Süddeutsche Zeitung

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 60:Kopfweh, Schwindel und Ausschlag wegen Maske

Seit Corona muss das Klinikpersonal mit FFP2-Masken arbeiten. Ein Wundermittel soll nun gegen den chemischen Geruch helfen.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Vor einer Weile, als ich die Klinik nach dem Frühdienst verließ und durch die Türe am Haupteingang hinaus war, habe ich meine FFP2-Maske abgesetzt und in einen Mülleimer geworfen. Das mache ich nach jedem meiner Dienste so. Da sprach mich eine Frau an, die an der Besucherschlange anstand und die Szene beobachtet hatte: "Mei, jetzt haben Sie's endlich geschafft für heute." Ich war in Gedanken und so dauerte es einen Augenblick, bis ich verstand: Endlich keine Maske mehr im Gesicht, nach siebeneinhalb Stunden beinahe ununterbrochen auf den Beinen auf unserer Station. Darauf bezog sich die Frau. Sie lächelte mich an. Es war eine Aufmunterung für mich, die ich ihr mit einem Lächeln zurück dankte.

Dass wir seit Corona unsere Arbeit mit FFP2-Masken erledigen, habe ich akzeptiert, denn unter den neuen Umständen ist das notwendig zum Schutz unserer Patienten und auch zu unserem eigenen. Dennoch gibt es Tage, an denen mich die Maske mehr stört als an anderen. Dann ist dieser erste Atemzug vor der Klinik ohne etwas im Gesicht wie ein Befreiungsschlag.

Eigentlich kann ich strenge Gerüche gut wegstecken. Manchmal jedoch haben unsere frischen FFP2-Masken einen solch chemischen Geruch, dass selbst ich die Nase rümpfen muss und mit Kopfschmerzen zu kämpfen habe. Einigen meiner Kolleginnen ergeht es noch schlimmer. Da müssen die Masken erst ausgelüftet werden, weil ansonsten kein Denken daran ist, sie eine komplette Schicht zu tragen: Hautausschläge, Kopfschmerzen oder Schwindel wären die Folge.

Am schlimmsten haben es die Kollegen, die allergisch auf Masken mancher Hersteller reagieren. Sie tragen dann zwei Stück übereinander - erst eine medizinisch-sensitive, also eine besonders hautfreundliche Variante, und darüber eine FFP2-Maske. Eine schweißtreibende Prozedur. Manche der Betroffenen haben sogar schon einen Hautarzt aufgesucht und dort verschiedene Therapien versucht. Leider mit bislang bescheidenen Erfolgen.

Immerhin können wir mittlerweile etwas gegen den chemischen Geruch unternehmen, nämlich mit Maskensprays. Wahre Wundermittelchen: Das Spray versprühen wir in der Luft und durch diese Duftwolke ziehen wir dann unsere Masken hindurch - und schon riechen sie nach Zitrone, Grapefruit und Lemongrass.

Nicht alle aus unserem Team verwenden in jedem Dienst das Maskenspray. Ich zum Beispiel mache es, wenn ich es bei einem Kollegen sehe und dadurch daran erinnert werde oder mir die Chemie in der Nase wieder mal Kopfschmerzen bereitet. Denn die angenehme Note von Zitrone und Co. ist für mich nicht nur eine willkommene Abwechslung, sondern hilft mir gegen einen brummenden Kopf. Das tiefe Durchschnaufen vor der Klinik, nachdem die Maske nach Dienstschluss in den Müll gewandert ist, muss aber dennoch immer sein.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 38-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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