Pliening:Acker mit Aussicht

Verwaltungsgericht München in Pliening, Gelting

Wäre das Gericht nicht ohnehin in der Gegend gewesen, hätte man auf einen Ortstermin verzichtet, sagt Richterin Dürig-Friedl.

(Foto: Wieland Bögel)

Eine Münchnerin kauft in Gelting ein Stück sogenanntes Bauerwartungsland. Dass sie dabei auf einen Trick hereingefallen ist und auf dem Areal in absehbarer Zeit kein Haus stehen darf, versucht sie auf dem Rechtsweg zu ändern - ohne Erfolg

Von Wieland Bögel, Pliening

Grünland, Ackerland, Bauland, so lautet einer alten Weisheit zufolge die bayerische Fruchtfolge. Dass dieser Spruch nicht immer stimmt, hat nun das Münchner Verwaltungsgericht in Gelting festgestellt. Auf einem Feld im Norden des Ortes gibt es zwar reichlich Grün- und Ackerland, Bauland wird es dort in absehbarer Zeit aber nicht geben.

Der Hintergrund, warum sich das Gericht nun mit dem Status des Geltinger Ackers befassen musste, ist ein durchaus ernster. Im Jahr 2003 wurde das etwas außerhalb der Ortschaft an der Straße nach Finsing gelegene Grundstück in kleinere Parzellen aufgeteilt und verkauft. Aber nicht etwa als landwirtschaftliche Nutzfläche, beispielsweise für Gemüsegärtner, sondern unter der ebenso wohlklingenden wie nichtssagenden Bezeichnung "Bauerwartungsland". Obwohl es diesen Begriff im Baurecht nicht gibt und sich daraus schon gar keine baldige Umwandlung in Bauland ableiten lässt, wurden sämtliche Parzellen auf dem Acker bei Gelting rasch verkauft. Allerdings steht dort auch mehr als zehn Jahre später kein einziges Gebäude, denn rein rechtlich ist das Areal immer noch das, was es vor dem Verkauf war: Ackerland.

"Die Leute sind besch...en worden", fasste die Vorsitzende der Kammer, Richterin Cornelia Dürig-Friedl, den Sachverhalt in knappen wie treffenden Worten zusammen. Vor dem Verwaltungsgericht geklagt hatte eine der Käuferinnen, eine Frau aus München. Diese wollte sich auf dem Rechtsweg erstreiten, was ihr Gemeinde und Landratsamt seit mehr als zehn Jahren verweigern: eine Baugenehmigung für ihre Parzelle, wo derzeit noch die Kartoffeln blühen. Und das werden sie wohl auch weiterhin, daran ließ das Gericht keinen Zweifel. Wäre man nicht ohnehin in der Gegend gewesen, hätte sich die Kammer gar nicht die Mühe eines Augenscheins gemacht, so die Vorsitzende, "das ist ganz klar im Außenbereich". Das nächste bebaute Gebiet liege viel zu weit entfernt, um für den Acker einen Anspruch auf Bebauung abzuleiten, "es schließt nirgendwo an."

Die Klägerin und ihr Anwalt versuchten trotzdem, das Gericht zu überzeugen. Sie habe das Grundstück damals von einem Makler in bestem Glauben daran erworben, dort einmal ein Haus bauen zu dürfen, so die Klägerin. Das Projekt am Ortsrand habe auf sie seriös gewirkt, schließlich hätten auch einige Einheimische Teile des Feldes erworben. "Und in der Gemeinde Pliening wird so viel Bauland ausgewiesen", so die Klägerin, da schien es nur eine Frage der Zeit, bis auch ihr neues Grundstück an der Reihe sei. Außerdem hatte der Verkäufer noch ein offiziell wirkendes Schreiben mit Gemeindestempel beigelegt, das der Klägeranwalt allerdings dem Gericht nicht vorzeigen konnte.

"Das ist ein alter Trick", erklärte Albin Schenk, Leiter des Bauamtes im Landratsamt Ebersberg, ähnliche Fälle habe es im Landkreis immer wieder gegeben. Irgendein geschäftstüchtiger Makler kaufe einen Acker am Ortsrand und biete diesen dann stückweise zum Weiterverkauf an. Die ersten Parzellen würden tatsächlich an Einheimische aus dem betreffenden Ort gehen, denn denen würden die Grundstücke "spottbillig" angeboten. "Das sieht gut aus - und erhöht auch die Gier." Das große Geld mache der Verkäufer dann nämlich meist mit Schnäppchenjägern von außerhalb, die das große Geschäft witterten, sich aber nicht unbedingt mit der baurechtlichen Situation vor Ort auskennen.

Juristisch, etwa mit einer Anzeige wegen Betruges, sei den Verkäufern dabei nur in den seltensten Fällen beizukommen. Denn diese bewerben ihre Parzellen meist mit bedeutungslosen Bezeichnungen wie eben Bauerwartungsland oder auch "Grundstück mit Aussicht auf Bebauung". Was formell sogar richtig sei, so Schenk: "Wenn man sich auf sein Grundstück stellt, hat man eine schöne Aussicht auf die Bebauung auf anderen Grundstücken in der Umgebung." Auch das den Käufern präsentierte, angeblich so seriöse Schriftstück der Gemeinde gehört zur Masche der Betrüger, weiß Schenk. Denn dieses entpuppe sich bei genauerem Hinsehen fast immer als eine offizielle Auskunft auf eine belanglose Frage, die der Verkäufer bei der Verwaltung eingereicht hat und die mit dem Thema, ob dort gebaut werden dürfe, gar nichts zu tun habe. Etwa auf welcher Flurnummer das betreffende Grundstück genau liegt, dass daran eine Straße vorbeigeht, "oder dass es im Winter weiß und im Sommer grün ist".

"Sie sind auf einen uralten Trick reingefallen, Sie sind reingelegt worden", bestätigte auch Dürig-Friedl der Klägerin. Leider sei das Baurecht aber nicht dazu da, um diesen Schaden wieder gut zu machen. Denn auch mit einer Klage "wird kein Bauland draus", so die Vorsitzende. Sie bescheinigte der Klägerin außerdem eine gewisse Naivität: "Es gehören immer zwei dazu: Einer, der glaubt, ein gutes Geschäft zu machen, und einer, der das ausnutzt." Anstatt sich einfach auf die schwammigen Versprechungen des Verkäufers zu verlassen, hätte sich die Klägerin vor dem Kauf bei der Gemeinde oder einer anderen öffentlichen Stelle erkundigen können.

Was auch einige potenzielle Käufer der Acker-Parzellen getan hätten, sagte Plienings Bürgermeister Roland Frick (CSU). Man habe damals auch allen, die im Rathaus nachfragten, gesagt, dass die Grundstücke im Norden Geltings weder Bauland seien noch dass die Gemeinde in absehbarer Zeit vorhabe, dies zu ändern. Dies gelte im Übrigen immer noch, so Frick. Das Gebiet, in dem der Acker an der Finsinger Straße liegt, sei im aktuellen Flächennutzungsplan nicht zur Bebauung vorgesehen, und dies werde wohl auch in den nächsten Jahrzehnten so bleiben.

Das Gericht riet die Klage zurückzuziehen, "diese kann keinen Erfolg haben, da das Grundstück im nicht erschlossenen Außenbereich liegt", so die Vorsitzende. Nach einem kurzen Gespräch mit ihrem Anwalt folgte die Klägerin der Empfehlung des Gerichts. Dieses hatte zum Schluss noch einen kleinen Trost parat: Zwar sei das Grundstück jetzt kein Bauland und die Gemeinde sehe auch nicht die Erfordernis dafür, "das kann sich jedoch eines Tages, vermutlich, möglicherweise ändern".

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