SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 157:Über Zahnprothesen in Servietten

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Auch wenn es nicht mehr die eigenen Zähne sind, sollte man die Mundhygiene nicht vernachlässigen. (Foto: Hans Wiedl/dpa)

Manche Patienten von Pola Gülberg möchten ihre Zahnprothese gar nicht abnehmen, damit die Pflegerin sie auswaschen kann - andere hingegen haben ein solch hohes Hygienebewusstsein, dass der Zahnersatz schon mal aus Versehen in der Küche landet.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Als ich bei meinem Patienten nach dem Mittagessen das Tablett mit dem leeren Geschirr weggeräumt habe, blickte ich dem Mann ins Gesicht und lächelte ihn an. Doch sofort hielt ich inne. Irgendwas war anders an ihm. Sein Gesicht. Die Mundpartie. Es dauerte einen Augenblick, bis es in meinem Kopf geklickt hat. "Sagen Sie, wo haben Sie denn Ihre Zahnprothese?", fragte ich schließlich, während ich mich wieder an seinem Tablett zu schaffen machte.

Eigentlich trug mein Patient immer seine Zahnprothese. Jetzt allerdings waren seine Lippen etwas nach innen gefallen, der Haut um den Mund fehlte Stabilität. Das verriet mir, dass er die Prothese abgesetzt haben musste. "Oh, das hätte ich jetzt ganz vergessen - die habe ich rausgenommen und in die Serviette eingewickelt", sagte mein Patient und zeigte auf das Tablett in meinen Händen. "Ich wollte Sie fragen, ob sie die vielleicht bitte saubermachen könnten." Um ein Haar hätte ich also seine Zahnprothese mitsamt dem dreckigen Geschirr in unsere Klinikküche gegeben.

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Einem Patient von Pola Gülberg war über viele Wochen hinweg ein ordentlicher Rauschebart gewachsen. Ob der Mann ihn wollte, wussten die Pflegekräfte nicht - er war sediert. Doch als er wieder wach war, wurde klar, wie wichtig die Frisur im Gesicht für den Genesungsprozess sein kann.

Protokoll: Johanna Feckl

Es war nicht das erste Mal, dass ein Patient seine Zahnprothese nach dem Essen in eine Serviette eingepackt hat. Ich habe es auch schon erlebt, dass sie dann tatsächlich in der Küche gelandet ist und dort zum Glück von einem aufmerksamen Mitarbeiter entdeckt wurde, bevor sie im Restmüll landen konnte. Manchmal legen die Leute ihren Zahnersatz auch woanders hin. Dann werden sie auf eine andere Station verlegt oder dürfen heim - und schon ist die Prothese unauffindbar. Darüber freut sich niemand, denn in der Regel muss man einiges an Geld in die Hand nehmen für eine passende Prothese.

Vielleicht ist es eine Art Vorahnung, dass genau so etwas passieren könnte, die bei so manch einem Patienten dazu führt, die Prothese überhaupt nicht absetzen zu wollen. Vielleicht ist es aber auch ein mangelndes Bewusstsein dafür, wie wichtig Mundhygiene ist.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik. (Foto: Peter Hinz-Rosin)

Mindestens zweimal am Tag sollte man Zähne putzen, auch wenn es keine echten mehr sind. Und die Prothese nach einer Mahlzeit kurz herausnehmen und einmal abwaschen, um mögliche Essensreste zu entfernen. Außerdem bleibt beim Essen auch gerne mal zwischen Prothese und Zahnfleisch etwas hängen. Entfernt man das nicht, ist das eine perfekte Brutstätte für Keime und Bakterien, und führt auch schnell zu Mundgeruch. Da es auf unseren Intensivzimmern keine eigenen Badezimmer mit fließendem Wasser gibt, biete ich meinen Patienten immer an, das für sie zu erledigen.

Ist die Prothese allerdings für längere Zeit nicht eingesetzt, kann das zu Problemen führen. Das erleben wir immer mal wieder bei Patienten, die über mehrere Tage oder Wochen hinweg intubiert waren. Denn bei einer Intubation muss eine Prothese entfernt werden, um sicherzugehen, dass sie durch den Tubus nicht in den Rachen gelangt. Ohne Prothese kommt es jedoch zu Zahnfleischschwund - und am Ende sitzt die Prothese dann nicht mehr richtig. Aber in Fällen einer Intubation ist das dennoch das kleinere Übel.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 40-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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