfristig eine Unterkunft in München bereitgestellt werden, einen Bustransfer habe man außerdem auch schon organisiert - egal wohin.
Doch schon wenig später gibt es grünes Licht aus Grub, so dass die Flüchtlinge letztlich dorthin gebracht werden können. Mitarbeiter des Landratsamtes hätten die Halle kurzerhand mit allem Nötigen wie Bettwäsche ausgestattet, ein Caterer habe für ein Abendessen dort gesorgt, berichtet Sprecherin Evelyn Schwaiger am Dienstag. Die Übersiedelung der Betroffenen habe allerdings "bis in die Nacht" hinein gedauert, da einige Asylbewerber erst nach und nach von der Arbeit oder anderen Unternehmungen zur Halle in Pliening gekommen seien.
25 Eritreer weigern sich, nach Grub zu fahren
Doch nicht alle Betroffenen ziehen um: Etwa 25 Eritreer weigern sich, nach Grub zu fahren. "Wir haben zwei Stunden diskutiert - vergeblich", berichtet Tobias Vorburg vom Helferkreis Markt Schwaben am Dienstag. Die Männer hätten die Nacht lieber in Pliening verbracht , im Freien, ohne Trinken oder Essen und teils nur mit einem Pullover bekleidet. Warum? "Sie haben Angst", sagt Vorburg.
Schon lange herrsche eine sehr spannungsgeladene Atmosphäre unter den Flüchtlingen, vor allem zwischen Arabern und Schwarzafrikanern, erklärt Weinstock, mehrmals kam es zu Schlägereien. Und nun der Brand und der Einsturz - "das war einfach zu viel", so Vorburg. "Sie haben das Gefühl, in einer Halle nicht mehr sicher zu sein, und hoffen auf andere Lösungen". Erst am Dienstag konnten die Helfer die Eritreer zum Einlenken bewegen - dank eines Übersetzers, großer Geduld und dem Versprechen, die Anliegen der Asylbewerber an die Öffentlichkeit zu bringen.
Dabei bedauert der Plieninger Helferkreises den Vorfall ebenfalls. "Das ist schon sehr blöd gelaufen", sagt Weinstock, denn durch den Umzug nach Poing herrsche jetzt wieder ziemlich großes Chaos. "Das fängt bei den Fahrkarten an, die nun nicht mehr gelten, und hört bei der Integration in die Gemeinde auf."