Süddeutsche Zeitung

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 57:Damit es nicht nur theoretisch klappt

Pola Gülberg absolviert eine Weiterbildung zur Praxisanleiterin - um Auszubildende fit für die Arbeit auf der Station machen zu können.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Seit einiger Zeit absolviere ich eine Weiterbildung zur Praxisanleiterin. Dort lerne ich, wie ich Pflege-Auszubildende im praktischen Teil ihrer Ausbildung anleite. Das darf nur Pflegepersonal, das eine solche Weiterbildung abgeschlossen hat. Examinierte Kräfte, die zum Beispiel an einem Weiterbildungskurs zur Fachpflegekraft im Intensiv- und Anästhesiebereich teilnehmen, dürfen laut Gesetz auch von erfahrenen Fachkräften angeleitet werden. Bei uns in der Klinik übernehmen diese Aufgabe in der Regel jedoch auch Praxisanleiter. Denn bei der Abschlussprüfung der Fachkursteilnehmer müssen sie dabei sein - also ist es sinnvoll, wenn sie von Beginn an mit an Bord sind.

Zehn Prozent der praktischen Ausbildung von Auszubildenden sind Anleitungen. Das ist viel. Deshalb gibt es mehrere Praxisanleiter bei uns in der Klinik: Fünf zentrale kümmern sich um die Pflege-Azubis. Jeder von ihnen ist für bestimmte Stationen und Einsatzgebiete zuständig.

Zusätzlich gibt es dezentrale Praxisanleiter auf den Stationen, die sich um Auszubildende und Teilnehmer der Fachkurse kümmern. Eine solche Rolle übernehme ich von Oktober an auf der Intensivstation - dann bin ich eine fertige Praxisanleiterin. Kollegen aus dem Fachkurs betreue ich jedoch bereits jetzt, denn das ist Bestandteil der Weiterbildung.

Anleitungstage sind oft eine Herausforderung für das gesamte Team. Denn normalerweise versorgt eine examinierte Pflegekraft pro Schicht zwei oder drei Patienten. Nun aber übernimmt der Praxisanleiter gemeinsam mit dem Weiterbildungsteilnehmer die gleiche Anzahl an Patienten.

Die angeleitete Pflegekraft sucht sich im Dienst vor dem eigentlichen Anleitungstag einen Patienten aus, der dann im Fokus der praktischen Arbeit steht. Für diesen bereitet sie eine komplette Anamnese vor: Sozialumfeld, Vorerkrankungen, Diagnosen, Essverhalten - der Patient wird von oben bis unten auseinander genommen. Nach dem Dienst geht es weiter mit der Vorbereitung: Es werden drei Pflegediagnosen ausgearbeitet sowie die dazugehörigen Ziele und Maßnahmen dafür formuliert.

Am Anleitungstag stellt die Pflegerin dem Praxisanleiter die Arbeit vom Vortag vor, ebenso wie einen Plan für den Tagesablauf. Dann versorgt die Pflegekraft den Hauptpatienten sowie einen weiteren, während der Praxisanleiter begleitet und beobachtet: Sind die Behandlungsmethoden korrekt? Ist die Hygiene gewährleistet? Wie ist das Verhalten gegenüber Patienten? Die letzte Stunde der Schicht ist für ein Reflexionsgespräch blockiert.

Trotz des zusätzlichen Aufwands bereitet es mir Freude, Kollegen anzuleiten. Denn so habe ich die Möglichkeit, die Faszination und Leidenschaft für meinen Beruf weiterzugeben.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 38-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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