Songs made in der Region:Soundtrack für einen Road Trip

Songs made in der Region: Die Band "Phonotom" freut sich über ihre erstes Album: René Alexander, Kerstin Mühlberger, Björn Lindberg und Domenico Skworcow (von links) haben es in einem Studio in Feldkirchen aufgenommen.

Die Band "Phonotom" freut sich über ihre erstes Album: René Alexander, Kerstin Mühlberger, Björn Lindberg und Domenico Skworcow (von links) haben es in einem Studio in Feldkirchen aufgenommen.

(Foto: Claus Schunk)

Die Poprock-Band "Phonotom" veröffentlicht trotz Pandemie ihr erstes Album. Es heißt "Uns gehört die Welt" und enthält einen Anwärter auf die Pandemie-Hymne 2021.

Von Merlin Wassermann, Ebersberg

Man nehme: eine ehemalige Cover-Sängerin aus Pliening (Kerstin Mühlberger), einen Bassisten mit italienischen Wurzeln, der jetzt in Markt Schwaben lebt (Domenico Skworcow), einen Schlagzeuger schwedischer Herkunft (Björn Lindberg) und schließlich einen Akustikgitarristen aus München (René Alexander Körner). Einmal durchmischen - und heraus kommt: Phonotom. Der Name der Band, die so gar nicht nach Rezept spielen mag, wurde von Körner nachträglich ausgedeutet als die Kombination zwischen "Phonologie" und "Phantom", "also Lauten, die nur in der Fantasie existieren". Auf dem ersten Album des Quartetts aber, das größtenteils unter widrigsten Pandemiebedingungen entstanden ist, lassen sich ganz reale Sounds hören. Es heißt "Uns gehört die Welt", bietet, grob gesagt, deutschen Pop-Rock - und ist für die Musiker selbst bereits jetzt ein großer Erfolg.

Als die Band 2016 von Kerstin Mühlberger und René Alexander Körner gegründet wurde, war nämlich noch nicht absehbar, dass man es bis zu einem gemeinsamen Album bringen würde. "Wir waren am Anfang etwas orientierungslos", gesteht Mühlberger und meint den Sound, den die Band haben sollte. Auch die Mitglieder fluktuierten mehrmals, bis sich Ende 2018 die jetzige Gruppe formierte. Ihre Temperamente und musikalischen Wurzeln seien zwar durchaus unterschiedlich, balancierten sich aber sehr gut aus, sagen die Bandmitglieder. So gelinge es "Phonotom in Eigenständigkeit zu einen - so wie das Leben eben spielt".

"Es geht bei der Musik nicht immer um Perfektion"

Der eher stoische Drummer Lindberg zum Beispiel steht in Kontrast zum lebhaften Skworcow am Bass, doch zusammen sind sie für den Rhythmus zuständig. Skworcow übernimmt darüber hinaus die Synthesizerparts. Lindberg sitzt ruhig auf einem der Hocker im Tonstudio in Feldkirchen und wählt seine Worte mit Bedacht, während Skworcow lebhaft erzählt und immer wieder mal von seinem Stuhl aufspringt - zum Beispiel, um unter den Bandmitgliedern, wie es sich für echte Rocker gehört, Bier aus einem Mini-Kühlschrank zu verteilen.

Für die schmückenden Melodien sind Körner und Mühlberger zuständig, von der Sängerin stammen auch die deutschen Texte. Die Entwicklung eines neuen Songs kann mit den Lyrics anfangen, muss aber nicht. Denn jeder der vier Musiker bringt sich bei Phonotom ein, weswegen sich die Lieder durchaus im Sound voneinander unterscheiden, mal stärker, mal weniger stark. "Deutscher Pop-Rock mit Ausflügen", nennt Domenico Skworcow das Konzept, "mit Fokus auf Rock", wie Körner ergänzt. Ihre Texte, sagt die Band, seien frei und kritisch. "Aber es geht bei der Musik ja nicht immer um Perfektion, um ein bestimmtes Genre, sondern auch um Spontanität", führt der Gitarrist aus. Und Lindberg fügt an: "Manchmal kommen ganz andere Songs raus, als wir uns das am Anfang vorgestellt hatten."

Doch das Ergebnis kann sich hören lassen. Die zwölf Songs auf dem neuen Album sind abwechslungsreich, mal fetziger, mal kontemplativer, insgesamt vielleicht ein bisschen zahm, aber immer eingängig. Wer "Pop-Rock mit Ausflügen" mag, wird hier sicher fündig. Man kann sich auch gut vorstellen, die ganze CD bei einem Road Trip von vorne bis hinten durchzuhören, vielleicht sogar mehr als ein Mal.

"Uns fehlt die Energie der Menschen"

Im Augenblick muss es dabei leider auch bleiben, aufgrund der Pandemie sind alle Konzerte erst einmal auf Eis gelegt. "Das ist total schade, uns fehlt die Energie der Menschen", bedauert Mühlberger. Und ein Konzert mit Masken und sitzendem Publikum - "das ist einfach nicht das Gleiche", sagt Lindberg. Alle vier haben neben der Musik noch "normale" Berufe, trotzdem "leiden wir unter Corona, wie alle Kulturschaffenden", so Körner. Skworcow nimmt die Sache mit Humor. Auf die Frage, welches Konzert ihr bestes gewesen sei, meint er: "das nächste."

Trotz der Pandemie gelang es den vier Musikern nun aber doch, ein erstes Album zu produzieren. Eine ganze Weile arbeitete jeder für sich, lud seine Tonspuren in eine Cloud hoch, alles lief "remote". Erst für die eigentlichen Aufnahmen kam man dann im Tonstudio des Soundengineers Norbert Leonhardts in Feldkirchen zusammen. In dem schön mit Holz gestalteten Raum sei das gemeinsame Musizieren gleich noch einmal ein ganz anderer kreativer Prozess gewesen - den man zuvor sehr vermisst habe, so die Band.

Die Reihenfolge der Songs folgt dem "Achterbahnprinzip"

Der Titel des Albums, "Uns gehört die Welt", ist sarkastisch zu verstehen, wie Mühlberger erläutert: "Wir spielen damit auf diese Alles-immer-mehr-Gesellschaft an, in der sowohl die Umwelt, als auch der Mensch zu kurz kommt." Das passt freilich gut in eine Zeit, in der ein Virus der Menschheit schmerzlich vor Augen führt, dass ihr die Welt nicht ganz so sehr gehört, wie sie es gerne hätte. Das Lied "Haben" ist vielleicht sogar ein Anwärter auf die Pandemie-Hymne, darin heißt es: "Ignoranz ist die neue Contenance". Doch nicht jeder Phonotom-Track ist ein ironischer Protestsong, die Themen sind verschieden, ebenso wie die Gefühle, die beim Hören ausgelöst werden sollen. Domenico Skworcow plant die Reihenfolge der Songs jedenfalls nach dem "Achterbahnprinzip": erst intensiv, dann etwas ruhiger. Das sorge für ein gelungenes Musikerlebnis, sowohl daheim mit Kopfhörern als auch live, berichtet die Band.

Doch auch wenn sich Phonotom weder verstecken will noch muss, merkt man, dass es diesen Künstlern weniger um Berühmtheit und kommerziellen Erfolg geht, als vielmehr um die Musik selbst und ihre menschliche Komponente. Bei der Frage nach den Zukunftsplänen wird Skworcow enthusiastisch, man wolle - "auf jeden Fall!" - Gastmusiker mit an Bord holen, dementsprechend glücklich ist er auch darüber, dass Tontechniker Leonhardt im wahrsten Sinne des Wortes bei der neuen Platte mitgemischt hat. Außerdem freuen sich alle darauf, irgendwann endlich wieder Konzerte geben zu können. Und nun erstmal "über alle, die das Album hören". Fest steht: Zumindest auf diesem Level ist Phonotom ein Erfolgsrezept.

Das Album "Uns gehört die Welt" lässt sich für 5,99 Euro als MP3-Version oder für 9,99 Euro als CD auf der Homepage der Band erwerben.

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