SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 107:Verborgene Skills

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 107: Gut möglich, dass man vor der Ebersberger Intensivstation wie hier einen oder gleich ein paar mehr verlassene Arztkittel an der Garderobenleiste hängen sieht.

Gut möglich, dass man vor der Ebersberger Intensivstation wie hier einen oder gleich ein paar mehr verlassene Arztkittel an der Garderobenleiste hängen sieht.

(Foto: imago stock&people)

Wer Patienten auf der Intensivstation versorgt, der kennt sich nicht nur mit Pflege und Medizin aus, sondern kann sich auch schnell umziehen. Was es damit auf sich hat, erklärt Pola Gülberg in einer neuen Folge der Pflegekolumne.

Protokoll: Johanna Feckl, Ebersberg

Es gibt etwas, das meinen Beruf als Pflegekraft auf der Intensivstation mit dem eines Metzgers vergleichbar macht. Natürlich nicht, dass beide Metiers gleich blutig wären - das wäre auch ganz schön makaber und schlicht falsch. Aber in beiden Bereichen werden ähnliche Schürzen getragen. Beim Metzger soll sie die Kleidung darunter sauber halten, bei uns hat es andere Gründe.

Bei jedem Kontakt mit einem Patienten schlüpfe ich in eine Schürze. Sie bedeckt meinen Kasack darunter auf der vorderen Körperhälfte, am Rücken ist sie offen. Der Stoff ist dünn und wasserabweisend - es kann also durchaus warm darin werden, wenn ich am Patienten arbeite. Aber die freien Arme und Rücken sorgen für Abkühlung, außerdem bin ich es ja gewohnt - mir fällt das gar nicht mehr richtig auf.

Es sind Einmalschürzen, das bedeutet, dass wir sie nur ein einziges Mal bei einem einzigen Patienten tragen. Wenn ich beispielsweise mit dem Waschen des einen Patienten fertig bin, dann ziehe ich die Schürze aus, werfe sie in den Müll und ziehe eine neue an, bevor ich zu meinem anderen Patienten trete, um mich um ihn zu kümmern. So kommen jede Menge Schürzen zusammen: Bei zwei zugeteilten Patienten und drei regulären Rundgängen macht das mindestens sechs Schürzen pro Pflegekraft - bei insgesamt 14 Intensivpatienten auf der Station sind das pro Tag 126 Schürzen. Ganz schön viel Müll, aber hier schlägt nunmal der Sicherheits- und Hygieneaspekt den Umweltschutz.

Denn die Schürze ist wichtig für unsere Arbeit. Zum einen soll sie meinen Patienten davor schützen, dass ich Keime an ihn herantragen kann. Zum anderen schützt sie aber auch mich davor, Keime des Patienten aufzunehmen.

SZ-Pflegekolumne: Auf Station, Folge 107: Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik.

Intensivfachpflegerin Pola Gülberg von der Ebersberger Kreisklinik.

(Foto: Peter Hinz-Rosin)

Nicht nur für medizinisches oder Pflegepersonal gilt diese Hygienevorschrift. So müssen die Kollegen vom Controlling, die täglich zu uns kommen, sogar einen Einmalkittel anziehen, wenn sie unsere Station betreten. Denn sie holen sich aus jedem Patientenzimmer die notwendigen Dokumente und tragen dann die entsprechenden Abrechnungscodes in das Computersystem ein.

Auch Ärzte aus dem Haus, die unsere Station betreten, müssen ihre weißen Kittel ausziehen - entweder sie tragen dann nur den Kasack darunter oder sie schlüpfen in einen neuen Kittel. Einen solchen müssen sie dann aber auch wieder ausziehen beim Verlassen der Station.

Das gleiche gilt auch für uns, die ausschließlich im Intensivbereich sind: Wenn wir die Station verlassen, um zum Beispiel mittags in die Kantine zu gehen, dann wird ein Kittel über den Kasack angezogen - der dann vor Betreten der Intensivstation wieder ausgezogen wird. Kurz gesagt: Wer mit Intensivpatienten zu tun hat, wird früher oder später Schnelligkeitsmeister im Umziehen.

Pola Gülberg ist Intensivfachpflegerin. In dieser Kolumne erzählt die 39-Jährige jede Woche von ihrer Arbeit an der Kreisklinik in Ebersberg. Die gesammelten Texte sind unter sueddeutsche.de/thema/Auf Station zu finden.

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